Rz. 30

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Die Bewertungsregel des § 8 Abs 3 EStG betrifft Waren (> Rz 34 ff) und Dienstleistungen (> Rz 39 ff), die vom ArbG nicht überwiegend für den Bedarf seiner ArbN hergestellt, vertrieben oder erbracht werden (> Rz 32). Sie erfasst somit nur Produkte, die der ArbG im allgemeinen Geschäftsverkehr am Markt anbietet (> Rz 31, 32). Damit werden stpfl Vorteilsgewährungen im sozialen Bereich wie zB die verbilligte Überlassung von Mahlzeiten – außerhalb des Hotel- und Gaststättenbereichs (> Mahlzeiten Rz 15 ff) –, die überwiegend den eigenen ArbN zugute kommen, von der Anwendung des § 8 Abs 3 EStG ausgenommen; insoweit gelten die > Sachbezugswerte der SvEV (vgl § 8 Abs 2 Sätze 6 bis 8 EStG).

 

Rz. 31

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Bei der verbilligten Überlassung von Waren durch Dritte kann § 8 Abs 3 EStG nur angewendet werden, wenn genau dieselbe Ware vom ArbG zuvor hergestellt oder vertrieben worden ist (Nämlichkeit; BFH 170, 190 = BStBl 1993 II, 356). Deshalb kann zB die Lieferung von > Strom und Wasser an den ArbN eines Energieversorgungsunternehmens, der in dem Gebiet eines fremden EVU wohnt, nur dann nach § 8 Abs 3 EStG behandelt werden, wenn der gelieferte Strom vom ArbG stammt. Obwohl selbst nicht ‚Stromerzeuger’, ist ein Netzbetreiber dabei allerdings aufgrund der von ihm vorgenommenen Spannungstransformation Hersteller iSd Norm (jeweils FG München vom 30.05.2016, 7 K 532/15, BB 2016, 2470, dazu Hilbert, NWB 2016, 2550 und BB 2016, 2473, ferner 7 K 428/15, EFG 2016, 1405). Die Forderung nach "Nämlichkeit" beruht auf der Erwägung, dass im Einzelfall eine über die Abgeltung von Bewertungsungenauigkeiten hinausgehende Begünstigung des ArbN nur durch die persönliche Beziehung zu rechtfertigen ist, die er zu den von ihm hergestellten oder vertriebenen Produkten entwickelt. Hersteller einer Ware ist nicht nur, wer den Gegenstand selbst produziert, sondern auch derjenige, der im Auftrag und nach den Plänen und Vorgaben eines anderen die Ware produziert (‚Produzent’); deshalb sind zB auch die Mitarbeiter der Zeitungen druckenden Betriebe begünstigt (BFH 200, 254 = BStBl 2003 II, 154; > Zeitungsverlag). Hersteller einer Ware kann darüber hinaus derjenige sein, der den Gegenstand auf eigene Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem Dritten produzieren lässt oder der damit als ‚Geschäftsherr’ vergleichbare sonstige gewichtige (qualifizierte) Beiträge zur Herstellung der Ware erbringt (BFH 226, 339 = BStBl 2010 II, 204). Der BFH hat bislang nicht bestimmt, welchen konkreten Umfang die Beitragsleistungen des ArbG aufweisen müssen, damit ihm der Herstellungsprozess zugerechnet werden kann; er wird dies in künftigen Verfahren noch zu klären haben (vgl Kanzler, NWB 2010, 597). Die Gewichtung eines solchen Beitrags am Herstellungsprozess kann dadurch erschwert werden, dass der Herstellungsprozess von verschiedenen rechtlich selbständigen > Verbundene Unternehmen organisiert wird; ‚ge’, DStR 2009, 2482, warnt deshalb vor einer Verallgemeinerung der Einzelfallentscheidung. Birk/Specker, DB 2009, 2742, erkennen sogar eine Aufweichung hin zu der vom Gesetzgeber eigentlich nicht gewollten Konzernklausel (> Rz 22). Nach Schmidt/Krüger, § 8 EStG Rz 73, spricht viel dafür, Preisnachlässe von Konzernunternehmen bei der Bewertung nach § 8 Abs 3 EStG ebenso zu behandeln wie Rabatte des ArbG. Vertreiben idS ist nicht die bloße Vermittlung; deshalb ist die Vergünstigung des § 8 Abs 3 EStG auf die Waren und Dienstleistungen beschränkt, die der ArbG im eigenen Namen am Markt verfügbar macht – die bloße Vermittlungstätigkeit wie etwa bei einem > Reisebüro Rz 2 reicht nicht aus (BFH 182, 556 = BStBl 1997 II, 363; BFH/NV 2007, 426 = DStRE 2007, 524). Bei einer Vermittlungsleistung kann deshalb der Rabatt-Freibetrag nur für die > Provisionen gewährt werden (BFH 195, 376 = BStBl 2002 II, 230 mwN; > Rz 16/3). Andererseits vertreibt auch derjenige Waren oder Dienstleistungen, der für einen Dritten entgeltlich auf dessen Rechnung tätig wird und nach den Vorgaben des Auftraggebers handelt. Der Beitrag am Vertrieb muss jedoch derart gewichtig sein, dass bei wertender Betrachtung nicht der Dritte, sondern der ArbG als Vertreiber anzusehen ist (BFH 261, 485 = BStBl 2019 II, 286).

 

Rz. 32

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Der ArbG muss mit solchen Waren und Leistungen wie sie dem ArbN unentgeltlich oder verbilligt gewährt werden, selbst am Markt in Erscheinung treten; außerdem dürfen sie nicht überwiegend an die Belegschaft erbracht werden (vgl BFH 200, 289 = BStBl 2003 II, 371; BFH 200, 354 = BStBl 2003 II, 373). Das EStG lässt es offen, in welcher Form und unter welchen Modalitäten der ArbG seine Produkte am Markt anbieten muss. Was den ‚Markt’ – also die potentiellen Abnehmer – ausmacht, ist abhängig von der Vertriebsebene (Produzent, Großhändler, Einzelhändler). Der die Ware anbietende ArbG muss aber nicht mit Anbietern konkurrieren, die ein breites Angebot an jedermann richten. Das der Belegschaft angebotene ‚eigene’ Produkt...

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