Leitsatz

Überträgt ein Steuerpflichtiger unentgeltlich im Wege vorweggenommener Erbfolge GmbH-Anteile an seine Kinder unter Vorbehalt des Nießbrauchs an den übertragenen Anteilen, so führt die nachfolgende Ablösung des Nießbrauchs gegen eine Einmalzahlung nicht dazu, dass - im Zeitpunkt der Ablösung oder mit steuerlicher Rückwirkung - der Veräußerungstatbestand des § 17 EStG erfüllt ist.

 

Sachverhalt

Der Kläger übertrug im Streitjahr seine im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung an einer GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Vorbehalt des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs. Zwei Jahre später verzichtete der Kläger gegen Einmalzahlung auf sein Recht, um die Weiterveräußerung der Anteile zu ermöglichen. Das beklagte FA änderte den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr aufgrund eines Ereignisses mit steuerlicher Rückwirkung und erfasste erstmals einen Veräußerungsgewinn aus der Übertragung der Anteile (§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 17 Abs. 1 EStG). Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Klage war hingegen begründet. Die im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs erfolgte Übertragung der GmbH-Geschäftsanteile sei eine unentgeltliche Vermögensübertragung und keine Veräußerung der wesentlichen Beteiligung gewesen. Der zwei Jahre später erfolgte Verzicht auf das Nutzungsrecht gegen Einmalzahlung führe nicht zu einem Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung und löse nicht die Rechtsfolge aus, dass die anfänglich unentgeltliche Übertragung der Anteile im Streitjahr nunmehr eine entgeltliche und ein nachträglicher Veräußerungsgewinn zu besteuern sei. Das vorbehaltene Nutzungsrecht sei ein eigenständiges Wirtschaftsgut und könne in der Form des entgeltlichen Verzichts Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts sein. Anhaltspunkte für einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten lagen nach Ansicht des Niedersächsischen FG im zu entscheidenden Rechtsstreit nicht vor. Auch wenn durch die Ablösung des Nutzungsrechts gegen Einmalzahlung die zunächst unentgeltliche Anteilsübertragung zu einer entgeltlichen Veräußerung würde, wäre der Veräußerungstatbestand nicht schon im Streitjahr, sondern erst im Verzichtsjahr erfüllt. Die Ablösung des Nutzungsrechts könne allenfalls zur Vollendung eines Besteuerungstatbestands im Verzichtsjahr, nicht hingegen im Übertragungsjahr führen.

 

Hinweis

Das Urteil des Niedersächsischen FG ist rechtskräftig, obwohl das Gericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns im Verzichtsjahr scheitert, weil der Nießbrauch nicht vom Steuertatbestand des § 17 Abs. 1 EStG erfasst wird. Anteile an einer GmbH und ein Nießbrauchsrecht an solchen Anteilen sind hinsichtlich der steuerlichen Folgen im Veräußerungsfall, solange kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt, zu trennen.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 04.12.2003, 10 K 294/00

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