Rz. 43

Stand: EL 116 – ET: 01/2019

Der ArbN muss außerhalb des Ortes, in dem er seinen Haupthausstand (Familienhausstand) unterhält (> Rz 20ff), eine weitere Bleibe (> Rz 44) am – verkürzt -- Beschäftigungsort (> Rz 47, 48) haben; das ist der Ort, an dem seine > Erste Tätigkeitsstätte liegt (> Rz 1). Die Begriffe "Wohnen am Ort der ersten Tätigkeitsstätte" iSd § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 5 EStG und "Wohnung" iSd § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4 EStG (> Entfernungspauschale Rz 20ff) sind weitgehend inhaltsgleich (EFG 1984, 173). Auch wenn die Aufwendungen dafür nur beschränkt abziehbar sind (> Rz 3), muss die Begründung eines ‚doppelten Haushalts’ zwar beruflich veranlasst, aber nicht ‚notwendig’, also durch die Umstände zwingend geboten sein; die Entscheidung darüber liegt beim ArbN. Ob eine solche Wohnung geeignet ist, täglich von dort aus seine Arbeitsstätte aufzusuchen, betrifft die berufliche Veranlassung (> Rz 50ff), die vom FA oder dem FG geprüft wird.

 

Rz. 44

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"Wohnen" idS bedeutet idR, dass der ArbN am Beschäftigungsort eine fest angemietete oder für eine gewisse Dauer zugewiesene Unterkunft zur jederzeitigen Verfügung hat. Der ArbN muss die Unterkunft für eine gewisse Dauer ständig nutzen können (vgl BFH 154, 59 = BStBl 1988 II, 990; BFH 207, 225 = BStBl 2004 II, 1074). In Betracht kommt jede zur Übernachtung geeignete Bleibe, zB eine eigene oder angemietete Wohnung, ein möbliertes Zimmer, ein für einen längeren Zeitraum reserviertes Hotelzimmer, eine Kaserne oder Baracke. Stehen sie ortsfest bei der ersten Tätigkeitsstätte, kann die "Zweitwohnung" auch ein Wohncontainer, Wohnwagen, Wohnschiff oder Hausboot sein (vgl BFH 137, 463 = BStBl 1983 II, 306; BFH 145, 513 = BStBl 1986 II, 369). An die Beschaffenheit der Wohnung werden also keine besonderen Anforderungen gestellt. Wenn der ArbN selbst oder gemeinsam mit seinen Angehörigen in bescheidenen Verhältnissen lebt, kann auch in einer bescheidenen Unterkunft ein eigener Hausstand unterhalten werden. Diese muss nicht einmal den Anforderungen des Bewertungsrechts an eine Wohnung entsprechen (BFH 207, 292 = BStBl 2005 II, 98) und kann zB ohne eine zur alleinigen Nutzung überlassene Küche oder Sanitäreinrichtungen sein (BFH/NV 2009, 1986; 2010, 411; BFH 240, 241 = BStBl 2013 II, 627 Tz 10); anders bei einem 24 qm großen Zimmer in einem Wohnheim der Lebensgefährtin (EFG 2009, 826). Entspricht die Wohnung am Beschäftigungsort nach Größe und Ausstattung der bisherigen Wohnung oder übertrifft sie diese gar, so ist dies allerdings ein Indiz für eine Verlegung des Lebensmittelpunkts (> Rz 27f) an den Beschäftigungsort (BFH 175, 430 = BStBl 1995 II, 180; EFG 2009, 328). Folgt die Unterkunft aber der sich fortbewegenden Tätigkeitsstätte oder ist sie – wie bei einem Bauzug oder Schiff – selbst die Tätigkeitsstätte, so ist diese keine > Erste Tätigkeitsstätte (da nicht ortsfest) und es gilt die Regelung für Auswärtstätigkeit (> Rz 7). In einem mitgeführten Wohnmobil wird kein Haushalt am Beschäftigungsort geführt (vgl EFG 1988, 517; FG RP vom 23.07.2008, BeckRS 2008, 26 025 749; tarifrechtlich kann es anders sein – LAG HE vom 09.02.2001, DB 2001, 2406).

 

Rz. 45

Stand: EL 116 – ET: 01/2019

Der ArbN muss in der Wohnung am Beschäftigungsort nicht an der Mehrzahl der Wochentage anwesend sein und dort übernachten (BFH 154, 59 – aaO). Auf die Anzahl der Übernachtungen kommt es nicht an (> R 9.11 Abs 1 Satz 1 HS 2 LStR; BMF vom 24.10.2014 Rz 99, aaO > Rz 19). Deshalb erfüllt ein ArbN insoweit selbst dann die Voraussetzungen für eine dHf, wenn er am Beschäftigungsort nur gelegentlich übernachtet, zB weil er von dort aus Auswärtstätigkeit verrichtet oder aus Anlass von Überstunden in einer zu diesem Zweck unterhaltenen Zweitwohnung, im Übrigen aber idR arbeitstäglich zwischen Haupthausstand und Arbeitsstätte pendelt. Der ArbN führt aber keinen doppelten Haushalt, wenn ihm vom ArbG zwar eine Unterkunft zur Verfügung gestellt wird, er aber dennoch täglich an seinen Haupthausstand zurückkehrt.

 

Rz. 46

Stand: EL 116 – ET: 01/2019

Dagegen ist das gelegentliche Übernachten am Beschäftigungsort in einem Hotel für § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 5 EStG nicht tatbestandsmäßig (so BFH 207, 225 = BStBl 2004 II, 1074; ebenso bereits BFH/NV 1998, 1216 zu den Gewinneinkünften; vgl mit glA nur Stolz, FR 1978, 545; Schmidt/Loschelder, § 9 EStG Rz 228; Bergkemper, FR 2005, 103). Folgerichtig werden die Hotelkosten in voller Höhe als allgemeine WK abgezogen (vgl § 9 Abs 1 Satz 1 EStG), wenn sie beruflich veranlasst sind (BFH 207, 225 – aaO).

 

Beispiel 1:

Ein ArbN legt als Pendler zwischen seiner Wohnung und seinem Büro gewöhnlich arbeitstäglich 60 Entfernungs-km mit dem PKW zurück. An einem Wintertag muss er spätnachmittags Überstunden machen und bleibt anschließend über Nacht in einem Hotel am Arbeitsort, um nicht stundenlang über vereiste Straßen im Berufsverkehr fahren zu müssen. Die Hotelkosten sind nach § 9 Abs 1 Satz 1 EStG als WK abziehbar.

 

Beispiel 2:

X wohnt mit seiner Familie in A. Beim Antritt s...

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