1. Grundsätzliches

 

Rz. 239

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Der ArbG kann gegen den Haftungsbescheid und das > Leistungsgebot (§ 218 Abs 1 AO) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids Einspruch einlegen (§ 347 Abs 1 Satz 1 Nr 1, § 355 AO). Gegen eine ablehnende Einspruchsentscheidung ist die Anfechtungsklage (§ 40 FGO) gegeben (> Rechtsbehelfe Rz 32 ff [40]). Ebenso können ArbN im Haftungsverfahren ihres ArbG > Rechtsbehelfe einlegen, soweit sie persönlich für die nachgeforderte LSt in Anspruch genommen werden können (BFH 109, 502 = BStBl 1973 II, 780 mwN; EFG 2009, 1904; zu weiteren Einzelheiten > Rz 243). Zu Rechtsbehelfen gegen eine nachträgliche Anmeldung der LSt oder ein Steueranerkenntnis iSd § 42d Abs 4 EStGRz 228. Ein durch die Eröffnung des > Insolvenzverfahren über das Vermögen des Haftungsschuldners unterbrochener Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids kann sowohl vom > Insolvenzverwalter als auch vom FA aufgenommen werden (BFH 212, 11 = BStBl 2006 II, 573).

2. Rechtsbehelfe des Arbeitgebers

 

Rz. 240

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Der ArbG kann im Rechtsbehelfsverfahren (> Rechtsbehelfe) einwenden, er hafte nicht, weil kein Dienstverhältnis und damit kein stpfl > Arbeitslohn gegeben sei, oder der LSt-Abzug sei zutreffend unterlassen worden, weil der Arbeitslohn etwa nach §§ 3 und 3b EStG steuerfrei auszuzahlen oder seine Inanspruchnahme als Haftender ermessensfehlerhaft sei. Ermäßigungsgründe, die sich nicht aus einem der elektronischen > Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) selbst ergeben und in der Person des ArbN liegen (zB der ArbN hätte im Falle einer Veranlagung auf Antrag bestimmte Steuerermäßigungen geltend machen können), werden von der FinVerw in Übereinstimmung mit dem BFH grundsätzlich nicht berücksichtigt (im Einzelnen > Rz 15 ff zur Akzessorietät von Haftung und Steuerschuld). Als Ausnahme kann der ArbG aber einwenden, er und sein ArbN hätten ohne grobe Verletzung der steuerlichen Pflichten über die Zugehörigkeit von Bezügen zum stpfl > Arbeitslohn geirrt und der ArbN habe aufgrund dieses entschuldbaren Rechtsirrtums keine > Werbungskosten geltend gemacht (BFH 66, 217 = BStBl 1958 III, 84; BFH 94, 336 = BStBl 1969 II, 173; BFH 103, 472 = BStBl 1972 II, 137; vgl außerdem > Rz 119).

 

Rz. 241

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Im Haftungsverfahren werden Steuerermäßigungen, die nur bei derVeranlagung von Arbeitnehmern gewährt werden, nachträglich nicht berücksichtigt. Ist ein solcher Fall gegeben, darf sich das FA deshalb idR nicht an den ArbG als Haftenden halten, sondern muss die nicht versteuerten Teile des Arbeitslohns in die Veranlagung des ArbN einbeziehen; dabei kann dann die ihm zustehende Steuerermäßigung berücksichtigt werden (vgl BFH 77, 412 = BStBl 1963 III, 470).

 

Rz. 242

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Zu Mängeln in der Begründung der Ermessensausübung > Rz 103, 104. Zur Einsichtnahme des Haftungsschuldners in die Steuerakten des Steuerschuldners vgl BFH 107, 253 = BStBl 1973 II, 119.

3. Rechtsbehelfe des Arbeitnehmers

 

Rz. 243

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Legt der ArbN gegen einen Haftungsbescheid, der an den ArbG gerichtet ist, Einspruch ein, darf er nur solche Einwendungen erheben, die auch der ArbG vorbringen könnte (> Rz 240). Wird der ArbN dagegen selbst durch Nachforderungsbescheid in Anspruch genommen, so kann er – auch nach Ablauf der Frist für eine Antragsveranlagung (zu dieser > Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 108 ff) – bisher nicht geltend gemachte Ermäßigungsgründe nachschieben; es darf nur zu keiner Steuererstattung kommen (BFH 108, 338 = BStBl 1973 II, 423; > Rz 77). Er kann auch einwenden, seine Lohneinkünfte lägen unter dem besteuerbaren Grenzbetrag (BFH 114, 342 = BStBl 1975 II, 297; > Existenzminimum; > Grundfreibetrag).

Der ArbN kann den Haftungsbescheid aber nur anfechten, wenn und soweit der auf ihn zu überwälzende Haftungsbetrag nicht mehr durch die an das FA zu übermittelnde LSt-Bescheinigung Eingang in sein Veranlagungsverfahren finden kann und nur so das Grundrecht auf Rechtsschutz gewährleistet wird. Solange die nacherhobene und auf den ArbN abgewälzte Steuer noch in die > Lohnsteuerbescheinigung aufgenommen und im Rahmen einer Veranlagung ausgewertet werden kann, kann der ArbN im Rechtsbehelfsverfahren gegen den persönlichen > Steuerbescheid seine Einwendungen vortragen (Giloy BB 1993, 1410).

 

Rz. 244

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Führt nur der ArbN ein Rechtsbehelfsverfahren gegen einen seinen ArbG betreffenden Haftungsbescheid, so ist der ArbG notwendig beizuladen (§ 360 Abs 3 AO; § 60 Abs 3 FGO; BFH 109, 502 = BStBl 1973 II, 780; BFH 129, 310 = BStBl 1980 II, 210; BFH/NV 2015, 1600). Legt umgekehrt nur der ArbG Rechtsbehelf ein, muss der ArbN nicht beigeladen werden (BFH 129, 310, aaO).

 

Rz. 245

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Stellungnahme: Gegen BFH 109, 502 = BStBl 1973 II, 780 verneinen Groh, DStR 1969, 231; Fichtelmann, FR 1974, 291; Schmidt/Krüger, § 42d EStG Rz 59, mit beachtlichen Gründen ein Recht des ArbN zur Anfechtung des gegen den ArbG gerichteten Haftungsbescheids. Auch uE widerspricht es der Systematik des LSt-Rechts, di...

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