Rz. 1

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Das Recht des Einzelnen, über die Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen, hat – auch wenn es im GG nicht ausdrücklich erwähnt wird – als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Menschenwürde Verfassungsrang.

Das wegweisende Urteil BVerfG 65, 1 vom 15.12.1983 – 1 BvR 209/83, 1 BvR 269/83, 1 BvR 362/83, 1 BvR 420/83, 1 BvR 440/83, 1 BvR 484/83 – ‚Volkszählung, Mikrozensus’ begründet dies in der dortigen Rz 149 unter C II 1 a zutreffend wie folgt: "Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Art 2 Abs 1 in Verbindung mit Art 1 Abs 1 GG umfaßt".

Angesichts der heutzutage immensen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Relevanz von Datenbeständen (‚Big Data’; Digitalisierung) und der stetig zunehmenden Gefahren des Missbrauchs erlagt der Schutz der elementaren Persönlichkeitsrechte immer stärkere Bedeutung. Dies lenkt die Aufmerksamkeit auch auf die Informationsrechte der FinVerw. Vor allem durch Einführung der > Identifikationsnummer und im Zusammenhang damit stehender Mitteilungspflichten (ua elektronische Übermittlung der > Lohnsteuerbescheinigung Rz 1, > Rentenbezugsmitteilungen, Mitteilungen zur > Private Altersvorsorge und Mitteilungen zur Basisversorgung > Krankenversicherung Rz 37–44) sowie allgemein im Rahmen der > Elektronische Kommunikation wird der Kenntnisstand der FinVerw über die persönlichen Belange des Stpfl stetig größer.

 

Rz. 2

Stand: EL 119 – ET: 10/2019

Innerhalb der FinVerw werden sensible Daten durch § 30ff AO geschützt (> Steuergeheimnis; dort auch zu dessen Durchbrechungen in den Fällen der § 30 Abs 4 Nr 4 und 5 AO; §§ 3131c AO; § 4 Abs 5 Nr 10 EStG). Sind Dritte wie zB ArbG oder Versicherungen am Datenaustausch beteiligt, sind besondere Regelungen erforderlich. Nicht nur beim Abruf der persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale durch den ArbG beim BZSt hat der Gesetzgeber ungeachtet der in einem Massenverfahren unvermeidbaren Generalisierung darauf Bedacht genommen, dem einzelnen ArbN die Bestimmung über die Verwendung seiner Daten vorzubehalten. Vgl dazu § 39e Abs 6 Satz 6 EStG; > Nichtverfügbarkeit der ELStAM. Auch beim Abzug von SA wird es dem Stpfl in § 10 Abs 2 Satz 2 und Abs 2a EStG ermöglicht, die Bekanntgabe seiner personenbezogenen Daten durch Nichterteilung seiner Einwilligung zur Datenübermittlung zu verhindern (> Sonderausgaben Rz 41). In anderen Fällen kann die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung/Zulage davon abhängen, dass der Stpfl einen Antrag stellt und darin personenbezogene Daten mitteilt.

 

Rz. 3

Stand: EL 119 – ET: 10/2019

Die Nachteile, die einem Stpfl zugemutet werden müssen, wenn er seine Daten nicht preisgibt (zB unterjährige Besteuerung nach Steuerklasse VI gemäß § 39e Abs 6 Satz 8 EStG; > Nichtverfügbarkeit der ELStAM Rz 1), und die Vorteile, die der Allgemeinheit aus einem funktionstüchtigen sowie effizienten Steuerverfahren erwachsen, hat der Gesetzgeber sorgsam und sachgerecht abzuwägen. Er darf uE die Interessen des Einzelnen partiell zurückstellen, muss aber ua darauf achten, dass dem Stpfl dadurch nicht unverhältnismäßige oder etwaig gar existenzbedrohende Nachteile entstehen. Die Nutzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung muss gewährleistet sein und darf durch das Regelungsgefüge nicht verbaut oder – durch entsprechend hohe Hürden – unzulässig erschwert oder vereitelt werden.

Die mit der Zuteilung der ID-Nummer verbundene Datenspeicherung ist nach Ansicht des BFH verfassungsgemäß (BFH 235, 151 = BStBl 2012 II, 168); ausführlich dazu > Identifikationsnummer Rz 4.

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