1. Begriffe "Wohnung" und "erste Tätigkeitsstätte"

 

Rz. 20

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Eine der Grundlagen für die Bemessung der Entfernungspauschale ist die Wegstrecke, die von Wohnung einerseits und > Erste Tätigkeitsstätte andererseits als Endpunkte begrenzt wird. Soweit dabei maßgebliche Begriffe im EStG oder in der AO nicht näher festgelegt sind, müssen sie von ihrem Bedeutungsinhalt her im Auslegungswege bestimmt werden. Entsprechendes gilt neben dem Begriff ‚Wohnung’ (> Rz 21 ff) etwa auch für die Termini ‚Wege’ (> Rz 28) und ‚für jeden Arbeitstag’ (> Rz 31).

a) Wohnung

 

Rz. 21

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Eine Wohnung iSd § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4 EStG, von der aus der ArbN zur ersten Tätigkeitsstätte fährt, ist regelmäßig sein Heim, das den örtlichen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen darstellt (BFH 114, 340 = BStBl 1975 II, 278). Das gesetzliche Tatbestandsmerkmal "Wohnung" ist aber weit auszulegen. Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift alle Sachverhalte erfassen, in denen einem ArbN durch den Weg von einer irgendwie gearteten, zur Übernachtung geeigneten Unterkunft zum Arbeitsplatz und zurück Aufwendungen entstehen (BFH 137, 463 = BStBl 1983 II, 306). Als Wohnung ist zB auch ein möbliertes Zimmer, eine Schiffskajüte, ein Gartenhaus, ein auf eine gewisse Dauer abgestellter Wohnwagen oder ein Schlafplatz in einer Massenunterkunft anzusehen (> R 9.10 Abs 1 Satz 2 LStR), soweit solche Unterkünfte von einem ArbN zur Übernachtung genutzt werden und er von dort seinen Arbeitsplatz aufsucht (BFH 137, 463 = BStBl 1983 II, 306). Zum Abzug von WK bei Wegen von und zu mehreren Wohnungen ("Zweitwohnung") > Rz 40 ff.

 

Rz. 22

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Es muss sich grundsätzlich um die eigene Wohnung des Stpfl handeln. Das ist eine Wohnung dann, wenn der Stpfl berechtigt ist, sie ständig zu benutzen. Dabei kommt es vor allem auf die tatsächlich gegebene Situation und nicht so sehr auf die rechtliche Grundlage für das Innehaben der Wohnung an. Die eigene Wohnung wird der Stpfl idR entweder als Eigentümer nutzen oder gemietet haben, ggf zusammen mit anderen Personen. Aber auch die faktische Nutzungsüberlassung der Wohnung (Mitbesitz) reicht aus. Die Nutzungsberechtigung kann deshalb auch auf abgeleitetem Recht beruhen. BFH 155, 61 = BStBl 1989 II, 144 hat verlangt, dass der Stpfl in der Wohnung seit längerer Zeit ständig lebt und übernachtet und dass es die einzige ständige Bleibe in der Nähe der ersten Tätigkeitsstätte ist. Es genügt uE aber die Absicht, die Wohnung längere Zeit zu nutzen. Die Entfernungspauschale wird vom Bezug der Wohnung an berücksichtigt. Ein Indiz für eine eigene Wohnung ist die Einrichtung mit eigenem Mobiliar oder die Meldung mit Haupt- oder Nebenwohnung (BFH 155, 61 = BStBl 1989 II, 144).

 

Rz. 23

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Zur Wohnung des ArbN gehört ein darin befindliches häusliches > Arbeitszimmer (vgl BFH 162, 77 = BStBl 1991 II, 97; BFH 162, 88 = BStBl 1991 II, 208). Es handelt sich aber nicht um eine > Erste Tätigkeitsstätte Rz 10. Anders ist es bei Wegen zu einem Arbeitszimmer außerhalb der eigenen Wohnung, das eine > Erste Tätigkeitsstätte bilden kann.

 

Rz. 24

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Randziffer einstweilen frei.

b) Erste Tätigkeitsstätte

 

Rz. 25

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die > Erste Tätigkeitsstätte ist (anders als früher die > Regelmäßige Arbeitsstätte Rz 2) gesetzlich definiert und demnach eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des ArbG, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom ArbG bestimmten Dritten, der der ArbN dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs 4 Satz 1 EStG). Je Dienstverhältnis hat der ArbN höchstens eine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Abs 4 Satz 5 EStG). Der ArbN kann auch keine erste Tätigkeitsstätte haben, sodass er nur auswärts tätig wird. Zu weiteren Einzelheiten > Erste Tätigkeitsstätte sowie BMF vom 25.11.2020, BStBl 2020 I, 1228, > Anh 2 Reisekosten (allgemein).

c) Besonderheiten bei Fahrten zu Treff-/Sammelpunkten oder zur weiträumigen Arbeitsstätte

 

Rz. 26

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die Entfernungspauschale gilt auch für ArbN ohne erste Tätigkeitsstätte, wenn sie arbeitsrechtlich gehalten sind, zur Aufnahme der Berufsarbeit arbeitstäglich dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet aufzusuchen (vgl § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4a Satz 3 iVm Nr 4 und Abs 2 EStG). Das betrifft zB die arbeitstägliche Aufnahme der beruflichen Tätigkeit auf Weisung des Arbeitgebers an einem Sammelpunkt wie zB einem Busdepot. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet kann zB ein Hafen- oder Forstgebiet sein (beachte aber jüngst nach BFH vom 15.02.2023 – VI R 4/21, BFH/NV 2023, 993: kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet bei Arbeit in verschiedenen Hafeneinzelbetrieben im Hamburger Hafen; dazu zB Hilbert, NWB 2023, 1809). Diese Fälle sind in dem für Auswärtstätigkeiten geltenden § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4a EStG geregelt; die Aufwendungen gehören mithin zum Komplex ,Reisekosten’ iSv § 3 Nr 13 und Nr 16 EStG.

Zu weiteren Einzelheiten siehe auch > Erste Tätigkeitsstätte Rz 46 ff, 51 ff, > Reisekosten Rz 78 ff sowie BMF vom 25.11.2020, BStBl 2020 I, 1228, > Anh 2 Reisekosten (allgemein).

d) Besonderheiten bei Aus- und Fortbildung

 

Rz. 27

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

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