a) Nicht einbehaltene Lohnsteuer

 

Rz. 80

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Der ArbN kann im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft mit dem ArbG (> Rz 95 ff) in Anspruch genommen werden, wenn der ArbG die LSt nicht vorschriftsmäßig vom > Arbeitslohn einbehalten hat (§ 42d Abs 3 Satz 4 Nr 1 EStG). Die Vorschrift knüpft offensichtlich an § 42d Abs 1 Nr 1 EStG an. Deshalb gelten die Erläuterungen zur vorschriftsmäßigen Einbehaltung der LSt (> Rz 33 ff) entsprechend. So ist zB die LSt vorschriftsmäßig einbehalten, wenn der ArbG einen sonstigen Bezug (> Sonstige Bezüge) gemäß § 39b Abs 3 EStG richtig versteuert hat, sich aber nach dem LSt-Jahrestarif wegen unerwarteter Steigerung des > Jahresarbeitslohn eine höhere LSt ergibt (> Rz 34 – Beispiel). Ebenso wenn der ArbG die LSt zunächst pauschaliert, weil er sie im Innenverhältnis zum ArbN übernehmen wollte (> Rz 128) oder wenn er beim LSt-Abzug einer Billigkeitsmaßnahme der FinVerw (dazu allgemein > Billigkeit) folgt, die der BFH später verwirft (> Rz 111). Andererseits ist die LSt nicht vorschriftsmäßig einbehalten worden, wenn die Haftung des ArbG lediglich unbillig ist (> Rz 105 ff), im Übrigen aber die Voraussetzungen von § 42d Abs 1 Nr 1 EStG erfüllt sind. Dann kann das FA den ArbN in Anspruch nehmen. Zu Besonderheiten bei Zahlung von > NettolohnRz 90 ff, > Rz 137.

 

Rz. 81

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Der ArbN kann ferner in Anspruch genommen werden, soweit der ArbG ihm im betrieblichen LStJA eine zu hohe LSt erstattet (BFH 115, 49 = BStBl 1975 II, 420). § 42d Abs 3 Satz 4 Nr 1 EStG stellt zwar auf das "Einbehalten" der LSt ab. Da der ArbG aber mit dem LStJA den LSt-Abzug abschließt, ist die dabei zu viel erstattete LSt im Ergebnis nicht richtig einbehalten (> Rz 50).

 

Rz. 82

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Der ArbN darf nach § 42d Abs 3 Satz 4 Nr 1 EStG nicht herangezogen werden, soweit bei der Veranlagung aufgrund fehlerhafter Angaben in der LSt-Bescheinigung eine zu geringe ESt festgesetzt wurde (> Rz 51 f), denn die LSt wurde vorschriftsmäßig einbehalten. Eine mögliche Änderung der ESt-Veranlagung (> Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten) bleibt davon unberührt (> Rz 72 ff).

b) Keine Anzeige bei Nichtanmeldung

 

Rz. 83

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Die Inanspruchnahme des ArbN ist grundsätzlich ausgeschlossen, soweit der ArbG LSt zwar einbehalten, aber nicht angemeldet und dementsprechend auch nicht abgeführt hat. Hiervon abweichend kann das FA den ArbN in Anspruch nehmen, wenn dieser positiv weiß (fahrlässige Unkenntnis genügt uE nicht), dass der ArbG die einbehaltene LSt nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat und er das dem > Betriebsstätten-Finanzamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat (§ 42d Abs 3 Satz 4 Nr 2 EStG).

 

Beispiel:

Der mit der Anmeldung der LSt betraute Lohnbuchhalter meldet die auf ihn entfallenden Steuerabzugsbeträge nicht an, sondern überweist die Beträge auf sein privates Konto. Ebenso, wenn der Geschäftsführer einer GmbH, der die LSt-Anmeldung monatlich unterschreibt oder elektronisch an das FA übermittelt, weiß, dass seine eigenen Steuerabzugsbeträge darin nicht enthalten sind.

 

Rz. 84

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Wurde keine LSt einbehalten, befreit auch eine Anzeige über die Nichtanmeldung den ArbN nicht (EFG 1984, 506). Hingegen führt die Kenntnis des ArbN von der Nichtabführung der korrekt angemeldeten Beträge – auch ohne Anzeige gegenüber dem FA – nicht zur Inanspruchnahme, da dem FA hier der Sachverhalt durch die LSt-Anmeldung bekannt ist (vgl dazu > Rz 37). Die Kenntnis des ArbN von der Nichtabführung der von seinem > Arbeitslohn einbehaltenen Steuer ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 42d Abs 3 Satz 4 Nr 2 EStG selbst dann unschädlich, wenn der ArbG überhaupt keine LSt-Anmeldung abgegeben hat und der ArbN hiervon nichts weiß (BFH 145, 198 = BStBl 1986 II, 186).

 

Rz. 85

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Bei § 42d Abs 3 Satz 4 Nr 2 EStG handelt es sich – ebenso wie der Sachverhalt selbst – systematisch um einen Ausnahmefall. Der ArbN hat hier auch nach Einbehaltung der LSt zusätzlich für ihre Abführung einzustehen. Zwar erlischt die LSt-Schuld des ArbN grundsätzlich mit ihrer Erfüllung durch den LSt-Abzug und wird zur Anmeldungssteuerschuld des ArbG (> Abführung der Lohnsteuer Rz 5 ff, > Lohnsteuer-Anmeldung Rz 15 ff, 26 ff). Dabei ist aber unterstellt, dass der ArbN – wie regelmäßig – damit rechnen kann, dass die ihm einbehaltene LSt demnächst ordnungsgemäß angemeldet wird. Das ist aber anders, wenn der ArbN – wie etwa der ungetreue Lohnbuchhalter (> Rz 83 – Beispiel) – weiß, dass die LSt nicht angemeldet wird. Für diesen Fall bestimmt § 42d Abs 3 Satz 4 Nr 2 EStG die Ausnahme, dass die LSt-Schuld – und damit die Gesamtschuldnerschaft – fortbesteht als sei der Steuerabzug noch nicht vorgenommen worden. Der ArbN muss uE dafür folgerichtig als Steuerschuldner einstehen (glA Schmidt/Krüger, § 42d EStG Rz 19; Völlmeke, DB 1994, 1746 [1748]; vgl ferner die Nachweise bei K/S/M/Hummel, § 42d EStG Rdnr D 14 sowie Heuermann, DB 1994, 2411). Die nicht abgeführte LSt wird übrigens in diesem Fall nicht bei der Veranlagung angerechnet (BFH/NV 2...

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