Rz. 14

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Das Trinkgeld in Form eines kleineren Geldgeschenkes (> Rz 22 ff) muss ein Dritter (Leistungsempfänger/Kunde) geben. Er gibt es als eine typischerweise persönliche Zuwendung an den ArbN zur Anerkennung seiner Leistung. Die Rechtsprechung des BFH zusammenfassend BFH 250, 159 = BStBl 2016 II, 751 Rz 16). Der Dritte gibt das Trinkgeld freiwillig; er darf weder dem Grunde noch der Höhe nach zur Hingabe eines Trinkgelds verpflichtet sein. Das gilt gleichermaßen für eine Verpflichtung gegenüber dem ArbN als auch gegenüber dem ArbG (dazu > Rz 18, 21).

 

Beispiel 1:

Soweit der Gast in der Gastronomie zur Zahlung des Bedienungsgeldes in Höhe von 15 % des Rechnungsbetrags verpflichtet ist, steht das der "Freiwilligkeit" iSv § 3 Nr 51 EStG entgegen.

 

Beispiel 2:

Begünstigt sind aber die freiwilligen Trinkgelder des Personals der Friseure, der > Schlafwagenschaffner und der Zusteller von Sendungen aller Art wie die Postzusteller und Zeitungsausträger sowie die Zusatztrinkgelder im > Hotel- und Gaststättengewerbe. Das gilt auch für das Trinkgeld eines Binnenschiffers an Hafenarbeiter (vgl SozG Münster S 14 R 17/06 ER). Freiwillige Trinkgelder sind uE auch übliche Geldgeschenke an Hausmeister, Müllwerker zu Weihnachten oder Neujahr, die als Anerkennung gedacht sind.

 

Rz. 15

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Keine persönliche Zuwendung eines Dritten ist gegeben, wenn der ArbG sich bei der Abwicklung beherrschend zwischen den Dritten und seinen ArbN stellt und damit das persönliche Verhältnis zwischen ArbN und Dritten durch Rechtsbeziehungen anderer Art durchbrochen wird.

 

Beispiel 3:

Der Chefarzt eines Krankenhauses ist verpflichtet, einen Teil seiner privat liquidierten Honorare in einen Pool einzuzahlen, an dem die angestellten Ärzte nach einem bestimmten Schlüssel beteiligt werden. Die Vergütung, die ein angestellter Arzt aus dem Chefarzt-Pool erhält, ist kein steuerfreies Trinkgeld, weil er sie nicht von dem Chefarzt, sondern von dem mit eigenen Rechtsbeziehungen beteiligten Krankenhaus erhält (EFG 2009, 1286). Zu einer möglichen Umgestaltung > Rz 15/1 Beispiel 7.

 

Beispiel 4:

Gäste eines Striptease-Lokals wenden den Tänzerinnen Spielgeld (Chip) zu, das den Gästen vom ArbG zu einem bestimmten Geldkurs angeboten wird. Die Tänzerinnen können den Chip nur bei ihrem ArbG zu einem Kurs einlösen, der unter dem Erwerbskurs der Gäste liegt (EFG 2010, 1300).

Ein ähnlich gelagerter Sachverhalt ist die Verteilung des Tronc an die Angestellten einer Spielbank (> Rz 18 Beispiel). Wenn der ArbG selbst Gelder verwalten und buchungstechnisch erfassen muss, sind das keine Trinkgelder iSv § 3 Nr 51 EStG (BFH/NV 2009, 382).

 

Rz. 15/1

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Davon sind aber Fälle zu unterscheiden, in denen der ArbG oder dessen Beauftragter nur treuhänderisch und gefälligkeitshalber die ihm vom Dritten oder seinen ArbN übertragene Verteilung technisch durchführt. Der Dritte kann zB den ArbG bitten, einen Geldbetrag entgegenzunehmen und ihn an ein Arbeitskollektiv oder mehrere bestimmte ArbN zu verteilen. Dann ist der auf den einzelnen ArbN entfallende Anteil begrifflich "Trinkgeld".

 

Beispiel 5:

Anlässlich eines Richtfestes wird den Bauhandwerkern vom Bauherrn ein "Richtfestgeld" gezahlt und die Baufirma bei der Verteilung der Gelder in der Art eines Treuhänders eingeschaltet.

 

Beispiel 5/1:

Ein Patient bedankt sich nach einem längeren Aufenthalt im Krankenhaus beim Pflegepersonal mit einem namhaften Geldbetrag "für die Freud- und Leidkasse".

 

Beispiel 6:

Nach einer größeren Bewirtung im Restaurant eines Hotels bezahlt der Gastgeber die Rechnung per Überweisung, Kreditkarte oder Scheck und erhöht den Rechnungsbetrag um ein freiwilliges Trinkgeld (Tip). Der Tip ist in der Rechnung getrennt von den betrieblichen Leistungen ausgewiesen und von der BMG für die USt ausgeschlossen. Der Betreiber des Hotels zahlt seinen Mitarbeitern das Trinkgeld auf Bitten des Gastes anteilig aus.

 

Beispiel 6/1:

Weil die ArbN in einem Restaurant in unterschiedlicher Weise mit den Gästen in Berührung kommen, hat das Bedienungspersonal vereinbart, sämtliche Trinkgelder an eine gemeinschaftliche Kasse abzuführen, aus der alle ArbN einen bestimmten Anteil am Trinkgeld erhalten.

 

Beispiel 7:

Anders als im ‚Troncfall’ (> Rz 12 Beispiel 3) ist ein Spielbankassistent zur Annahme von Trinkgeld befugt. Der ArbG sammelt täglich bei allen Assistenten die erhaltenen Trinkgelder treuhänderisch ein, die Spielbankbesucher freiwillig für besondere Serviceleistungen zuwenden. A hat tarifvertraglich Anspruch auf einen Anteil an den Trinkgeldern. Der ArbG hat sie tarifvertraglich ausschließlich zugunsten der Saalassistenten zu verwenden.

Das Trinkgeld ist steuerfrei nach § 3 Nr 51 EStG (BFH 250, 159 = BStBl 2016 II, 751). Der Spielbankassistent hat gegen den ArbG keinen Rechtsanspruch auf Trinkgeld in bestimmter Höhe; der Anspruch richtet sich gegen die der Gesamtheit der den Assistenten gehörende Sammelkasse. Tarifvertraglich geregelt ist lediglich die Verteilung und Auskehru...

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