Rz. 1

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Arbeitsrechtlich ist "Entsendung" die Weisung des ArbG an den ArbN, im Rahmen des Arbeitsvertrags oder einer ArbN-Überlassung vorübergehend im Ausland und/oder in einem fremden Unternehmen tätig zu werden.

Im Recht der > Europäische Union ist die Entsendung von ArbN durch die sog Entsende-RL (RL 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen vom 16.12.1996, ABlEU L 18/1 vom 21.01.1997, geändert durch RL (EU) 2018/957 vom 28.06.2018, ABlEU L 173/16 vom 09.07.2018) geregelt, die in Deutschland durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) vom 20.04.2009 (BGBl 2009 I, 799), zuletzt geändert durch Art 11 des Gesetzes vom 20.07.2022 (BGBl 2022 I, 1174), umgesetzt worden ist. Die RL umfasst die grenzüberschreitende Entsendung von ArbN zur Erbringung von Dienstleistungen entweder als Ausführung eines Auftrags oder in Form der Zurverfügungstellung von ArbN im Rahmen eines öffentlichen oder privaten Auftrags. Durch die Entsende-RL bzw das AEntG sollen angemessene Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte ArbN sowie faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Regelungen zur Besteuerung enthalten diese Vorschriften nicht.

 

Rz. 1/1

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Im ESt/LSt-Recht wird der Begriff der Entsendung von ArbN abweichend von der Entsende-RL verwendet. In den Verwaltungsgrundsätzen – Arbeitnehmerentsendung (BMF vom 09.11.2001, BStBl 2001 I, 796) zur Abgrenzung der Einkünfte zwischen international > Verbundene Unternehmen, definiert das BMF den Begriff wie folgt: Eine ArbN-Entsendung iSd Verwaltungsgrundsätze liegt dann vor, wenn ein ArbN mit seinem bisherigen ArbG (entsendendes Unternehmen) vereinbart, für eine befristete Zeit bei einem verbundenen Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) tätig zu werden und das aufnehmende Unternehmen entweder eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem ArbN abschließt oder als > Wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist. Keine ArbN-Entsendung iSd Verwaltungsgrundsätze liegt demnach vor, wenn ein ArbN zur Erfüllung einer Dienst- oder Werkleistungsverpflichtung des entsendenden Unternehmens bei einem anderen verbundenen Unternehmen tätig wird und sein Arbeitslohn Preisbestandteil der Dienst- bzw Werkleistung ist.

 

Beispiel 1:

Das Unternehmen A in Deutschland erwirbt von einem französischen Unternehmen, das zum selben Konzern gehört, eine Fertigungsstraße, die in Frankreich gefertigt und anschließend in Deutschland montiert wird. Die Anlage wird von französischen ArbN montiert, die sich dafür 7 Monate im Unternehmen A aufhalten. Das Unternehmen zahlt für die fertig montierte Fertigungsstraße einen Kaufpreis, vergleichbar den Kaufpreisen, die auch von fremden Dritten gezahlt werden.

Die französischen ArbN sind mehr als 183 Tage in Deutschland tätig, sodass der Arbeitslohn nach dem DBA mit > Frankreich Rz 4 für diese Tätigkeiten in Deutschland besteuert werden kann. Das Unternehmen A ist jedoch kein > Inländischer Arbeitgeber, weil die ArbN nur zur Erfüllung einer Werkleistung entsandt worden sind. Es liegt zwar eine Entsendung iSd Entsende-RL, nicht jedoch iSd ESt/LSt-Rechts vor. Da auch das französische Unternehmen nicht zum Lohnsteuer-Abzug verpflichtet ist, kann die Steuer nur im Wege einer > Veranlagung von Arbeitnehmern erhoben werden.

 

Rz. 1/2

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Zur Besteuerung eines ArbN, der vom > Inland in das Ausland entsandt wird, > Inländische Arbeitnehmer im Ausland und > Auslandstätigkeitserlass. Zu den Auswirkungen bei der > Private Altersvorsorge Rz 140 ff. Vgl auch > Zukunftssicherung von Arbeitnehmern Rz 35 ff. Zur Beibehaltung des > Wohnsitz Rz 8.

 

Rz. 2

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Entsendung vom Ausland in das Inland: Für die Pflicht zur Erhebung und Abführung der LSt ist entscheidend, ob das aufnehmende Unternehmen inländischer ArbG iSv § 38 Abs 1 Nr 1 EStG ist. Durch das StÄndG 2003 (BGBl 2003 I, 2645) wurde im § 38 Abs 1 EStG durch einen neuen Satz 2 festgelegt, dass > Inländischer Arbeitgeber iSv § 38 Abs 1 Satz 1 EStG in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen ist, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt; Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem ArbN den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt. In der Gesetzesbegründung (vgl BT-Drs 15/1798, S 3) wurde dabei ausdrücklich auf den im BMF-Schreiben vom 09.11.2001 (> Rz 1/1) verwendeten Begriff der ArbN-Entsendung Bezug genommen.

 

Rz. 2/1

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Nach dem eindeutigen Normwortlaut des § 38 Abs 1 Satz 2 EStG idF des StÄndG 2003 (> Rz 2) stellte die Regelung darauf ab, dass > Arbeitslohn (tatsächlich) wirtschaftlich getragen wurde. Anders als im Abkommensrecht (> Rz 3 mwN) war für die lohnsteuerrechtliche Wertung und das > Steuerabzugsverfahren mithin nicht relevant, ob der Lohn nach Grundsätzen des Fremdvergleichs hätte getragen werden müssen (vgl FG München vom 2...

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