Rz. 30

Stand: EL 117 – ET: 04/2019

Kann ein zur Privatnutzung überlassenes betriebliches Kfz (> Rz 21ff) auch für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (§ 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4 EStG) bzw Sammelpunkt oder weiträumigem Arbeitsgebiet iSv § 9Abs 1 Nr 4a Satz 3 EStG (> Entfernungspauschale Rz 20ff; > Erste Tätigkeitsstätte) genutzt werden, erhöht sich der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung für jeden Kalendermonat grundsätzlich um 0,03 % des maßgebenden Listenpreises (> Rz 25ff) für jeden Entfernungs-km zwischen der Wohnung und der Tätigkeitsstätte (§ 8 Abs 2 Satz 3 EStG). Das gilt nicht, wenn sich der ArbN zur Vermeidung der pauschalen Bewertung für eine individuelle Bewertung anhand des Einzelnachweises von Aufwendungen und Nutzungen entscheidet (§ 8 Abs 2 Satz 4 EStG). Zu Einzelheiten der FahrtenbuchmethodeRz 38ff. Die Pauschale ist grds unabhängig von der individuellen Nutzung und der Häufigkeit, mit der der ArbN das Fahrzeug im Monat für die Fahrt zur Arbeit nutzt. Ein durch Urlaub oder Krankheit bedingter Nutzungsausfall ist im Nutzungswert pauschal berücksichtigt (vgl > Rz 14).

 

Rz. 31

Stand: EL 117 – ET: 04/2019

Dem weitgehenden Pauschalierungsgedanken der Regelung ist der BFH allerdings in seiner Rechtsprechung für ArbN nicht gefolgt: Danach ist als weitere Möglichkeit eine auf das Kalenderjahr bezogene Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungs-km möglich (BFH 221, 11 = BStBl 2008 II, 887). Der Zuschlag nach § 8 Abs 2 Satz 3 EStG ist nach BFH 221, 11, aaO (nur) ein Korrekturposten zum Abzug der > Werbungskosten in Form der > Entfernungspauschale und soll lediglich einen Ausgleich für abziehbare, tatsächlich aber nicht entstandene Erwerbsaufwendungen bezwecken (ebenso BFH 221, 17 = BStBl 2008 II, 890 zum Park and ride; > Rz 35). Mit weiteren Urteilen hat der BFH diese Rechtsauffassung bestätigt und konkretisiert (vgl BFH 231, 127 = BStBl 2011 II, 354; BFH 231, 135 = BStBl 2011 II, 358; BFH 231, 139 = BStBl 2011 II, 359; dazu Schneider, NWB 2011, 112). Der als geldwerter Vorteil für die Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens anzusetzende Zuschlag von 0,03 % ist der Höhe nach zwar nicht auf die im Gegenzug als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen zu begrenzen, es kann aber geboten sein, den Nutzungsvorteil auf die tatsächlich durchgeführten Fahrten zu begrenzen (EFG 2015, 1532 mwN). Für Unternehmer vertritt der BFH eine andere Auffassung und hat eine Übertragung vorstehender Grundsätze auf die Regelung des § 4 Abs 5 Satz 1 Nr 6 Satz 3 HS 1 EStG abgelehnt (BFH 262, 66 = BStBl 2018 II, 755; ablehnend zu dieser Entscheidung Hilbert, NWB 2018, 3208). Dies ist uE gleichheitsrechtlich bedenklich.

 

Rz. 31/1

Stand: EL 117 – ET: 04/2019

Die FinVerw wendet die BFH-Rechtsprechung für ArbN unter weiteren Voraussetzungen an (BMF vom 04.04.2018, Rz 10, BStBl 2018 I, 592). Im Rahmen des LSt-Abzugs muss der ArbG für jeden Monat eine schriftliche Erklärung des ArbN darüber, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) das Kfz für die Wege zur Arbeit benutzt wurde, zum > Lohnkonto nehmen; die bloße Angabe der Tage ist nicht ausreichend. Der ArbG hat aufgrund der Erklärungen den Lohnsteuerabzug durchzuführen, sofern die betroffenen Mitarbeiter nicht erkennbar unrichtige Angaben machen. Ermittlungspflichten des ArbG ergeben sich hierdurch nicht. Bei der Berechnung der geldwerten Vorteile ist eine jahresbezogene Begrenzung auf 180 Fahrten vorzunehmen (dann ist der Wert der regulären 0,03-%-Regelung erreicht). Eine monatliche Begrenzung auf 15 Fahrten ist ausgeschlossen. Die Anwendung der 0,03-%-Regelung oder der Einzelbewertung muss für jedes Kalenderjahr einheitlich für alle dem ArbN überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge festgelegt werden. Die Methode darf während des Kalenderjahres nicht gewechselt werden.

 

Beispiel 1:

ArbN kann ein vom ArbG überlassenes betriebliches Kraftfahrzeug (Mittelklasse) auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen.

Dem ArbG liegen datumsgenaue Erklärungen des ArbN über Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für die Monate Januar bis Juni an jeweils 14 Tagen, für die Monate Juli bis November an jeweils 19 Tagen vor. Für den Monat Dezember liegt ArbG eine datumsgenaue Erklärung des ArbN über Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an 4 Tagen vor.

In den Monaten Januar bis Juni hat der ArbG für Zwecke der Einzelbewertung jeweils 14 Tage zugrunde zu legen, in den Monaten Juli bis November jeweils 19 Tage.

Wegen der jahresbezogenen Begrenzung auf 180 Fahrten ist für Zwecke der Einzelbewertung im Dezember nur ein Tag anzusetzen (Anzahl der Fahrten von Januar bis November = 179).

Damit ergeben sich für die Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten des ArbN zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte je Kalendermonat folgende Prozentsätze:

 
Januar bis Juni:  0,028 % (14 Fahrten x 0,002 %)
Juli bis November:  0,038 % (19 Fahrten x 0,002 %)
Dezember:  0,002 % (1 ...

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