OFD Frankfurt, 27.2.2012, S 2303 A - 23 - St 56

 

1. Antrag zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 3 EStG)

Auf Antrag können gem. § 1 Abs. 3 EStG natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielen. Voraussetzung ist, das ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen. Dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.

Bei der Prüfung dieser Einkunftsgrenzen sind die nicht der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte eines Steuerpflichtigen grundsätzlich nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. Zu weiteren Einzelheiten siehe ESt-Kartei Karte 14 und Karte 15.

 

2. Zusammenveranlagung nach § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG

Ab dem Veranlagungszeitraum 2008 sind bei unbeschränkter Steuerpflicht eines EU- oder EWR-Staatsangehörigen Ehegatten nach § 1 Abs. 1 EStG die Einkunftsgrenzen des § 1 Abs. 3 EStG nicht mehr zu prüfen. Der entsprechende Verweis in der Vorschrift des § 1a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 EStG auf § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG ist mit dem JStG 2008 weggefallen. Auch im Rahmen des § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG erfolgt keine Prüfung der Einkunftsgrenzen.

In diesen Fällen ist auch keine Bescheinigung EU/EWR für die ausländischen Einkünfte mehr notwendig. Die Bescheinigung kann jedoch als Wohnsitzbestätigung dienen.

 

3. Zusammenveranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG

 

3.1 Ermittlung der Einkunftsgrenzen in zwei Stufen

Für EU/EWR-Staatsangehörige, die nach § 1 Abs. 3 EStG fiktiv unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind (ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland), gelten die Einkunftsgrenzen nach wie vor. Eine Bescheinigung (siehe auch Tz. 4) ist in diesen Fällen weiter erforderlich.

Die Prüfung der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG hat nach dem Wortlaut der Vorschrift zweistufig zu erfolgen, da die Anwendung des § 1a EStG nur für bereits nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt Steuerpflichtige möglich ist.

Der bisher nach § 1 Abs. 4 EStG i.V.m. § 49 EStG nur beschränkt Steuerpflichtige muss daher für die Anwendung des § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG zunächst selbst die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG in seiner Person erfüllen. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob seine Einkünfte zu mindestens 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen, oder ob die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den (einfachen) Grundfreibetrag nicht übersteigen.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Zusammenveranlagung nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG in Betracht kommt. Dafür ist die Grenze des § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG anhand der verdoppelten Werte unter Berücksichtigung der gemeinsamen Einkünfte zu ermitteln, d.h. entweder müssen die Einkünfte beider Ehegatten zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen, oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte beider Ehegatten dürfen den doppelten Grundfreibetrag nicht übersteigen.

 

3.2 Ansässigkeit von Personen in Staaten mit verschiedener Ländergruppeneinteilung

In den Fällen, in denen zu prüfen ist, ob die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nicht übersteigen, ist dieser zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.

Haben die Eheleute neben den jeweiligen Wohnsitzen in den Staaten mit verschiedener Ländergruppeneinteilung einen gemeinsamen (ehelichen) Wohnsitz (also ein Ehegatte einen doppelten Wohnsitz), so ist der Grundfreibetrag für beide Ehegatten bei Anwendung von § 1a Abs. 1 Nr. 2i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG nach dem Länderschlüssel des Staates zu bemessen, in dem der gemeinsame Familienwohnsitz begründet ist.

Ist ein gemeinsamer (Ehe-)Wohnsitz nicht ermittelbar, so ist jedem Ehegatten der Grundfreibetrag in der Höhe zuzurechnen, wie es nach den Verhältnissen im jeweiligen Ansässigkeitsstaat angemessen ist. Wohnt also ein in Deutschland beschränkt steuerpflichtiger Ehegatte im Jahr 2008 in Italien (Ländergruppe 1 = voller Grundfreibetrag) und der andere Ehegatte in Estland (Ländergruppe 3 = halber Grundfreibetrag), dürfen die von den Eheleuten im Veranlagungszeitraum 2008 erzielten Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, den Betrag von 11.496 Euro (7.664 Euro + 3.832 Euro) nicht übersteigen.

 

4. Bescheinigung gem. § 1 Abs. 3 Satz 5 EStG

Weitere Voraussetzung für die Behandlung eines grundsätzlich beschränkt Steuerpflichtigen auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkom...

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