Rz. 15

Stand: EL 120 – ET: 12/2019

Die InsO unterscheidet zwischen Insolvenzforderungen (vor Eröffnung des Verfahrens begründete Vermögensansprüche der InsGläubiger – vgl § 38 InsO; > Rz 16), Forderungen nachrangiger InsGläubiger (§ 39 InsO), zB ab Verfahrenseröffnung anfallende Säumniszuschläge oder Zinsen auf Insolvenzforderungen, und Masseverbindlichkeiten (§§ 5355 InsO; > Rz 19). Die Kosten des InsVerfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten sind aus der Insolvenzmasse vorweg zu befriedigen (§ 53 InsO).

 

Rz. 16

Stand: EL 120 – ET: 12/2019

Insolvenzforderungen kann das FA nach Verfahrenseröffnung nur noch nach der InsO geltend machen (§ 87 InsO; BFH 201, 392 = BStBl 2003 II, 630), auch wenn das Verfahren in einem anderen EU-Mitgliedstaat eröffnet worden ist (EFG 2010, 1102). Die InsO geht dem Steuerrecht vor (§ 251 Abs 2 AO). Das FA muss die zu den InsForderungen zählenden (Lohn-)Steuerforderungen innerhalb der im Eröffnungsbeschluss genannten Frist schriftlich beim InsVerw anmelden (§ 174 InsO), und zwar in der Form eines ‚informatorischen’ Steuerbescheids ohne Leistungsgebot und Rechtsbehelfsbelehrung, aus dem sich die Berechnung der Steuer ergibt (BFH 235, 5 = BStBl 2012 II, 256; BFH 235, 137 = BStBl 2012 II, 298). Steuerfestsetzungen sind somit nicht mehr zulässig. Das gilt auch für eine Steuerfestsetzung kraft Gesetzes, wie sie § 168 AO für die angemeldete LSt vorsieht. Entsprechendes gilt für Haftungsbescheide. Weil das FA kein Leistungsgebot mehr verfügen darf, bedarf es auch keiner > Aussetzung der Vollziehung (vgl BFH 114, 164 = BStBl 1975 II, 208; EFG 1982, 503 = ZIP 1983, 96). Die BMG kann das FA erforderlichenfalls im Wege einer > Schätzung ermitteln (§ 162 AO). Zur Wahrung des > Steuergeheimnis vgl OFD Hannover vom 07.09.1998, DB 1998, 2245. Zur Bekanntgabe eines > Verwaltungsakt in Insolvenzfällen außerhalb des Verbraucherinsolvenzverfahrens vgl im Einzelnen AEAO zu § 251 Nr 4.3, 4.4, 6.1, 13.2 und 15.1 gemäß Verweis in AEAO zu § 122 Nr 2.9.

 

Rz. 17

Stand: EL 120 – ET: 12/2019

Wird die angemeldete Forderung im Prüfungstermin nicht bestritten, gilt sie als festgestellt (§ 178 Abs 1 Satz 1 InsO); diese Feststellung wirkt gegenüber dem InsVerw und allen Gläubigern wie eine Steuerfestsetzung. Die widerspruchslose Eintragung einer Steuerforderung in die Insolvenztabelle wirkt wie ein rechtskräftiges Urteil; sie kann nach den Änderungsvorschriften der AO nicht mehr geändert werden (BFH/NV 2012, 711).

 

Rz. 17/1

Stand: EL 120 – ET: 12/2019

Wird eine zur Tabelle angemeldete Steuerforderung oder eine Haftungsforderung des FA bestritten, die noch nicht durch einen bekannt gegebenen Steuer- bzw Haftungsbescheid oder aufgrund einer Steueranmeldung (§ 168 AO) festgesetzt worden ist, stellt das FA das Bestehen der Forderung durch > Verwaltungsakt fest (Feststellungsbescheid – § 251 Abs 3 AO). Gegen diesen Bescheid ist der Einspruch gegeben. Für ein sich anschließendes gerichtliches Rechtsbehelfsverfahren ist das FG zuständig (> Rechtsbehelfe). War die bestrittene Forderung bereits vor Eröffnung des InsVerfahrens bestandskräftig festgesetzt worden, wirkt die Bestandskraft auch gegen den Widersprechenden.

 

Rz. 17/2

Stand: EL 120 – ET: 12/2019

Wegen rückständiger Masseverbindlichkeiten kann hingegen grundsätzlich in die Insolvenzmasse vollstreckt werden, solange nicht die Masseunzulänglichkeit angezeigt ist (vgl § 210 InsO). Als Masseverbindlichkeiten entstehende Steueransprüche (> Rz 19) macht das FA durch Steuer- und Haftungsbescheide geltend, deren Adressat der InsVerw ist (vgl BFH 174, 290 = BB 1994, 2335; BFH 235, 5 = BStBl 2012 II, 256).

 

Rz. 18

Stand: EL 120 – ET: 12/2019

Es ist deshalb von erheblicher Bedeutung, welche Teile der Steuerabzugsbeträge (LSt/SolZ/KiSt) zu den Masseverbindlichkeiten (> Rz 19) und welche zu den Insolvenzforderungen (> Rz 22) zählen. Für die Abgrenzung maßgebend ist Folgendes: Eine Steuerforderung ist – unabhängig von der steuerrechtlichen Entstehung – stets dann begründet, wenn bei Eröffnung des InsVerfahrens bereits ein "Grund" für die spätere Entstehung des Anspruchs gelegt ist (vgl BFH 117, 176 = BStBl 1976 II, 77; vgl T/K/Loose, § 251 AO Rz 54ff, 70, 79). Sie gilt im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung als fällig (§ 41 Abs 1 InsO). Weil Insolvenzrecht das Steuerrecht verdrängt (§ 251 Abs 2 AO), kommt es also nicht darauf an, wann die LSt nach Steuerrecht entsteht oder fällig ist (> Entstehung und Fälligkeit der Lohnsteuer).

 

Beispiel 1:

Die Umsatzsteuer entsteht zwar erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind (§ 13 Abs 1 Nr 1 Buchst a UStG). Dagegen wird sie bereits durch Erbringung der Leistung begründet.

 

Beispiel 2:

Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der > Arbeitslohn dem ArbN zufließt (§ 38 Abs 2 Satz 2 EStG; > Zufluss von Arbeitslohn). Sie ist regelmäßig auch in diesem Zeitpunkt ‚begründet’, unabhängig davon, für welchen Zeitraum der Lohn gezahlt wird.

 

Rz. 18/1

Stand: EL 120 – ET: 12/2019

Stellungnahme: Während der Lohnan...

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