I. Typische Berufskleidung als Arbeitsmittel

 

Rz. 5

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Anders als normale ‚bürgerliche’ Kleidung wird typische Berufskleidung als > Arbeitsmittel behandelt (> R 9.1 Abs 2 Satz 3 Nr 1 LStR); die Aufwendungen dafür sind als > Werbungskosten abziehbar (§ 9 Abs 1 Satz 3 Nr 6 EStG). Um solche Kleidung handelt es sich nur, wenn die Eigenart des Berufs ihre Beschaffenheit typischerweise bestimmt und der > Arbeitnehmer sie sonst nicht tragen würde; das allgemeine Bekleidungsbedürfnis tritt dann in den Hintergrund. Solche Kleidung kommt auch typischerweise bzw nach allgemeinen Gepflogenheiten nicht für eine Nutzung im Privatleben in Betracht.

 

Rz. 6

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Ob die Ausgaben für die typische Berufskleidung im Jahr der Anschaffung als WK abzusetzen sind oder auf mehrere Jahre verteilt werden müssen, hängt von der Nutzungsdauer des angeschafften Gegenstands und von der Höhe der Aufwendungen ab (> R 9.12 LStR; > Arbeitsmittel Rz 7 ff). Zum Zeitpunkt des Abzugs von Beiträgen an Kleiderkassen > Rz 15.

II. Abgrenzung der typischen Berufskleidung

 

Rz. 7

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Der Begriff der ‚typischen Berufskleidung’ wird nicht einheitlich abgegrenzt. Es besteht ein hohes Maß an – teils gar widersprüchlicher – Kasuistik: Ob zB uniforme Arbeitskleidung zur ‚typischen Berufskleidung’ gehört, wird für den WK-Bereich und die Steuerbefreiung des § 3 Nr 31 EStG (> Rz 20 ff) unterschiedlich entschieden. Der BFH hat für den WK-Abzug hervorgehoben, dass nicht alle von einer Kleiderkasse angebotenen Kleidungsstücke Arbeitsmittel sind (> Rz 15). Ein seinem Charakter nach zur bürgerlichen Kleidung gehörendes Kleidungsstück (hier: Lodenmantel) wird nicht dadurch zur typischen Berufskleidung, dass es nach der Dienstanweisung des > Arbeitgeber zur Dienstbekleidung zählt und mit einem Dienstabzeichen (zu) versehen ist (BFH 179, 403 = BStBl 1996 II, 202; siehe dazu auch > Rz 11). Die einheitlichen Kostüme, Schuhe und Strümpfe, die während der Dienstzeit vom Verkaufspersonal eines Lederwarengeschäfts getragen werden sollen, sind ebenfalls keine typische Berufskleidung (BFH 212, 574 = BStBl 2006 II, 691). Zu einem ähnlichen Sachverhalt > Fliegendes Personal Rz 2.

 

Rz. 8

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Zu den Arbeitsmitteln gehören als typische Berufskleidung der ‚Blaumann’ oder (blaue/graue) Kittel der Handwerker. Ebenso die Robe und das Barett der Berufsrichter, die weiße Krawatte, Oberhemden ohne festen Kragen und dazu gehörende weiße Kragen mit Ecken (BFH 69, 174 = BStBl 1959 III, 328), nicht aber weiße Oberhemden mit Umlegekragen (BFH 66, 303 = BStBl 1958 III, 117; EFG 1967, 567) und die weiße Bluse der Richterin (EFG 1989, 344). Bei Ärzten gehören zur typischen Berufskleidung der weiße Arztkittel oder die weiße Arztjacke; selbiges dürfte es uE für weitere im medizinischen oder pflegerischen Sektor tätige Stpfl gelten (siehe aber > Rz 10). Weiße Hosen sind als typische Berufskleidung anzuerkennen, wenn eine außerberufliche Verwendung wegen des rein funktionalen Charakters ausgeschlossen erscheint (keine Tennis- oder Segelhose). Bei Hosen, die nicht im Fachhandel für Berufsbedarf angeschafft worden sind, spricht eine widerlegbare Vermutung gegen das Vorliegen dieser Eigenschaft. Weiße Hemden, weiße T-Shirts, weiße Socken und weiße Schuhe sind keine typische Berufskleidung (BFH 163, 134 = BStBl 1991 II, 348; BFH/NV 1995, 207; glA Offerhaus, StBp 1991, 95). Bei einem Sportlehrer können spezielle Sportschuhe mit Spikes, Stollen oder Hallenschuhe sowie ein im Sportunterricht getragener Trainingsanzug oder Knie- und Armschoner Arbeitsmittel sein, wenn die private Mitnutzung von ganz untergeordneter Bedeutung ist (BFH 148, 469 = BStBl 1987 II, 262; BFH/NV 1990, 765). Ebenso kann Tenniskleidung bei einem hauptberuflichen Tennislehrer typische Berufskleidung sein. Die bloße abstrakte Möglichkeit einer privaten Nutzung von Berufskleidung steht der Berücksichtigung als WK nicht entgegen (BFH 148, 469 aaO). Ergänzend > Rz 22.

 

Rz. 9

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Ausnahmsweise können zur typischen Berufskleidung auch Kleidungsstücke gehören, die ihrer Art nach der bürgerlichen Kleidung zuzurechnen sind, wenn eine Verwendung dieser Kleidungsstücke für Zwecke der privaten Bedarfsdeckung aufgrund berufsspezifischer Eigenschaften so gut wie ausgeschlossen ist und sie tatsächlich nicht privat getragen werden (BFH 127, 522 = BStBl 1979 II, 519 – der vom ArbG vorgeschriebene schwarze Anzug/Kellnerfrack; BFH 163, 134 = BStBl 1991 II, 348 – Arzt). Dazu gehören auch der Cut eines Empfangschefs; der schwarze Anzug eines Leichenbestatters (BFH 100, 243 = BStBl 1971 II, 50; aA EFG 2018, 1940 = DStRE 2019, 417 – Rev, BFH VIII R 33/18), sofern der Stpfl nicht nur aushilfsweise als Leichenbestatter tätig ist (BFH/NV 1991, 25; kritisch Richter, DStR 1991, 1413); der schwarze Rock einer Serviererin (EFG 1983, 118); die schwarze Hose eines Kellners iVm einer weißen Kellnerjacke (BFH/NV 1988, 703; uE zweifelhaft); der schwarze Anzug eines Geistlichen (BFH/NV 1990, 288) sowie bei einem Offizier die Gesellschaftsuniform (EFG 1991, 471)...

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