Rz. 1

Stand: EL 132 – ET: 12/2022

Die Einkünfte selbständig tätiger Prostituierter (männlich/weiblich/divers) behandelt die FinVerw bereits seit längerem als > Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl OFD Düsseldorf vom 30.07.2004 – S 2240 A-St 11, DB 2004, 1702). Dies hat der BFH im Beschluss GrS 1/12 vom 20.02.2013 ausdrücklich bestätigt (BFH 140, 282 = BStBl 2013 II, 441, nachgehend BFH/NV 2013, 1577) und damit die frühere Einordnung als > Sonstige Einkünfte verworfen. Das Recht, das Entgelt für die Dienstleistungen in vollem Umfang selbst zu vereinnahmen, ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Prostituierten trotz einer gewissen organisatorischen Eingliederung allein auf eigene Rechnung, Initiative und Risiko, also gewerblich arbeiten (EFG 2010, 50).

 

Rz. 2

Stand: EL 132 – ET: 12/2022

Werden Prostituierte in einem Eros-Center, Massagesalon oder ähnlichen Einrichtungen mit Bordellcharakter weisungsgebunden beschäftigt, so haben sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (EFG 1996, 440 zu einer sog > Peep-Show; so auch BGHSt 33, 35 vom 01.08.1984 – 2 StR 220/84, HFR 1985, 41; BGH vom 06.10.1989 – 3 StR 80/89, HFR 1990, 582). Die Abgrenzung zwischen nichtselbständig tätigen und selbständig tätigen Prostituierten ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorzunehmen; zu den Kriterien > Arbeitnehmer Rz 8 ff; ähnlich bei der Zuordnung für die USt, vgl zB BFH/NV 2019, 127. Für die steuerliche Einordnung der > Einkünfte ist es unerheblich, ob die mit den Prostituierten geschlossenen "Mitarbeiterverträge" arbeitsrechtlich wirksam oder nach § 138 BGB nichtig sind (§ 40 AO).

 

Rz. 2/1

Stand: EL 132 – ET: 12/2022

Von einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ist zB dann auszugehen, wenn der Inhaber der Lokalität als Anbieter der Dienstleistungen auftritt (so EFG 1979, 239). Ebenso bei Animierdamen (EFG 2011, 56 und > Bardamen). Bei einem Sex-Club ist ein gewichtiges Indiz für die Nichtselbständigkeit, dass die Prostituierten keinen eigenen Arbeitsbereich haben (EFG 2011, 56 und ähnlich EFG 2008, 687). Telefonsex wird ebenfalls nichtselbständig betrieben, wenn eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort (Callcenter) und Inhalt der Tätigkeit gegeben ist, auch wenn kein Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit und Urlaub besteht und ohne Führung von Telefonaten kein Entgelt geleistet wird (EFG 2007, 1032 = DStRE 2007, 1232).

 

Rz. 3

Stand: EL 132 – ET: 12/2022

Kontrollbesuche der Steuerfahndung in Räumlichkeiten, die an Prostituierte zur Ausübung der Erwerbstätigkeit vermietet worden sind, sind grundsätzlich – in angemessener und zumutbarer Häufigkeit – zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle hinreichend veranlasst. Der mögliche (Neben-)Effekt, die Prostituierten zu veranlassen, ihre steuerlichen Pflichten zu erfüllen oder am sog Düsseldorfer Verfahren teilzunehmen, ist mit dem Ermittlungsauftrag der Steuerfahndung nicht unvereinbar (BFH 216, 38 = BStBl 2009 II, 839; VerfB nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG vom 02.07.2008 – 1 BvR 724/07). Ua zu Vollzugsdefiziten in diesem Bereich Hubert, StB 2018, 228.

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