Rz. 71

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Ermöglicht der ArbG einem ArbN die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme, die er auf seine Kosten selbst durchführt oder von einem Dritten durchführen lässt, so kann das im überwiegend betrieblichen Interesse und damit gar kein Arbeitslohn sein. Es kann jedoch auch steuerfreier oder steuerpflichtiger > Arbeitslohn vorliegen (> Rz 72 ff).

Wenn eine vom ArbG selbst oder für seine Rechnung von einem Dritten durchgeführte Bildungsmaßnahme in seinem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse liegt (> R 19.7 Abs 1 LStR; > Arbeitslohn Rz 66), scheidet bereits die Annahme von Arbeitslohn aus.

Ein ganz überwiegend betriebliches Interesse des ArbG ist anzunehmen, wenn die Einsatzfähigkeit im Betrieb durch die Bildungsmaßnahme erhöht wird, dh der ArbN durch die Bildungsmaßnahme Kenntnisse oder Fertigkeiten erlangt, die zur Ausübung seiner Tätigkeit im Betrieb erforderlich sind. Nicht arbeitsplatzbezogene Weiterbildungsmaßnahmen stellen hingegen einen geldwerten Vorteil und somit Arbeitslohn dar.

 

Rz. 72

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Seit 2019 sind Weiterbildungsleistungen des ArbG ausdrücklich steuerfrei gestellt (§ 3 Nr 19 EStG). Liegt – wie in den meisten Fällen (> Rz 71) – kein Arbeitslohn vor, hat die Steuerbefreiung lediglich deklaratorische Bedeutung. Sie gilt aber ausdrücklich auch für Weiterbildungsleistungen, die der Verbesserung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit von ArbN dienen. Dazu zählen zB Sprach- oder Computerkurse, die nicht arbeitsplatzbezogen sind. Es kommt insoweit nicht darauf an, die Einsatzfähigkeit im konkreten Arbeitgeberbetrieb zu erhöhen. Steuerfrei bleiben auch Maßnahmen, die eine Anpassung und Fortentwicklung der beruflichen Kompetenzen ermöglichen und somit zur besseren Begegnung der beruflichen Herausforderungen beitragen. Die Leistungen dürfen aber keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben, andernfalls liegt Arbeitslohn vor.

 

Rz. 73

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

In § 82 SGB III sind die Voraussetzungen für die Weiterbildungsförderung beschäftigter ArbN geregelt. Für eine Förderung durch die > Bundesagentur für Arbeit ist ein ArbG-Beitrag zu den Lehrgangskosten bei Weiterbildungsmaßnahmen Voraussetzung. Die Einbeziehung derartiger Maßnahmen in die Steuerbefreiung sorgt dafür, dass die ArbG-Beiträge nicht der Besteuerung unterliegen.

 

Rz. 74

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Auch Beratungsleistungen des ArbG (oder auf seine Veranlassung von einem Dritten) zur beruflichen Neuorientierung für ausscheidende ArbN sind steuerfrei (sog Outplacement- oder Newplacement-Beratung; § 3 Nr 19 Satz 2 EStG). Ausführlich dazu zB Endert/Hilbert, NWB 2021, 3108.

 

Rz. 75

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Die Steuerbefreiung enthält keine weiteren Voraussetzungen. Beispielsweise sind ein erfolgreicher Abschluss oder die Zusage der Kostenübernahme im Vorfeld nicht erforderlich. Bereits ohne gesetzliche Regelung war die Anrechnung von Fortbildungsmaßnahmen auf die Arbeitszeit ein Indiz, aber keine Voraussetzung, um eine Lohnsteuerbelastung zu verneinen. Die FinVerw geht aber von einem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse aus, wenn ArbG die Teilnahme des ArbN an einer Bildungsmaßnahme als Arbeitsleistung wertet und sie zumindest teilweise auf die Arbeitszeit angerechnet wird (R 19.7 Abs 2 Satz 3 LStR). Leistungen, die der ArbG im Rahmen seiner Verpflichtung zur Ausbildung erbringt, führen ohnehin nicht zu Arbeitslohn (> Auszubildende Rz 2). Eine Vermutung, dass eine außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit stattfindende Fortbildung nicht steuerfrei bleiben kann, ist mit der genannten > Typisierenden Betrachtungsweise nicht verbunden.

 

Rz. 76

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Um steuerpflichtigen Arbeitslohn kann es sich hingegen handeln, wenn eine Fortbildungsmaßnahme des ArbN privat motiviert ist. Die Übernahme der Kosten durch den ArbG hat dann Belohnungscharakter. Entscheidend ist uE im Grenzfall (zB bei einer Veranstaltung in einer von Touristen bevorzugten Gegend im > Ausland Rz 1), ob es sich eher um eine Incentive-Maßnahme handelt (> Incentives). Zur Aufteilung in > Arbeitslohn (privater Teil) und Berufsfortbildung > Incentives Rz 7.

 

Rz. 77

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Unerheblich für die Beurteilung der Bildungsmaßnahme ist, ob der ArbN am Arbeitsplatz, in zentralen betrieblichen Einrichtungen oder in außerbetrieblichen Einrichtungen (zB durch fremde Unternehmen) fortgebildet wird.

 

Rz. 78

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Oftmals wird der ArbG Bildungsmaßnahmen auf eigene Rechnung durchführen oder von einem Dritten durchführen lassen (> R 19.7 Abs 1 LStR). Bildet sich der ArbN selbst fort und erstattet ihm der ArbG seine Aufwendungen ganz oder teilweise, ist die Steuerbefreiung ebenfalls anwendbar. Voraussetzung ist nicht, dass der ArbG die Bildungsmaßnahme im eigenen Namen "bestellt".

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