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Auf einen Blick:

Für das in Deutschland ansässige Bordpersonal bleibt zu klären, inwieweit Deutschland beim Einsatz im internationalen Schiffsverkehr das Besteuerungsrecht hat. Hier wird aber auch dargestellt, inwieweit das auf Schiffen mit deutscher Flagge tätige ausländische Bordpersonal in Deutschland besteuert wird.

A. Steuerpflicht

I. Besteuerungsrecht folgt der Flagge

 

Rz. 1

Stand: EL 128 – ET: 11/2021

Nach internationalem Recht hat Deutschland idR das Besteuerungsrecht für das Personal an Bord eines Seeschiffs, das im internationalen Verkehr betrieben wird, soweit ihm das Besteuerungsrecht nach geltenden DBA zugewiesen wird. Regelmäßig steht das Besteuerungsrecht für die Heuer der Seeleute dem Staat zu, in dem das Frachtunternehmen iSv Art 8 OECD-MA seine tatsächliche Geschäftsleitung hat (Art 15 Abs 3 OECD-MA; > Doppelbesteuerung Rz 20, 49 ff). In der Praxis hat der Staat das Besteuerungsrecht, unter dessen Flagge das Schiff fährt; es ist dann im Schiffsregister dieses Staates registriert. Ein Schiff ist idS ein deutsches Schiff, wenn es die deutsche Flagge führt (vgl BFH 148, 289 = BStBl 1987 II, 377; BFH/NV 1988, 298). Fährt der ArbN auf einem Schiff unter deutscher Flagge, besteht das Besteuerungsrecht für eine weltweite Tätigkeit, also unabhängig vom Ort der Arbeitsleistung. Das gilt grundsätzlich auch für die Liegezeit in einem Hafen außerhalb Deutschlands (vgl aber > Rz 15). Auf die Staatsangehörigkeit des ArbN kommt es nicht an.

 

Rz. 2

Stand: EL 128 – ET: 11/2021

Hat Deutschland kein Besteuerungsrecht, weil das Schiff unter einer fremden Flagge fährt, stellt es den ArbN unter Beachtung von § 50d Abs 8 und 9 EStG von der Besteuerung frei (vgl BMF vom 03.05.2018, BStBl 2018 I, 643, > Anh 2 Doppelbesteuerung/Behandlung von Arbeitslohn), wendet aber den > Progressionsvorbehalt an. Zu Besonderheiten vgl die Stichworte zu den einzelnen Vertragsstaaten sowie BMF aaO, Rz 345ff.

 

Rz. 2/1

Stand: EL 128 – ET: 11/2021

Sind deutsche Seeleute auf einem ausländischen Schiff tätig und steht dem ausländischen Staat das Besteuerungsrecht zu, nimmt er dieses jedoch nicht wahr, kann das Besteuerungsrecht aufgrund einer Rückfallklausel im DBA an Deutschland zurückfallen. Das gilt auch dann, wenn der > Arbeitslohn nur deshalb nicht besteuert wird, um die Heuer für den > Reeder zu subventionieren (EFG 2017, 1894 zum DBA > Dänemark). Im Ergebnis werden dadurch deutsche Seeleute gegenüber dänischen Seeleuten benachteiligt. Dies stellt jedoch keinen Verstoß gegen das Recht der > Europäische Union dar, weil danach eine sog Inländerdiskriminierung zulässig ist. Beruht die Nichtbesteuerung im anderen Staat darauf, dass der ArbN dort keinen > Wohnsitz oder gewöhnlichen > Aufenthalt hat, ergibt sich ein inländisches Besteuerungsrecht aus § 50d Abs 9 Satz 1 Nr 2 EStG (EFG 2019, 1366 = IStR 2019, 865 – Rev, BFH I R 28/19 zum DBA > Zypern). Wenn der andere Staat die > Einkünfte allgemein nicht besteuert, kann eine Besteuerung im > Inland jedoch nicht auf § 50d Abs 9 Satz 1 Nr 2 EStG gestützt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn die Einkünfte des Stpfl im anderen Staat unterhalb der Grenze liegen, die in diesem Staat zur Stpfl führt (vgl EFG 2017, 1176 = DStRE 2018, 1110 ebenso zum DBA > Zypern – Rev, BFH I R 30/17).

 

Rz. 3

Stand: EL 128 – ET: 11/2021

Besteht kein DBA, kann Deutschland ArbN nach allgemeinen Grundsätzen besteuern, rechnet aber eine im Ausland gezahlte Steuer an (> Rz 11). Deshalb sind zB Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf einem unter der Flagge der > Bermudas fahrenden Kreuzfahrtschiff in Deutschland steuerpflichtig (EFG 2008, 1626).

 

Rz. 4

Stand: EL 128 – ET: 11/2021

Arbeitnehmerüberlassung: Der BFH setzt ein Unternehmen, das den Verleih von Seeleuten, die an Bord von Seeschiffen eingesetzt werden, betreibt, nicht mit einem Schifffahrtsunternehmen gleich. BFH 173, 53 = BStBl 1994 II, 218 hat deshalb die Steuerpflicht der Einkünfte eines Kapitäns bejaht, der von einem ArbN-Verleiher in > Zypern an eine Reederei auf den Niederländischen Antillen verliehen wurde. Allerdings hat der BFH im Fall eines Besatzungsmitglieds auf einem unter zypriotischer Flagge fahrenden Schiffs, dessen Eigentümerin eine inländische Reederei war, die sich ihrerseits zur Erledigung ihrer Geschäfte eines ebenfalls inländischen Korrespondenzreeders bediente, das Besteuerungsrecht verneint, da die Besatzung von einem zypriotischen ArbN-Verleiher gestellt wurde (BFH/NV 2002, 478). Nach Ansicht des BFH muss das Schifffahrtsunternehmen mit Geschäftsleitung im > Inland zugleich > Wirtschaftlicher Arbeitgeber der Besatzung sein; dies sei bei Einschaltung eines (zypriotischen) ArbN-Verleihers jedoch nicht der Fall. Ebenso ist der philippinische Vercharterer eines unter philippinischer Flagge fahrenden Seeschiffs, der nicht ArbG der Besatzung ist, nicht Unternehmer iSd Art 15 Abs 3 des DBA mit den > Philippinen (BFH 182, 565 = BStBl 1997 II, 432). Zu weiteren Einzelheiten > Doppelbesteuerung Rz 49 ff sowie die Stichworte zu den einzelnen Staaten. Entsendet ein ausländischer ArbG Schiffspersonal auf ein...

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