Rz. 10

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Reist der Stpfl zu Fachtagungen, Lehrgängen, Kongressen, Symposien, Workshops an einen Ort, der wegen schöner Lage oder wegen seines Kultur- und Erholungswerts regelmäßig auch Urlaubsreisende in großem Umfang anzieht, so deuten auf eine berufliche (oder private) Veranlassung solcher Reisen folgende Kriterien hin:

 

Rz. 10/1

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Berufsbezogenes Programm mit straffer, lehrgangsmäßiger Organisation (BFH 120, 28 = BStBl 1977 II, 54; BFH 131, 361 = BStBl 1980 II, 746);
 

Rz. 11

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Umfang und Gestaltung der Entspannungsphasen. Die Veranstaltungen müssen den weitaus überwiegenden Teil der zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch nehmen (BFH 121, 31 = BStBl 1977 II, 203; BFH 122, 526 = BStBl 1977 II, 829; BFH/NV 1992, 240). Gelegentliche Ausflüge oder vortragsfreie Wochenenden sind zwar unschädlich; ihnen darf jedoch nicht in einem solchen Umfang Raum gegeben werden, dass neben den Fortbildungszweck private Erholungs- und Bildungsinteressen von nicht unerheblichem Umfang treten (BFH 121, 35 = BStBl 1977 II, 238). Etwas anderes kann nach BFH 127, 533 = BStBl 1979 II, 513 dann gelten, wenn der Stpfl auf Fachtagungen selbst mehrere Vorträge hält (ebenso EFG 1980, 330). Der Schluss, dass das Halten eines Fachvortrags in jedem Fall zur beruflichen Veranlassung der Reise führt, ist jedoch nicht gerechtfertigt (BFH 182, 536 = BStBl 1997 II, 357). Für eine nicht unerhebliche private Mitveranlassung spricht, dass Tagungsteilnehmer ausreichend Gelegenheit haben, von den an Bord eines Fährschiffs gebotenen Freizeitangeboten Gebrauch zu machen (BFH 154, 312 = BStBl 1989 II, 19). Ebenso bei einem zweiwöchigen Fachkongress in einem Skiort, wenn die Teilnehmer in einer viereinhalbstündigen Mittagspause das Angebot an Winterurlaubsaktivitäten nutzen können (BFH 161, 547 = BStBl 1990 II, 1059);
 

Rz. 12

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Verbindung der Fachtagung mit Erholungs- oder Bildungsreise (nach BFH 120, 28 = BStBl 1977 II, 54 schädlich; anders > Rz 6/1 Beispiele);
 

Rz. 13

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Ort und Zeitpunkt der Tagung. Die Auffassung, dass Veranstaltungsorte im Ausland grundsätzlich auf eine private (Mit-) Veranlassung der Reise hindeuten (vgl noch BFH 121, 31 = BStBl 1977 II, 203), hat BFH 199, 347 = BStBl 2003 II, 765 inzwischen aufgegeben, da insoweit Bedenken gegen die Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art 49 EGV bestanden. Die FinVerw behandelt Reisen in Mitgliedsländer der EU (> Europäische Union) sowie zu den EWR-Ländern (> Europäischer Wirtschaftsraum) und die Schweiz wie Inlandsreisen (BMF vom 26.09.2003, BStBl 2003 I, 447). Internationale Tagungen mit Beteiligung ausländischer Fachleute und Dozenten (BFH 111, 312 = BStBl 1974 II, 291) sprechen ebenfalls nicht für eine private Mitveranlassung allein auf Grund des ausländischen Tagungsorts. Findet die Tagung in einem Wintersportort während der Wintersaison statt, so kann dies gegen eine ausschließlich beruflich veranlasste Reise sprechen (BFH 122, 526 = BStBl 1977 II, 829). Gleiches gilt für ein Steuerberater-Symposium oder eine Fachtagung mit Geschäftsfreunden auf einem Passagierfährschiff während einer Ostseefahrt (BFH 154, 312 = BStBl 1989 II, 19; BFH 179, 251 = BStBl 1996 II, 273). Dem Abzug der Aufwendungen für eine berufliche Fortbildungsveranstaltung steht jedoch nicht entgegen, dass dieser ein Urlaubsaufenthalt an demselben Ort vorangeht. Die Kosten der An- und Abreise sind dann aber nur anteilig abziehbar (vgl BFH-GrS 1/06, BFH 227, 1 = BStBl 2010 II, 672 );
 

Rz. 14

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Begleitung durch Familienangehörige. Die Mitnahme des Ehegatten/Lebensgefährten und von Kindern widerspricht im Allgemeinen dem beruflichen Charakter einer Reise (BFH 120, 28 = BStBl 1977 II, 54; BFH 121, 35 = BStBl 1977 II, 238; BFH/NV 1993, 93); nach BFH 162, 316 = BStBl 1991 II, 92 ist dieser Umstand aber lediglich ein Indiz für eine Privatreise; einschränkend auch EFG 1993, 506. Das gilt jedoch nicht, wenn die Ehefrau im Betrieb des Stpfl mitarbeitet oder ihm bei der Übersetzung seiner Vorträge hilft (BFH 127, 533 = BStBl 1979 II, 513; BFH 130, 48 = BStBl 1980 II, 386). Zur Teilnahme des Ehegatten an gesellschaftlichen, mit Fachtagungen zusammenhängenden Veranstaltungen im In- und Ausland vgl BFH 93, 152 = BStBl 1968 II, 713;
 

Rz. 15

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Teilnahmenachweis. Die Teilnahme des Stpfl an den Fachveranstaltungen muss feststehen (BFH 120, 28 = BStBl 1977 II, 54). Der Nachweis kann nicht allgemein geführt werden, sondern muss sich auf jede einzelne besuchte Veranstaltung beziehen (BFH 122, 526 = BStBl 1977 II, 829). Eine gewisse Lockerung lässt BFH 130, 48 = BStBl 1980 II, 386 erkennen, wonach der Teilnahmenachweis nicht in jedem Fall durch Anwesenheitstestate geführt werden muss (Anm in HFR 1980, 279). An den Nachweis werden umso strengere Anforderungen zu stellen sein, je mehr die übrigen Umstände für eine private Mitveranlassung sprechen.
 

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