Entscheidungsstichwort (Thema)

Die Besteuerung von Leibrenten mit dem Ertragsanteil (bis 2004) oder mit dem Besteuerungsanteil (ab 2005) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Besteuerung der Renten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG basiert auf der fiktiven Annahme einer auf die Dauer der mittleren Lebenserwartung für männliche Personen laufenden Zeitrente mit einer Verzinsung von 5,5 v.H. bei vorschüssiger Zahlweise und über die gesamte Laufzeit hinweg gleich bleibendem Zinsanteil.

Weder die individuellen Verhältnisse des Rentenberechtigten (etwa das eventuelle Unterschreiten der statistischen Lebenserwartung oder hohe Steuersätze während der Entrichtung der Rentenversicherungsbeiträge) noch das Vorhandensein anderen und neueren statistischen Materials, rechtfertigen es, von den verbindlich festgelegten Ertragsanteil-Vomhundertsätzen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG a. F. abzuweichen.

Nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) aa) EStG gehören Leibrenten und andere Leistungen, die unter anderem aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und den berufständischen Versorgungseinrichtungen erbracht werden, zu den sonstigen Einkünften, soweit sie der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) aa) Satz 2 EStG).

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, aa; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.11.2008; Aktenzeichen X R 15/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Besteuerung von Altersrenten des Klägers.

Der Kläger erzielt aus freiberuflicher Tätigkeit als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) aa) EStG aus Altersrenten des Rechtsanwaltsversorgungswerkes (ab März 2001) und der Deutschen Rentenversicherung (ab April 2001). Der Kläger hatte im März 2001 das 65. Lebensjahr vollendet.

Mit Einkommensteuer(ESt)-Änderungsbescheiden vom 7. Juni 2004 für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 setzte der Beklagte ESt in Höhe von ... EUR (für 2001) und ... EUR (für 2002) fest. Dabei wurden die Leibrenten des Klägers jeweils mit einem Ertragsanteil von 27 % berücksichtigt. Mit ESt-Bescheid vom 4. Juni 2004 für das Jahr 2003 wurde ESt in Höhe von ... EUR festgesetzt, wobei wiederum die Leibrenten des Klägers mit einem Ertragsanteil von 27 % in die Besteuerung eingeflossen sind.

Der Kläger erhob am 21. Juni 2004 Einspruch gegen die vorgenannten Bescheide und wandte sich gegen die Besteuerung der Ertragsanteile seiner Altersrenten. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass die Rentenbesteuerung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 GG) verstoße. Er sei 1972 als Selbständiger der gesetzlichen Rentenversicherung als Pflichtmitglied beigetreten. Im Jahr 1985 sei er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zum Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein gewechselt. Aufgrund der Tatsache, dass nach damaliger Rechtslage bei ihm 13 Anrechnungsjahre (für Schul-, Studien- und weitere Ausbildungszeiten) zu berücksichtigen gewesen wären, sei für ihn ein Beitritt als Pflichtmitglied der gesetzlichen Rentenversicherung sinnvoll gewesen. Aufgrund des Rentenrechtsänderungsgesetzes 1991 sei die Zahl der Anrechnungsjahre dann auf drei Jahre reduziert worden. Der Beitritt zur gesetzlichen Rentenversicherung habe sich deshalb wirtschaftlich als Flopp erwiesen. Ein Ertragsanteil bestehe bei ihm nicht. Seine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung habe er überwiegend aus zu versteuerndem Einkommen geleistet. Im Unterschied zum üblichen Pflichtmitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung habe er den Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung als Freiberufler selbst zahlen müssen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass er stets die Höchstbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt und immer hohen Steuersätzen unterlegen habe. Es liege eine unzulässige Mehrfachbesteuerung vor. Seine steuerliche Mehrbelastung im Verhältnis zu abhängig Beschäftigten könne nach der statistischen Lebenserwartung nicht mehr ausgeglichen werden. Auf den aus versteuertem Einkommen gezahlten fiktiven hälftigen Arbeitgeberanteil habe der Kläger mehr als 150.000,00 DM an Steuern gezahlt. Die Rentenversicherungsbeiträge seien jedenfalls zu mehr als 50 % aus versteuertem Einkommen gezahlt worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. April 2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 24. Mai 2005 Klage erhoben (3 K 148/05)

Mit ESt-Bescheid vom 11. August 2005 für das Jahr 2004 setzte der Beklagte ESt in Höhe von ... EUR fest. Dabei legte er wiederum einen Ertragsanteil von jeweils 27 % der Leibrenten des Klägers der Besteuerung zu Grunde. Mit Vorauszahlungsbescheid vom 11. August 2005 wurden ESt-Vorauszahlungen zum 10. September und 10. Dezember 2005 in Höhe von jeweils ... EUR und...

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