Rz. 1

Stand: EL 109 – ET: 05/2016

Das Finanzgericht kann auf Antrag, auch bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung der Rechte des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 114 FGO). Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung dem Gericht geboten erscheint, um – vor allem bei andauernden Rechtsverhältnissen – wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen (ähnlich gewichtigen [vgl BFH 153, 2 = BStBl 1988 II, 58]) Gründen. Ein hinreichender Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist regelmäßig nur dann gegeben, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Antragstellers durch die Ablehnung der beantragten Maßnahme unmittelbar bedroht sein würde (BFH 140, 430 = BStBl 1984 II, 492). Eine die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmende Regelung lässt die Rechtsprechung in diesem Verfahren nur dann zu, wenn auf andere Weise ein effektiver Rechtsschutz nicht zu gewährleisten sein würde und die Nachteile, die bei Ablehnung des Antrags entstünden, nicht wieder gutzumachen sein würden (BFH 148, 440 = BStBl 1987 II, 269). Deshalb geht eine > Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheids der einstweiligen Anordnung vor (zur Subsidiarität vgl § 114 Abs 5 FGO).

 

Rz. 2

Stand: EL 109 – ET: 05/2016

Gegenstand des § 114 FGO ist die Sicherung von Leistungen, die nicht in Geld bestehen, und die vorläufige Regelung streitiger Rechtsverhältnisse. Dafür kommen regelmäßig Feststellungs- und Verpflichtungsklagen in Betracht, nicht aber Anfechtungsklagen (zu den Klagearten > Rechtsbehelfe Rz 40 – 44) und die ihnen zu Grunde liegenden Verwaltungsakte, deren Vollziehung idR ausgesetzt werden kann (> Aussetzung der Vollziehung Rz 4 – 7). Für eine einstweilige Anordnung kommen mithin Verwaltungsakte in Betracht, die nicht vollziehbar sind. Die vorläufige Erstattung bereits geleisteter und bei einer Veranlagung anzurechnender Steuerabzugsbeträge schließen § 361 AO, § 69 FGO ausdrücklich aus (> Aussetzung der Vollziehung Rz 5/1). Zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Übersendung einer > Kontrollmitteilung durch das > Bundeszentralamt für Steuern vgl BFH 212, 4 = BStBl 2006 II, 616 und BMF vom 01.08.2006, BStBl 2006 I, 489.

 

Rz. 3

Stand: EL 109 – ET: 05/2016

In Lohnsteuersachen darf ein Freibetrag, eine andere Steuerklasse oder die Zahl der Kinderfreibeträge nicht im Wege der einstweiligen Anordnung vom FG vorläufig festgestellt werden, wenn das FA sie ganz oder teilweise abgelehnt hat. Die Ablehnung der Feststellung von Steuerklasse und der Zahl der Kinderfreibeträge durch das FA ist ein negativer Feststellungsbescheid, dessen Vollziehung ausgesetzt werden kann (vgl § 39 Abs 1 EStG; > Aussetzung der Vollziehung Rz 6; BFH 148, 533 = BStBl 1987 II, 344; BFH 164, 173 = BStBl 1991 II, 643; BFH 167, 152 = BStBl 1992 II, 752; AEAO zu § 361 Nr 2.3.1). Lehnt aber das FA die Feststellung der persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) überhaupt ab, muss der ArbN seinen Anspruch ggf mit der Verpflichtungsklage durchsetzen; hier kann das FG im Wege einstweiliger Anordnung ggf die vorläufige Feststellung anordnen (vgl BFH 137, 235 = BStBl 1983 II, 233). Zum Verfahren bei vom ArbG nicht hinzunehmender > Auskünfte und Zusagen des Finanzamts Rz 39 ff.

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