FinMin Schleswig-Holstein, 16.4.2014, VI 358 - S 7170 - 178

Gem. § 119b Abs. 1 Satz 1 SGB V können stationäre Pflegeeinrichtungen einzeln oder gemeinsam bei entsprechendem Bedarf Kooperationsverträge mit dafür geeigneten vertragsärztlichen Leistungserbringern schließen.

In einem Einzelfall hat ein niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin mit Pflegeheimen Verträge über die medizinische Versorgung von Heimbewohnern abgeschlossen. Ziel der Verträge ist es, sowohl das Hin- und Herpendeln der Bewohner zwischen Krankenhaus und Heim zu vermeiden als auch die Krankheitskosten zu senken. Die Leistungen des Arztes umfassen

  • regelmäßige Visiten einschl. ggf. notwendiger Sofortbehandlungen („Bedside”-Diagnostik),
  • Rufbereitschaft in der Nacht und außerhalb der üblichen Dienstzeiten,
  • Koordinierung des ärztlichen Therapieplans unter Einbeziehung mitbehandelnder Fachärzte und unter Integration des Heimpersonals,
  • Koordinierung der Handlungskompetenzen der pflegerischen, therapeutischen, diagnostizierenden und beratenden Berufsgruppen,
  • Mitwirken an der Entwicklung, Ausführung, Überprüfung und Fortentwicklung der Heimkonzepte,
  • fachliche Beratung des Heimpersonals sowie
  • Konzipierung und Durchführung von internen Heim-Fortbildungsangeboten.

Für diese Leistungen erhält der Arzt von den Pflegeheimen einen festen Monatsbetrag. Seine ärztlichen Heilbehandlungsleistungen – die unstreitig unter § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG fallen – rechnet er mit den Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. direkt mit den Patienten ab (kassenärztliche oder privatärztliche Liquidation).

Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind die monatlichen Zahlungen der Pflegeheime aufgrund der Kooperationsverträge nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei.

Die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung umfasst entsprechend den allgemeinen verbindlichen vertrags(zahn)ärztlichen Grundsätzen nach § 73 SGB V neben der (zahn)ärztlichen Behandlung auch die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie die Krankenhausbehandlung. Zur ärztlichen Betreuung der Patienten gehört auch die Dienstbereitschaft in sprechstundenfreien Zeiten, die Hausbesuchstätigkeit bei pflegebedürftigen, gebrechlichen oder bettlägerigen Patienten sowie die Notfallversorgung, einschließlich der Einbindung in den organisierten Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen. Darüber hinaus sind auch Beratungen zu präventiven oder rehabilitativen Maßnahmen, einschließlich des Aufzeigens von Strategien zur Krankheitsbewältigung ggf. auch gegenüber einem Pflegeheim, Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung.

Unabhängig davon, ob diese Leistungen in der Arztpraxis oder in einem Pflegeheim aufgrund eines Kooperationsvertrags nach § 119b SGB V erbracht werden, rechnen die Leistungserbringer ihre vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen ab.

So sind im oben beschriebenen Fall mit der Abrechnung der ärztlichen Heilbehandlungsleistungen auch die Hausbesuchstätigkeit – hierzu zählt im vorliegenden Fall auch die „Visite” im Heim -, die Rufbereitschaft und die Sofortbehandlungen abgegolten. Die zusätzlichen, darüber hinausgehenden Zahlungen der Pflegeheime an den Arzt aufgrund außerhalb des sozialrechtlichen Rahmens geschlossener Kooperationsverträge dienen lediglich der Bindung des Arztes an die Pflegeheime und stellen für sich genommen keine gesonderte mit der Heilbehandlung verbundene Leistung dar. Die Verpflichtung zur Kooperation mit den Pflegeheimen ist zwar Voraussetzung für eine ggf. erforderliche Heilbehandlung, dient aber selbst nicht der Behandlung einer Krankheit oder Gesundheitsstörung und ist daher nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei.

Im Hinblick auf die umsatzsteuerliche Beurteilung der übrigen medizinisch-organisatorischen Unterstützungsleistungen kann nichts anderes gelten. Solche Leistungen eines Arztes für ein Pflegeheim sind nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b oder c MwStSystRL steuerfrei, da bei diesen Tätigkeiten kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Urteilsgrundsätzen des BFH-Urteils vom 18.8.2011, V R 27/10, BFH/NV 2011 S. 2214. Denn die vorliegenden organisatorischen Unterstützungsleistungen stehen anders als die für die Urteilsbegründung relevanten infektionshygienischen Leistungen nicht im unmittelbaren Bezug zu einer Heilbehandlungsleistung eines Arztes oder eines Krankenhauses, sondern zu den vom Pflegeheim erbrachten Pflegeleistungen und dienen (lediglich) dazu, die vom Pflegeheim erbrachten Leistungen zu optimieren.

Somit sind sowohl die Verpflichtungsleistungen des Arztes zur Kooperation mit den Pflegeheimen als auch die Erbringung weiterer organisatorischer Unterstützungsleistungen durch den Arzt wie die Koordinierung des Heimpersonals, fachliche Beratung sowie Fortbildung des Heimpersonals und Mitwirkung bei der Erstellung der Heimkonzepte aufgrund eines Kooperationsvertrags zur Bindung des Arztes an das jeweilige Pf...

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