Leitsatz

1. Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO, die bis zum 31.12.1998 beim Steuerpflichtigen abgeflossen waren, waren nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. auch dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn sie später aufgrund eines erfolgreichen Antrags auf Aufhebung der Vollziehung des Zinsbescheids vorläufig erstattet wurden.

2. Wird der Zinsbescheid später aufgehoben oder werden die Zinsen niedriger festgesetzt, so ist der Sonderausgabenabzug im Umfang der Änderung zu mindern.

 

Normenkette

§ 233a AO , § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F.

 

Sachverhalt

Das FA setzte mit den Einkommensteueränderungsbescheiden 1990 bis 1995 insgesamt Nachzahlungszinsen i.H.v. 149554 DM fest, die der Kläger am 31.12.1998 bezahlte.

Im Januar 1999 legte der Kläger gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Gleichzeitig beantragte er unter teilweiser Anerkennung von Nachzahlungszinsen die Verrechnung der darüber hinaus bezahlten Zinsen auf unstreitige Steuern. Das FA hob die Vollziehung der Zinsbescheide zur Einkommensteuer 1990 bis 1995 i.H.v. 131931 DM auf und entsprach dem Antrag auf Verrechnung.

Bei der Einkommensteuerveranlagung für 1998 machte der Kläger Nachzahlungszinsen i.H.v. 149554 DM als Sonderausgaben geltend; das FA ließ jedoch Sonderausgaben nur in Höhe des unstreitigen Zinsbetrags zum Abzug zu. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt.

Die gezahlten Zinsen seien im Jahr 1998, in dem ein Sonderausgabenabzug (noch) möglich sei, abziehbar. Die (teilweise) Erstattung im Jahr 1999 stehe dem nicht entgegen, weil sie wegen der vorläufigen Natur des Aussetzungsverfahrens noch nicht endgültig sei. So lange nicht feststehe, ob der Kläger durch die Zinsfestsetzung endgültig wirtschaftlich belastet bleibe, seien die Zinsen als Sonderausgaben im Jahr des Abflusses abziehbar.

 

Hinweis

1. Nachzahlungszinsen durften bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1998 als Sonderausgaben abgezogen werden. Die dafür maßgebende Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 1999 ersatzlos gestrichen worden. Für den Zeitpunkt des Abzugs der Zinsen gilt dasAbflussprinzip des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG, d.h. sie sind in dem Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie gezahlt worden sind.

Voraussetzung für den Abzug der Zinsen ist allerdings, wie der BFH in ständiger Rechtsprechung zum Abzug von "Aufwendungen" als Sonderausgaben entschieden hat, dass der Steuerpflichtige tatsächlich undendgültig wirtschaftlich belastet ist. Daran fehlt es, wenn und soweit sich bereits im Zahlungszeitpunkt absehen lässt, dass die bezahlten Beträge endgültig zurückzuerstatten sind. Steht aber im Fall einerRückerstattung noch nicht fest, ob der Steuerpflichtige durch die Zinsfestsetzung endgültig belastet bleibt, sind die Zinsen im Jahr des Abflusses abziehbar.

2. Im Streitfall war bei Zahlung der Zinsen deren Rückzahlung noch nicht absehbar. Mit der Aufhebung der Vollziehung (AdV) und der Umbuchung der als Nachzahlungszinsen gezahlten Beträge auf unstreitige Steuern hat das FA die Zinsen dann im darauf folgenden Jahr 1999zwarwiederzurückerstattet. Wegen dervorläufigenNatur des AdV-Verfahrens stand bei dieser Rückerstattung aber noch nicht fest, ob und ggf. in welcher Höhe der Kläger mit den Nachzahlungszinsenendgültig wirtschaftlich belastet bleibt. Deshalb sind die Zinsen im Jahr des Abflusses – also 1998 – als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Erst wenn in einem späteren Hauptsacheverfahren endgültig über die Höhe der zu zahlenden Nachzahlungszinsen entschieden wird, kann ggf. der Sonderausgabenabzug über § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO korrigiertwerden. Bleibt es bei den bisherigen Zinsen, bleibt auch der Sonderausgabenabzug unverändert.

3. Wäre der BFH hier der Auffassung des FG gefolgt (hätte also wegen der Erstattung im AdV-Verfahren den Sonderausgabenabzug in 1998 versagt), würde der Kläger – selbst wenn es bei der bisherigen Zinsfestsetzung bliebe – den Sonderausgabenabzug verlieren. Die Zinsen würden dann erst zu einem Zeitpunkt (endgültig) bezahlt, in dem wegen der Gesetzesänderung ein Sonderausgabenabzug nicht mehr zulässig ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.4.2002, XI R 40/01

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