BMF, 12.3.2010, IV A 3 - S 0130/08/10006

Bezug: TOP 4 der Sitzung AO I/2010

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

 

1. Mitteilungen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren

1.1 Nach § 49 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) sowie nach § 115 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) ist die Strafverfolgungsbehörde verpflichtet, in Strafverfahren – einschl. Steuerstrafverfahren – gegen Beamte zur Sicherstellung der erforderlichen dienstrechtlichen Maßnahmen im Fall der Erhebung der öffentlichen Klage die Anklageschrift oder eine an ihre Stelle tretende Antragsschrift, den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls und die einen Rechtszug abschließende Entscheidung mit Begründung der für die Durchführung dienstrechtlicher Maßnahmen zuständigen Stelle zu übermitteln, auch soweit sie Daten enthalten, die dem Steuergeheimnis unterliegen.

1.2 Nach § 49 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 BeamtStG sowie nach § 115 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 BBG besteht eine Verpflichtung zur Übermittlung der in Nr. 1.1 genannten Unterlagen in Verfahren wegen fahrlässig begangener Straftaten nur bei schweren Verstößen (genannt sind Trunkenheit im Straßenverkehr und fahrlässige Tötung) oder in sonstigen Fällen, wenn die Kenntnis der Daten aufgrund der Umstände des Einzelfalls erforderlich ist, um zu prüfen, ob dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind, auch soweit sie Daten enthalten, die dem Steuergeheimnis unterliegen.

1.3 Nach § 49 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 BeamtStG sowie nach § 115 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 BBG sollen Entscheidungen über Verfahrenseinstellungen, auch soweit sie Daten enthalten, die dem Steuergeheimnis unterliegen und die nicht bereits nach Nr. 1.1 und 1.2 zu übermitteln sind, übermittelt werden, wenn die Kenntnis der Daten auf Grund der Umstände des Einzelfalls erforderlich ist, um zu prüfen, ob dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, wie gesichert die zu übermittelnden Erkenntnisse sind.

Von der Strafverfolgungsbehörde ist keine vorweggenommene Prüfung der gebotenen disziplinarrechtlichen Behandlung des Falles gefordert, sondern nur die Abwägung, ob die Daten für eine solche disziplinarrechtliche Prüfung von Belang sein können und deshalb für den Dienstherrn des Beamten von Interesse sind (vgl. BFH-Beschluss vom 15.1.2008, VII B 149/07, BStBl 2008 II S. 337). Dies gilt auch für Fälle, in denen das Strafverfahren nach § 153 StPO, nach § 170 Abs. 2 StPO i.V.m. § 371 AO oder nach § 153a StPO eingestellt wurde. Im Falle des Entschlusses zur Übermittlung sind der Gegenstand des Verfahrens, die damit unmittelbar zusammenhängenden Erkenntnisse und die Verfahrenseinstellung als solche mitzuteilen.

1.4 Darüber hinaus dürfen nach § 49 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 2 BeamtStG sowie nach § 115 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 BBG sonstige Tatsachen, die dem Steuergeheimnis unterliegen und in einem Steuerstrafverfahren bekannt geworden sind, mitgeteilt werden, wenn

  • ihre Kenntnis aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls für dienstrechtliche Maßnahmen gegen einen Beamten erforderlich ist (erforderlich ist die Kenntnis der Daten auch dann, wenn diese Anlass zur Prüfung bieten, ob dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind),
  • an der Mitteilung ein zwingendes öffentliches Interesse im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO besteht (vgl. Nr. 1.5) und
  • für die Strafverfolgungsbehörde erkennbar ist, dass schutzwürdige Interessen des Beamten an dem Ausschluss der Übermittlung nicht überwiegen.

1.5 Ein zwingendes öffentliches Interesse an der Übermittlung im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO besteht insbesondere, wenn die mitteilende Stelle zur Überzeugung gelangt ist, der Sachverhalt sei geeignet, eine im Disziplinarverfahren zu verhängende Maßnahme von Gewicht, das heißt eine Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Dienst, zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.5.2008, 2 BvR 336/07, NJW 2008 S. 3489). Für diese Prüfung sind nicht nur der Umfang der Steuerhinterziehung (Höhe der verkürzten Steuern), sondern auch Art und Dauer der Straftat zu berücksichtigen.

1.6 Die vorstehenden Regelungen gelten für Richter entsprechend, soweit nichts anderes bestimmt ist (vgl. §§ 46, 71 DRiG).

 

2. Mitteilungen außerhalb eines Strafverfahrens

2.1 Werden außerhalb eines Strafverfahrens, d.h. in einem sonstigen Verfahren nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO (z.B. im Besteuerungsverfahren), Verfehlungen eines Beamten oder Richters festgestellt, die dieser im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit begangen hat, z.B. Straftaten im Amt (§§ 331 ff. StGB), ist die Zulässigkeit einer Mitteilung zu prüfen.

2.2 Auch das Verhalten eines Beamten außerhalb des Dienstes stellt ein Dienstvergehen dar, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise ...

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