Rz. 160

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Ein Elternteil erhält von Gesetzes wegen die verdoppelten Freibeträge für Kinder (> Rz 6), wenn er unbeschränkt steuerpflichtig ist und der andere Elternteil nicht (vgl § 32 Abs 6 Satz 3 Nr 1 EStG).

 

Rz. 161

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Elternpaar, das die Voraussetzungen des § 26 Abs 1 Satz 1 EStG (> Ehegattenbesteuerung Rz 1) nicht erfüllt, weil

die Ehegatten während des ganzen Kalenderjahres dauernd getrennt gelebt haben (> Dauernd getrennt lebende Ehegatten) oder geschieden waren oder
die Eltern während des ganzen Kalenderjahres nicht oder nicht miteinander verheiratet waren,

kann ein Elternteil bei seinem FA beantragen, dass der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag (vgl § 32 Abs 6 Satz 1 HS 1 EStG) auf ihn übertragen wird; die Übertragung führt seit dem VZ 2021 auch stets zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (vgl § 32 Abs 6 Satz 6 HS 2 EStG, > Rz 28). Zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf > Rz 166. Zu den Weisungen der FinVerw vgl BMF vom 28.06.2013, BStBl 2013 I, 845, ergänzt durch BMF vom 17.01.2014, BStBl 2014 I, 109.

 

Rz. 162

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Die für eine Übertragung des Kinderfreibetrags maßgebenden Voraussetzungen werden in § 32 Abs 6 Satz 6 EStG alternativ bestimmt. Eine einvernehmliche Übertragung gibt es nicht (> Rz 16/3). Ausgangsvoraussetzung ist (vgl § 32 Abs 6 Satz 6ff EStG), dass der die Übertragung beantragende Elternteil (Stpfl) seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind selbst nachkommt (> Rz 163, 164) und kein Unterhaltsvorschuss gezahlt wird (> Rz 165).

 

Rz. 163

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Alternative 1: Der andere Elternteil kommt seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nicht nach (vgl § 32 Abs 6 Sätze 6 und 7 EStG).
 

Rz. 163/1

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Das FA darf den Kinderfreibetrag selbst bei unwiderruflicher Zustimmung des anderen (familienfernen) Elternteils nicht auf den Stpfl/Elternteil übertragen, wenn der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht nachkommt. Mit dem Kinderfreibetrag werden andere, davon abhängige > Kinderadditive auf den das Kind im Wesentlichen unterhaltenden Elternteil übertragen. Dies ist uE konsequent, da der Kinderfreibetrag ausschließlich das steuerliche Existenzminimum des Kindes freistellen soll, soweit es von den Eltern oder einem Elternteil getragen wird. Unmaßgeblich ist insoweit, ob das Kind minderjährig ist und wo es mit > Wohnsitz gemeldet ist.

 

Rz. 163/2

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Ein Elternteil kommt seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nicht nach, wenn er sie zu weniger als 75 % erfüllt (> R 32.13 Abs 2 Satz 1 EStR). Ebenso ist es, wenn ein Elternteil den anderen zivilrechtlich wirksam unentgeltlich von der Unterhaltsverpflichtung freistellt (EFG 2013, 1917).

Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind in seiner Obhut hat, erfüllt seine Unterhaltspflicht idR durch die Pflege und Erziehung des Kindes (§ 1606 Abs 3 BGB; > R 32.13 Abs 2 Satz 2 EStR). Gegenüber einem unverheirateten Kind kann der Elternteil, bei dem es wohnt, bestimmen, in welcher Form er Unterhalt gewährt (§ 1612 Abs 2 Satz 1 BGB). Er kann seiner Unterhaltspflicht somit auch durch Gewährung von freier Kost und Unterkunft nachkommen; bei einem volljährigen Kind reichen aber Betreuungs- und Versorgungsleistungen zur Erfüllung der Unterhaltspflicht nicht aus (EFG 1993, 790; 1995, 216). Der andere (familienferne) Elternteil ist – unabhängig vom Alter des Kindes – grundsätzlich barunterhaltspflichtig.

 

Rz. 163/3

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Die Höhe des von einem Elternteil zu leistenden Barunterhalts richtet sich nicht nach dem Unterhaltsbedarf des Kindes, sondern nach der konkret bestehenden Unterhaltspflicht des jeweiligen Elternteils. Unmaßgeblich ist, ob deren Höhe im Verhältnis zum Unterhaltsbedarf des Kindes oder den Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils gering ist (BFH 184, 288 = BStBl 1998 II, 433; BFH 184, 293 = BStBl 1998 II, 435). Der als Unterhalt zu leistende Betrag kann sich aus einer gerichtlichen Entscheidung, einer Verpflichtungserklärung, einem Vergleich oder einem Vertrag ergeben. Nur soweit der Umfang des Unterhalts nicht festgelegt ist, wird die Höhe des Unterhalts vom FA geschätzt, ggf zB anhand der sog Düsseldorfer Tabelle (BFH/NV 1998, 437). Der durch Urteil eines Kreisgerichts der DDR festgesetzte Unterhaltsbetrag ist weiterhin maßgeblich, solange keine Änderung nach § 323 ZPO erstritten oder der Betrag aufgrund eines Antrags nach § 1612a BGB angepasst worden ist (BFH 184, 293 aaO). Wird nach Ablauf des VZ die Unterhaltsverpflichtung auch für die Vergangenheit erhöht, ist der erhöhte Unterhaltsbetrag zugrunde zu legen (EFG 2001, 1049). Die abweichende Auffassung, dass nicht auf die konkrete Unterhaltspflicht, sondern darauf abzustellen ist, ob der geleistete Unterhalt zusammen mit dem hälftigen > Kindergeld den M...

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