Leitsatz

Spenden an eine Empfängerkörperschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU (hier Verein mit Sitz in Italien) können steuerlich abgezogen werden, wenn die begünstigte Einrichtung die Voraussetzungen der nationalen Rechtsvorschriften für die Gewährung von Steuervergünstigungen erfüllt. Der Spendenabzug setzt also u.a. voraus, dass die Anforderungen an die satzungsmäßige Vermögensbindung (§ 61 AO) gewahrt werden (Anschluss an Senatsurteil vom 20.12.2006, I R 94/02, BStBl II 2010, 331, BFH/NV 2007, 805, BFH/PR 2007, 186; BFH, Urteil vom 27.5.2009, X R 46/05, BFH/NV 2009, 1633, BFH/PR 2009, 366).

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c KStG 2002, § 61, § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO; Art. 58 EG, Art. 63 AEUV

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, leistete im Streitjahr (2004) eine Spende i.H.v. 10.000 EUR an eine im Register für juristische Personen der Stadt Rom eingetragene Vereinigung. Mitglieder des 2004 gegründeten Vereins können natürliche Personen und Körperschaften sein. Der Verein ist selbst Mitglied der russisch-orthodoxen Kirche. Sein Zweck besteht nach seiner Satzung in der Errichtung eines Kirchengebäudes in Rom sowie in der Unterrichtung und Lehre der russisch-orthodoxen Religion und der Förderung der russischen Kultur. Die Mitgliederversammlung hat im Zeitpunkt der Auflösung des Vereins über die Bestimmung des eventuell verbleibenden Einnahmerests des Vermögens zu beschließen. Dieser "erfolgt zugunsten einer anderen nicht wirtschaftlichen Organisation, wobei solchen der Vorrang einzuräumen ist, die mit dem Patriarchat Moskau in Verbindung stehen oder die zu der russisch-orthodoxen Religion gehören, vorbehaltlich anderweitiger gesetzlich bedingter Verwendungsvorschriften".

Alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin war im Streitjahr G. Er ist weder Mitglied der russisch-orthodoxen Kirche noch bestanden zwischen ihm und dem Verein persönliche Beziehungen. Mit der der Klägerin im Jahr 2005 erteilten Spendenbescheinigung bestätigte der Verein, dass die erhaltene Zuwendung bei der Errichtung einer russisch-orthodoxen Kathedrale in Rom verwendet werde.

Das FA verneinte den Spendenabzug gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 2002 a.F. mangels Vorlage einer Spendenbescheinigung. Der dagegen erhobenen Klage hat das FG stattgegeben (FG Bremen, Urteil vom 8.6.2011, 1 K 63/10 [6], Haufe-Index 2889313, DStRE 2012, 1321).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des FA hingegen statt und wies die Klage ab. Da die Anforderungen nicht erfüllt seien, die § 61 AO an die satzungsmäßige Vermögensbindung stelle, fehle es bei dem italienischen Verein an einem relevanten Gemeinnützigkeitsmerkmal und könne die Spende nicht abgezogen werden.

 

Hinweis

1.In der RechtssachePerschehat der EuGH (durch Urteil vom 27.1.2009, C-318/07, BFH/NV 2009, 522, BFH/PR 2009, 125) entschieden, dass der Steuerabzug für Spenden nicht auf inländische gemeinnützige Einrichtungen beschränkt werden darf. Die EU-Kapitalverkehrsfreiheit gebietet vielmehr, auch Spenden an ausländische Empfänger einzubeziehen. Allerdings:

a) Der Spendenabzug erfordert, dass die begünstigte Einrichtung die entsprechenden Voraussetzungen des nationalen Gemeinnützigkeitsrechts erfüllt. Ein möglicherweise geringeres, in jedem Fall aber anderes steuerliches "Begünstigungsniveau" im anderen EU-Mitgliedstaat wird also nicht in das Inland "importiert".
b) In Einklang damit können die Behörden alle jene Belege vom Spender als Nachweis verlangen, die sie als notwendig erachten, um zu prüfen, ob die Erfordernisse der einschlägigen nationalen Vorschriften erfüllt sind. Bei Nichtvorlage solcher Belege oder eines nicht ausreichenden Nachweises kann der Steuerabzug verweigert werden.

2. Auf dieser – vom EuGH geklärten – Basis hat der BFH den Spendenabzug abgelehnt, wenn der ausländische Empfänger die Anforderungen nicht erfüllt, die § 61 AO an die satzungsmäßige Vermögensbindung stellt.

3. Der BFH weist in seiner Entscheidung explizit auf die neue Verfahrensvorschrift des § 60a AO hin. Danach unterfallen die satzungsmäßigen Voraussetzungen im konkreten Einzelfall nunmehr einem besonderen, abgestuften Feststellungsverfahren gegenüber der betreffenden Körperschaft, um deren Anerkennung als gemeinnützig es geht. Dieses Verfahren muss jedoch entweder von der Körperschaft beantragt werden oder es wird – dann von Amts wegen – im Zuge ihrer Steuerveranlagung durchgeführt. Andernfalls werden die Satzungserfordernisse nach wie vor im Steuerbescheid gegenüber dem Spender ermittelt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.9.2013 – I R 16/12

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge