Rz. 160

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Selbst wenn der Stpfl rechtlich zum Unterhalt verpflichtet ist, besteht diese Verpflichtung im Einzelfall nur, soweit seine persönlichen Verhältnisse derartige Leistungen möglich machen. Dies ist nur der Fall, soweit die Leistungen in einem vernünftigen Verhältnis zu seinen Einkünften stehen und ihm nach Abzug des Unterhalts genügend Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs für sich und ggf für seinen > Ehegatten oder > Lebenspartner und seine Kinder verbleiben (vgl BFH 157, 422 = BStBl 1989 II, 1009; BFH 227, 491 = BStBl 2010 II, 343 mwN). Das entspricht der zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung; diese stellt sowohl auf den Bedarf des Unterhaltenen (§ 1610 BGB) als auch auf die Leistungsfähigkeit des Unterhaltenden ab; denn zur Leistung von Unterhalt ist nur verpflichtet, wem selbst genug zum Leben bleibt (vgl § 1603 Abs 1 BGB). Ausnahmen sind zB die nach § 33 EStG abziehbaren allgemeinen AgB wie Krankheitskosten (> Rz 65).

 

Rz. 161

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Eine Opfergrenze hatte der BFH zunächst als mit dem > Gleichheitssatz des Art 3 GG nicht vereinbar und in sich als widersprüchlich verworfen (BFH 140, 261 = BStBl 1984 II, 522). Der BFH wollte auf die Regelsätze in der > Sozialhilfe abstellen. Das hielt die FinVerw jedoch für nicht praktikabel, weil diese nicht auf Erwerbstätige abgestimmt sind und wesentliche Lebenshaltungskosten, wie Miete, Heizung und Anschaffungen nicht enthalten. Eine überarbeitete Regelung zur Opfergrenze mit variablen Prozentsätzen, die die Beanstandungen des BFH berücksichtigt und rechtens ist (BFH 147, 231 = BStBl 1986 II, 852; BFH 165, 414 = BStBl 1992 II, 35; vgl Reinhart, FR 1985, 348) sieht Folgendes vor (vgl BMF vom 06.04.2022, Rz 22 f mit Beispiel, BStBl 2022 I, 617, > Anh 2 Unterhalt für Angehörige):

 

Rz. 162

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Lebt der Stpfl mit der unterstützten Person nicht in Haushaltsgemeinschaft, sind > Unterhaltsleistungen höchstens abziehbar, soweit sie 1 % je volle 500 EUR des Nettoeinkommens (> Rz 164, 165), höchstens 50 % des Nettoeinkommens nicht übersteigen (Opfergrenze). Diese Opfergrenze ist um je 5 % für den > Ehegatten oder > Lebenspartner und jedes Kind, für das der Stpfl einen Kinderfreibetrag, Kindergeld oder eine vergleichbare Leistung erhält (das sind die vorrangig unterhaltsberechtigten Familienangehörigen) zu kürzen, höchstens um 25 %. Dadurch können bei niedrigem Nettoeinkommen Unterhaltsleistungen steuerlich uU nicht mehr abgezogen werden. Besteht nur für einen Teil des Jahres Anspruch auf einen Kinderfreibetrag, Kindergeld oder eine vergleichbare Leistung, ist dies bei der Berechnung der Opfergrenze durch eine monatsbezogene Kürzung der anzusetzenden kinderbezogenen 5 %-Pauschale zu berücksichtigen (BFH 256, 332 = BStBl 2017 II, 454).

 

Rz. 163

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die Opfergrenze wird nicht angewendet bei Unterhalt für den > Ehegatten oder > Lebenspartner – auch nach Scheidung oder Aufhebung der Partnerschaft (BMF vom 06.04.2022, Rz 23, BStBl 2022 I, 617, > Rz 161 aE). Privilegiert ist auch eine Person, die außerehelich mit dem Stpfl in Haushaltsgemeinschaft (zusammen) lebt (BMF vom 06.04.2022, Rz 24, > Rz 161 aE); das kann eine mit dem Stpfl in ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebende Person oder zB ein Verwandter sein. Hier wird davon ausgegangen, dass der Stpfl und der Bedürftige (als sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft) mit den zur Verfügung stehenden Mitteln gemeinsam wirtschaften müssen (vgl BFH 237, 79 = BStBl 2012 II, 769). Die Nettoeinkommen (> Rz 164) des Stpfl und der unterstützten Person(en) werden zusammengerechnet und nach Köpfen verteilt (BFH 227, 491 = BStBl 2010 II, 343); es ist also höchstens der Anteil des gemeinsamen Nettoeinkommens, der auch auf den Stpfl entfällt, als Unterhaltsleistung nach § 33a Abs 1 EStG begünstigt.

 

Beispiel:

Der ArbN A unterstützt seine mit ihm im gemeinsamen Haushalt wohnende Lebensgefährtin B in 2023 mit monatlich 750 EUR. A hat aufgrund eines Verlustes aus > Vermietung und Verpachtung lediglich ein Nettoeinkommen von 15 000 EUR; B hat kein eigenes Nettoeinkommen, da sie ohne eigene Einkünfte und Bezüge ist. A und B sind kinderlos.

Vom gemeinsamen Nettoeinkommen entfallen auf A (15 000 EUR : 2 =) 7 500 EUR. Nicht die der B gezahlten (750 EUR × 12 =) 9 000 EUR sind Unterhalt iSv § 33a Abs 1 EStG, sondern lediglich 7 500 EUR, die A – der Höchstbetrag von 10 908 EUR (> Rz 110) wird nicht erreicht – als AgB geltend machen kann. Erst bei einem Nettoeinkommen von (10 908 EUR × 2 =) 21 816 EUR könnte A den Höchstbetrag als AgB abziehen.

Das Nettoeinkommen ist für ein Kind iSv § 32 EStG, das ebenfalls im gemeinsamen Haushalt lebt, um dessen Mindestunterhaltsbedarf (vor der Verteilung) zu kürzen (BFH 227, 491 aaO); dafür wird – altersabhängig angepasst (entsprechend § 1612a Abs 1 Satz 3 BGB) – der doppelte Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes angesetzt (vgl § 32 Abs 6 Satz 1 und 2 EStG; das sind 2 810 EUR × 2 = 5 620 EUR für ...

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