I. Form der Inanspruchnahme

1. Zuständiges Finanzamt

 

Rz. 187

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Hat das FA Steuerabzüge vom > Arbeitslohn wegen des fehlerhaften LSt-Abzugs nachzuerheben, kann es seine Nachforderung auf unterschiedlichen Verfahrenswegen verwirklichen, die entweder alternativ zur Verfügung stehen oder abhängig von unterschiedlichen Voraussetzungen sind. Je nach Anlass und Art der nicht angemeldeten oder nicht abgeführten Steuerabzüge kommt Folgendes in Betracht:

 

Rz. 188

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

 

Rz. 189

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Für den Erlass eines Haftungsbescheids oder eines an den ArbN gerichteten Nachforderungsbescheids auf der Grundlage des § 42d Abs 3 EStG und der §§ 69ff AO ist das > Betriebsstätten-Finanzamt des zum LSt-Abzug Verpflichteten zuständig (§ 42d Abs 3 Satz 2 EStG iVm § 41 Abs 2 EStG). Bei Inanspruchnahme des ArbN als Steuerschuldner wird der Nachforderungsbescheid im Allgemeinen von dem für seine Veranlagung zuständigen > Wohnsitz-Finanzamt erlassen. Dies gilt zumindest für abgelaufene Kalenderjahre, weil sich dort die für die Besteuerung notwendigen Unterlagen befinden und hier uU Zusammenhänge mit noch offenen oder bereits durchgeführten Veranlagungen zu beachten sind (> Rz 71). Jedenfalls ist das > Betriebsstätten-Finanzamt zur Nachforderung von LSt nicht mehr zuständig, wenn wegen der Nachforderung ein ESt-Bescheid geändert werden muss (BFH 167, 131 = BStBl 1992 II, 565). In den Fällen einer Anzeige des ArbG nach § 41c Abs 4 EStG (> Rz 60) ist dagegen das > Betriebsstätten-Finanzamt dann zuständig, wenn die zuwenig erhobene LSt bereits im Laufe des Kalenderjahres nachgefordert werden soll (> R 41c.3 Abs 1 LStR). Für LSt-Nachforderungen gegenüber beschränkt steuerpflichtigen ArbN ist das > Betriebsstätten-Finanzamt des ArbG zuständig (BFH 161, 117 = BStBl 1992 II, 43; zu weiteren Einzelheiten vgl § 50 Abs 2 Satz 5ff EStG) sowie > Unbeschränkte Steuerpflicht Rz 40 ff. Im Übrigen hat die FinVerw die Möglichkeit, eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO zu treffen. Erlässt ein örtlich nicht zuständiges FA einen auf einer Ermessensentscheidung (> Ermessen) beruhenden Haftungsbescheid, kann ebenjener allein wegen dieses Mangels aufgehoben werden (EFG 2001, 1098).

2. Haftungsbescheid

a) Allgemeines

 

Rz. 190

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Grundlage für die Verwirklichung des Haftungsanspruchs ist (außer in den Fällen des § 42d Abs 4 EStG; > Rz 227 ff) ein schriftlicher Haftungsbescheid (§ 191 Abs 1, § 218 Abs 1 AO). Mit diesem Bescheid werden Ansprüche gegen den Haftungsschuldner festgesetzt, die sich daraus ergeben, dass er den Haftungstatbestand erfüllt (> Rz 33 ff, > Rz 150, 155 ff). Unterschiedliche Sachverhalte führen zu Haftungsansprüchen, die nicht voneinander abhängen (vgl BFH 128, 158 = BStBl 1979 II, 655; BFH 147, 323 = BStBl 1986 II, 921). Der Haftungsbescheid ist sachverhaltsbezogen und berichtigt deshalb aus dem Komplex der > Lohnsteuer-Anmeldung Rz 2 nur einen bestimmten Sachverhalt (BFH/NV 2009, 904 = HFR 2009, 674). Diese unterschiedlichen Haftungsansprüche könnte das FA an sich auch in Einzelhaftungsbescheiden festsetzen. In der Praxis werden sie äußerlich zu einem (Sammel-) Haftungsbescheid zusammengefasst, ohne dass sich an der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Haftungsansprüche etwas ändert (vgl Buciek, BB 1987, 800; BFH/NV 2013, 1540). Zur Anfechtung eines solchen Sammelhaftungsbescheids > Rz 215. Ein weiterer Haftungsbescheid, der ergänzend zu einem bestandskräftig gewordenen Haftungsbescheid zum selben Sachverhalt und zur selben Steuerart ergeht, ist rechtswidrig; der zuerst ergangene Haftungsbescheid kann jedoch nach den Vorschriften der §§ 129, 130 und 131 AO korrigiert werden (BFH 205, 539 = BStBl 2005 II, 3). Dagegen entfaltet ein bestandskräftiger Haftungsbescheid keine Sperrwirkung für den Erlass eines weiteren Haftungsbescheids für einen demselben Kalenderjahr zuzuordnenden anderen Sachverhalt (BFH 209, 473 = BStBl 2006 II, 530; BFH 232, 313 = BStBl 2011 II, 534). Ergeht ein Haftungsbescheid aufgrund einer > Außenprüfun...

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