Kommentar

Stirbt der Inhaber eines freiberuflichen Ingenieurbüros, so führt dies nach der neueren Rechtsprechung weder zu einer Betriebsaufgabe noch zu einem Übergang des Betriebsvermögens in das Privatvermögen der Erben. Führen die teils berufsfremden Erben den Betrieb fort , erzielen sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb .

Verpachten sie die nunmehr gewerbliche Praxis, brauchen die im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven nicht aufgedeckt zu werden, wenn entweder der Betrieb im ganzen oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet werden und der Steuerpflichtige dem Finanzamt gegenüber nicht ausdrücklich die Aufgabe des Betriebs erklärt.

Dagegen führt die Veräußerung wesentlicher Teile des Betriebsvermögens auch ohne ausdrückliche Erklärung zur Betriebsaufgabe mit der Folge, daß dann nur noch die einzelnen zum Privatvermögen gehörenden Gegenstände verpachtet sind.

Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für eine Personengesellschaft bzw. Erbengemeinschaft mit der Maßgabe, daß das Wahlrecht einheitlich ausgeübt werden muß.

Die Verpachtung des Betriebs ohne ausdrückliche Aufgabeerklärung rechtfertigt auch dann nicht die Annahme einer Betriebsaufgabe , wenn Pächter eine von einem freiberuflichen Miterben beherrschte GmbH ist und die Miterben die Überlassung des Praxiswertes an diesen vereinbaren.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.12.1993, VIII R 13/93

Hinweise:

Mit diesem Urteilt hat der BFH die Vorentscheidung des FG Rheinland-Pfalz v. 3. 4. 1992 (EFG 1992 S. 599) im Ergebnis voll und in der Begründung weitgehend bestätigt.

Bei Fortführung einer Freiberuflerpraxis durch einen oder mehrere Erben werden – nicht der Gewerbesteuer unterliegende – Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nur dann erzielt, wenn der Alleinerbe oder die Miterben auch über die freiberufliche Qualifikation verfügen. Das gilt selbst für die Witwe des Freiberuflers, die – ohne diese Qualifikation – die ererbte Praxis mit einem Berufsangehörigen fortführt.

Eine Ausnahme hiervon gilt für den Erben eines verstorbenen Kunstmalers, der nur noch die zum Nachlaß gehörenden Bilder verkauft, weil es sich dann um nachträgliche Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit handelt ( BFH, Urteil v. 29. 4. 1993, IV R 16/92, BStBl II S. 716 ).

Wird eine ererbte Zahnarztpraxis durch den Zahnmedizin studierenden Sohn des Erblassers vorübergehend verpachtet , liegt schon nach dem BFH-Urteil v. 12. 3. 1992, IV R 29/91 (BStBl 1993 II S. 36) keine Betriebsaufgabe vor; welcher Einkunftsart die Pachterträge zugerechnet wurden, ergibt sich allerdings aus dem Urteil nicht.

Die Verneinung einer Betriebsaufgabe bei einer Verpachtung ist für die Erben vor allem deshalb wichtig, weil damit die Versteuerung der in dem Betrieb steckenden stillen Reserven hinausgeschoben ist.

Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der BFH wohl nicht von der ständigen Verwaltungsauffassung ab, wonach in der Verpachtung eines freiberuflichen Betriebs „in der Regel” eine Betriebsaufgabe liegen soll (vgl. H 147 „Verpachtung” EStH 1993 ). Denn diese Verwaltungsanweisung dürfte nur den Fall betreffen, daß der Erbe Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – nicht wie hier aus Gewerbebetrieb – erzielt. Im BFH-Urteil v. 12. 3. 1992, IV R 29/91, BStBl II 1993 S.36 hat der BFH ausdrücklich offengelassen, ob er der Verwaltungsansicht für den Regelfall folgen könne.

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