Rz. 35

Stand: EL 123 – ET: 08/2020

Bei glaubensverschiedenen Ehen gehört nur einer der > Ehegatten einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft an. Die KiSt wird idR nur nach der auf das Einkommen dieses Ehegatten entfallenden ESt bemessen (Individualbesteuerung; zB nach Maßgaben von § 7 Abs 2 KiStG NW, § 8 Abs 2 KiStG SN oder Art 9 Abs 2 Nr 2 KiStG BY). Deshalb bemisst sich die KiSt bei einer Einzelveranlagung (> Ehegattenbesteuerung Rz 35–44) nach der Steuerschuld des kist-pflichtigen Ehegatten. Bei einer Zusammenveranlagung (> Ehegattenbesteuerung Rz 25–34) wird zunächst die ESt ermittelt, die sich bei Anwendung der Grundtabelle auf die Summe der Einkünfte (§ 2 Abs 3 EStG; > Einkünfte Rz 3) eines jeden Ehegatten ergibt. BMG für die anteilige KiSt ist die ESt, die nach dem Verhältnis dieser Einkünfte auf das Kirchenmitglied entfällt.

 

Beispiel:

Die Eheleute A und B wohnen und arbeiten in Dortmund. Sie werden für 2020 zusammen veranlagt. A gehört keiner Kirche an; B ist röm-kath. Die Eheleute haben zwei Kinder. Der Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE; vgl zu diesem § 2 Abs 3 EStG sowie > Einkünfte Rz 3, > Einkommen Rz 1) beider Ehegatten ergibt zusammen 107 678 EUR. Die gemeinsame ESt beläuft sich bei Berücksichtigung von 1 400 EUR Sonderausgaben und von zwei Freibeträgen für Kinder von 7 812 EUR vor Anrechnung etwaiger Steuerabzugsbeträge auf 20 730 EUR.

Die gemeinsame ESt der beiden Ehegatten wird in folgender Weise aufgeteilt:

 
Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten 107 678 EUR 
davon Einkünfte der kist-pflichtigen Ehefrau ./. 26 368 EUR 
verbleibende Einkünfte des nicht umlagepflichtigen Ehemannes 81 310 EUR.

Bei einer Anwendung der Grundtabelle auf die beiderseitigen Einkünfte würden sich folgende Beträge ergeben:

 
  Ehemann Ehefrau
Einkünfte 81 310 EUR   26 368 EUR
darauf entfallende ESt 25 186 EUR   4 106 EUR
zusammen   29 292 EUR  

Der auf die kist-pflichtige Ehefrau entfallende Anteil errechnet sich wie folgt:

26 368 × 100

29 292 EUR

100 % abzüglich der sich aus der Berechnung ergebenden 90,02 % führen zu einem Anteil von rund 10 %.

Demnach entfallen von der gemeinsam veranlagten ESt auf die umlagepflichtige Ehefrau 10 % aus 29 292 EUR = 2 929 EUR. Das ist die gesuchte BMG für die KiSt. Daraus ergibt sich bei einem Umlagesatz von 9 % (für NW; > Rz 28) eine KiSt von 263,61 EUR.

 

Rz. 35/1

Stand: EL 123 – ET: 08/2020

Besondere Tarifvorschriften nach §§ 32b, 34, 34b und 34c EStG bleiben unberücksichtigt. Für Einkünfte aus KapVerm (> Rz 55 ff) gilt zB in BY: Die mit besonderem Steuersatz nach § 32d Abs 1 des EStG (> Abgeltungsteuer) ermittelte ESt wird dem Gläubiger der Kapitaleinkünfte zugerechnet; haben beide Ehegatten Kapitaleinkünfte, werden sie ihnen nach dem Verhältnis der Beteiligung zugerechnet (Art 9 Abs 1 Nr 2 KiStG BY).

 

Rz. 35/2

Stand: EL 123 – ET: 08/2020

§ 51a Abs 2 Satz 2 EStG ist bei der Ermittlung der Einkünfte eines jeden Ehegatten entsprechend anzuwenden (SenfFBN vom 08.07.2009, DB 2009, 2635). Dies gilt auch, wenn die Ehegatten unterschiedlich hohe Aufwendungen für SA und AgB gehabt haben. Die Stpfl können sich nicht darauf berufen, dass in einem anderen Bundesland die steuerliche Belastung geringer ist (BFH/NV 2000, 1243 = HFR 2000, 739).

 

Rz. 36

Stand: EL 123 – ET: 08/2020

Diese sog Individualbesteuerung ist verfassungsgemäß (BVerfG 44, 37 [55] vom 08.02.1977 – 1 BvR 329/71 usw, BStBl 1977 II, 451; BVerfG 44, 59 [68] vom 08.02.1977 – 1 BvL 7/71, NJW 1977, 1281 = HFR 1977, 306; BFH 183, 107 = BStBl 1997 II, 545 mwN). Diese Art der Besteuerung glaubensverschiedener Ehen rechtfertigt sich daraus, dass sich die Leistungsfähigkeit des Kirchenmitglieds aufgrund hoher Einkünfte des keiner erhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft zugehörenden Ehegatten anteilig gesteigert hat. Da nur auf die finanziellen Möglichkeiten des Kirchenmitglieds – die ihm für die private > Lebensführung zur Verfügung stehenden Mittel – abgestellt wird, bleibt unerheblich, dass derjenige Ehegatte, der selbst keiner Konfession angehört, aber mit einem Kirchenmitglied verheiratet ist, im Ergebnis indirekt an der KiSt-Last seines Ehegatten beteiligt wird. Dieser nicht kirchenangehörige Ehegatte ist durch die Festsetzung der KiSt gegen seinen kirchenangehörigen Ehegatten nicht beschwert (BFH/NV 1997, 311, VerfB gemäß §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG vom 07.03.1997 – 2 BvR 163/97). Diese Regelung ist verfassungsgemäß (zB BFH 177, 303 = BStBl 1995 II, 547; BVerfG 19, 268 [282] vom 14.12.1965 – 1 BvR 606/60 = BStBl 1966 I, 196; BVerfG vom 28.10.2010 – 2 BvR 816/10 usw, NJW 2011, 365 = HFR 2011, 98). Nicht verfassungsgemäß ist die Bemessung nach der Hälfte der zusammengerechneten ESt beider Ehegatten (BVerfG 19, 226 vom 14.12.1965 – 1 BvL 31/62, 1 BvL 32/62 = BStBl 1966 I, 192; OVG Lüneburg vom 19.10.2009 – 13 LA 182/08, NdsVBl 2010, 47). Verfassungsrechtlich ist es im Übrigen nicht geboten, beim kist-pflichtigen Ehegatten angefallene > Sonderausgaben (> Rz 70 ff) oder > Außergewöhnliche Belastungen bei der...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


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