Rz. 29

Stand: EL 134 – ET: 06/2023

Welche Zwecke gemeinnützig sind, bestimmt § 52 AO. Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Zur Selbstlosigkeit vgl ausführlich AEAO zu § 55. § 10b EStG begünstigt alle in § 52 AO aufgeführten gemeinnützigen Zwecke (zu Einzelheiten > Rz 32 ff).

Die Allgemeinheit wird nicht gefördert, wenn der geförderte Personenkreis abgeschlossen ist (zB bei einer Betriebssportgemeinschaft). Ebenso, wenn durch hohe Aufnahmegebühren oder Mitgliedsbeiträge der Allgemeinheit der Zugang zu einem Verein praktisch verwehrt ist. Unschädlich sind nach Ansicht der FinVerw Mitgliedsbeiträge und –umlagen von durchschnittlich bis zu 1 023 EUR je Mitglied und Jahr und Aufnahmegebühren bis zu 1 534 EUR. Für die Gemeinnützigkeit unschädlich darf der Verein eine zusätzliche Investitionsumlage von bis zu 5 113 EUR in zehn Jahren je Mitglied erheben, die allerdings nicht als Spende abziehbar ist. Die Mitglieder müssen die Möglichkeit haben, die Zahlung der Umlage auf bis zu zehn Jahresraten zu verteilen (AEAO zu § 52). Der BFH hält die von der FinVerw gesetzten Grenzen wohl für zu niedrig. So hat der BFH eine Aufnahmegebühr iHv 4 800 DM (= 2 454 EUR) als unschädlich angesehen (BFH 183, 371 = BStBl 1997 II, 794; BFH 203, 305 = BStBl 2005 II, 443). Offen ist, wo der BFH die Grenze zieht.

Weitere Beträge wie eine im Voraus gezahlte (Jahres-)Gebühr für die Benutzung von Einrichtungen des Vereins usw, die ein Bürger aufwenden muss, um in den Verein aufgenommen zu werden, sind als Aufnahmegebühren oder Mitgliedsbeiträge bei der Durchschnittsberechnung einzubeziehen und keine Spende. Bei Darlehen wird nur ein evtl Zinsverzicht berücksichtigt. Dieser Zinsverlust wird typisierend mit 5,5 % des Darlehensbetrags angenommen (AEAO zu § 52). Sind Mitglieder verpflichtet, Geschäfts-Anteile an einer Gesellschaft zu erwerben, die (Sport-)Anlagen für den Verein betreibt, so werden die Aufwendungen mit Ausnahme des Agios nicht als zusätzliche Aufnahmegebühren behandelt, weil das nur Vermögensumschichtung ist (BFH 203, 305 = BStBl 2005 II, 443; AEAO zu § 52). Bei zusätzlichen Zahlungen prüft das FA ohne Rücksicht auf die Bezeichnung als Aufbauspenden, Eintrittsspenden, Investitionsumlage uä, ob es sich um echte Spenden iSd § 10b EStG (> Rz 10 ff, > Rz 13) oder um nicht abziehbare Aufnahmegebühren, Mitgliedsbeiträge oder -umlagen handelt (vgl EFG 1999, 769). Hängt die Aufnahme in den Verein oder der Verbleib in ihm faktisch davon ab, dass derartige Zahlungen versprochen werden, so handelt es sich nicht um freiwillige Zuwendungen iSd § 10b EStG. Eine faktische Verpflichtung vermutet die FinVerw widerlegbar, wenn mehr als 75 % der neu eingetretenen aktiven Mitglieder neben der Aufnahmegebühr eine gleich oder ähnlich hohe Sonderzahlung leisten (AEAO zu § 52).

 

Rz. 30

Stand: EL 134 – ET: 06/2023

§ 52 Abs 2 AO enthält eine im Prinzip abschließende Aufzählung der gemeinnützigen Zwecke. Diese Aufzählung ist jedoch nicht isoliert zu betrachten; hinzukommen muss stets, dass die Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Die Förderung von Zwecken, die hinsichtlich der Merkmale, die ihre steuerrechtliche Förderung rechtfertigen, mit den in § 52 Abs 2 AO genannten Zwecken identisch sind, ist gemeinnützig. Als identisch und damit gemeinnützig anerkannt wurden (noch nach der Rechtslage bis 2006; uE weiter anzuwenden): die Förderung des Baus und Betriebs von Schiffs-, Auto-, Eisenbahn- und Drachenflugmodellen (Modellflug) sowie des CB-Funkens (Amateurfunken). Als Folge der Umstellung (ab 2007) auf einen abgeschlossenen Katalog der gemeinnützigen (und zugleich spendenberechtigten) Zwecke reicht es aber nicht aus, dass die Betätigung einem der in § 52 AO genannten Zwecke lediglich ähnlich ist.

Nicht gemeinnützig ist zB die Förderung des Amateurfilmens und -fotografierens, des Kochens, von Brett- und Kartenspielen wie zB Skat, und das Sammeln von Gegenständen wie zB von Briefmarken, Münzen, Autogrammen sowie die Tätigkeit von Touristik-, Sauna-, Geselligkeits-, Kosmetik- und Oldtimer-Vereinen. Zur Behandlung weiterer Zwecke vgl AEAO zu § 52 AO. Auf berechtigte Ablehnung stoßen aber auch andere bisher als gemeinnützig anerkannte Zwecke; im Einzelnen vgl T/K/Seer zu § 52 AO Rz 59ff.

 

Rz. 31

Stand: EL 134 – ET: 06/2023

Ist ein von der Körperschaft verfolgter Zweck nicht in der Aufzählung in § 52 Abs 2 Satz 1 AO enthalten, wird aber die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert, kann dieser Zweck für gemeinnützig erklärt werden (§ 52 Abs 2 Satz 2 AO). Dies soll den Obersten Finanzbehörden die Gelegenheit geben, auf sich ändernde gesellschaftliche Verhältnisse zu reagieren. Die antragstellenden Körperschaften sollen nicht erst auf eine Gesetzesänderung warten müssen, bevor ihre Tätigkeit als ...

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