Leitsatz

1. Ein Büroarbeitsplatz in der Schalterhalle einer Bank ist auch dann ein "anderer Arbeitsplatz" i.S.d. Abzugsbeschränkung, wenn sich der Steuerpflichtige dort durch die konkreten Arbeitsbedingungen (z.B. Reinigungsarbeiten und Kundenverkehr) in seiner Konzentration gestört fühlt.

2. Muss ein Bankangestellter in einem nicht unerheblichen Umfang Bürotätigkeiten auch außerhalb der üblichen Bürozeiten verrichten und steht ihm hierfür sein regulärer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung, können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich (bis zu einer Höhe von 2.400 DM – jetzt: 1.250 EUR) als Werbungskosten zu berücksichtigen sein.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG , § 9 Abs. 5 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Leiter der Auslands- und Wertpapierabteilung bei der Sparkasse. Sein Arbeitplatz befand sich im Streitjahr 1996 in der Schalterhalle. In seiner ESt-Erklärung machte er Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 5.170 DM als Werbungskosten geltend. Ausweislich einer Bescheinigung seines Arbeitgebers hatte der Kläger im Streitjahr 400 von 550 Überstunden zu Hause geleistet. Zudem war er für den betriebsinternen Unterricht der Auszubildenden zuständig. Für die zusätzlichen Arbeiten wurde er extra entlohnt.

Das FA lehnte es ab, die geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zu berücksichtigen. Die Klage wurde abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.

 

Entscheidung

Der BFH legte dar, dass die Vorentscheidung nicht den o.a. Grundsätzen entspreche. Es sei zu klären, welche Tätigkeiten (Überstunden, Unterrichtsvorbereitung hinsichtlich der Dozententätigkeit) im häuslichen Arbeitszimmer tatsächlich erbracht worden seien. Ebenso sei zu untersuchen, in welchem Umfang der Kläger auf sein häusliches Arbeitszimmer angewiesen sei bzw. zu welchen Zeiten er den Arbeitsplatz in der Bank habe tatsächlich nutzen können.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung ergänzt die Entscheidung vom selben Tag, VI R 17/01, BFH-PR 2003, 447. Das Urteil präzisiert (nochmals), dass Störfaktoren im Umfeld des Arbeitsplatzes (Anlaufen der Klimaanlage, tägliche Reinigungsarbeiten, störender Kundenverkehr) sowie persönliche Vorlieben und Befindlichkeiten bei der Frage, ob ein "anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht", unerheblich sind.

2. Hinsichtlich geleisteter Überstunden unterscheidet der BFH, ob Überstunden aufgrund persönlicher Umstände des Steuerpflichtigen geleistet werden. Leistet ein Steuerpflichtiger z.B. nach Büroschluss oder am Wochenende Überstunden, die er auch am Arbeitsplatz hätte erbringen können, so kann hieraus nicht gefolgert werden, er sei auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen bzw. das häusliche Arbeitszimmer sei (objektiv) erforderlich. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger aus persönlichen Gründen seine Arbeiten an seinem Büroarbeitsplatz nicht erledigen kann (oder will).

Anders kann dies aber sein, wenn die im häuslichen Arbeitszimmer geleisteten Überstunden auf Umstände beruhen, die im Arbeitsverhältnis selbst angelegt sind (z.B. Überstunden aufgrund zusätzlicher Aufgabenbereiche bzw. Sonderaufgaben). Steht in einem solchen Fall der Büroarbeitsplatz (z.B. aufgrund der Öffnungszeiten) tatsächlich nicht in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung, so kann ein Steuerpflichtiger auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen sein.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 7.8.2003, VI R 162/00

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