Zusammenfassung

 

Auf einen Blick:

Bei einer Entsendung von Personal in einen Nicht-DBA-Staat wie zB > Afghanistan, > Brasilien, > Chile, > Hongkong, > Libyen, > Nigeria, > Saudi-Arabien verzichtet Deutschland in bestimmten Fällen auf die Besteuerung. Der im Folgenden erläuterte Auslandstätigkeitserlass befugt das Betriebsstätten-Finanzamt, den ArbG über eine > Freistellungsbescheinigung vom LSt-Abzug zu entbinden.

A. Anwendungsbereich

I. Regionaler Anwendungsbereich

1. Abgrenzung zu DBA-Recht

 

Rz. 1

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Besteht kein DBA mit dem Staat, in den ein ArbN entsandt wird (> Rz 3), kann Deutschland in bestimmten Fällen auf die ESt/LSt verzichten. Eine solche Regelung enthält der seit 1984 geltende > Anh 2 Auslandstätigkeitserlass (– ATE – BMF vom 31.10.1983, BStBl 1983 I, 470). Er hat seine Rechtsgrundlage heutzutage in § 34c Abs 5 EStG; dieser ermächtigt die FinVerw ua, die auf ausländische Einkünfte (vgl § 34d EStG; > Ausländischer Arbeitslohn) entfallende deutsche ESt zu erlassen, "wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist" (ergänzend mwN > Rz 6). Regelungen zur "unselbständigen Arbeit" (Art 15 des OECD-MA; > Doppelbesteuerung Rz 20) in DBA gehen dem ATE vor. Beim Inkrafttreten eines neuen DBA tritt die Steuerbefreiung nach dem ATE hinter die Regelungen des (höherrangigen) DBA zurück (BFH 151, 50 = BStBl 1987 II, 856); läuft ein Abkommen zB auf Grund von Kündigung aus, lebt die Anwendbarkeit des ATE wieder auf (etwa > Brasilien Rz 3; ergänzend > Rz 3). Die Steuerbefreiung nach ATE ist unabhängig von einer Besteuerung im Tätigkeitsstaat; die Regelung geht § 50d Abs 8 EStG insoweit als lex specialis vor (EFG 2001, 974).

 

Rz. 1/1

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Der ursprüngliche Regelungsbereich ist seit 1984 eingeschränkt worden (> Rz 6, 8, 9, 11). Er hat aber etwa für exportorientierte Unternehmen und Einrichtungen der Entwicklungshilfe weiterhin erhebliche Bedeutung. Eine Anpassung an die aktuell geltende Rechtslage erscheint deshalb geboten. Im Übrigen ist vor dem Auslandseinsatz die Einholung einer Anrufungsauskunft zu empfehlen (§ 42e EStG; > Auskünfte und Zusagen des Finanzamts Rz  ff).

 

Rz. 2

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Der ATE befugt das FA, eine > Freistellungsbescheinigung zu erteilen, die den ArbG unter bestimmten Bedingungen vom LSt-Abzug entbindet, soweit die Freistellung reicht; zuständig ist das > Betriebsstätten-Finanzamt (zu Einzelheiten des Verfahrens > Rz 45 ff). Hat der ArbG den Arbeitslohn nicht steuerfrei belassen, kann der ArbN den Verzicht auf die Besteuerung bei seinem Wohnsitz-FA beantragen (Abschn VI Nr 2 ATE; > Rz 51). Zu den sachlichen Voraussetzungen für einen Steuererlass > Rz 15 ff. Die Freistellung bleibt ohne Auswirkung auf die Beitragspflicht bei der > Sozialversicherung, die anderen Zielsetzungen folgt (> Zukunftssicherung von Arbeitnehmern Rz 35 ff [37]; ergänzend > Rz 43).

2. ATE-Ausland

 

Rz. 3

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Der ATE gilt nicht, wenn die Tätigkeit in einem Staat ausgeübt wird, mit dem ein DBA besteht, in das die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einbezogen sind (Abschn V Nr 2 ATE). Ob der ATE für einen bestimmten Staat anwendbar ist, ergibt sich – negativ -- aus dem BMF-Schreiben zum Stand der DBA (zum jeweils aktuellen Stand > Anh 2 – Erlassverzeichnis). Besteht zwar ein DBA, regelt dies den konkreten Fall jedoch nicht, ist der ATE anwendbar (Beispiele: > Paraguay oder > Saudi-Arabien). Einzelheiten finden sich auch unter den Stichworten der einzelnen Vertragsstaaten.

 

Rz. 4

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Kein > Ausland im steuerlichen Sinne sind alle von § 1 Abs 1 Satz 2 EStG als > Inland definierten Gebiete, mithin zB auch Deutschlands Anteil am Festlandsockel; für dort ausgeübte Tätigkeiten gilt der ATE also nicht. Er gilt ebenfalls nicht für Arbeiten im ‚Niemandsland’ wie die Antarktis; auch eine unmittelbar auf § 34c Abs 5 EStG gestützte Billigkeitsmaßnahme ist in diesen Fällen nicht möglich, weil dort keine ausländischen Einkünfte iSd § 34d Nr 5 EStG erzielt werden (BFH 165, 208 = BStBl 1991 II, 926). Entsprechendes gilt uE für Tätigkeiten auf hoher See, also außerhalb der Hoheitsgewässer von Anliegerstaaten. Für Arbeiten auf einer Bohrinsel im Tiefseebereich gilt uE das Gleiche wie bei einem Seeschiff (> Schiffspersonal Rz 1 ff), und ebenso im (Welt-) All (Space).

 

Rz. 5

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Zur Anwendung des ATE folgendes

 

Beispiel:

Der angestellte Ingenieur A ist von seiner Firma X-GmbH für mehrere Monate nach Riad (Saudi Arabien) geschickt worden, um dort als verantwortlicher Projektleiter am Bau einer Straßenbrücke beratend mitzuarbeiten. Die X-GmbH hat mit der Niederlassung der Y-Inc in Saudi Arabien, deren Sitz sich in Abu Dhabi befindet, einen Unterberatungsvertrag abgeschlossen, da diese für ihren Beratungsvertrag mit der in Riad ansässigen Z-Company nicht genügend erfahrenes Personal zur Verfügung hatte. Der A erhält neben seinem laufenden Gehalt eine angemessene Auslandszulage, weitere Kosten in Riad übernimmt seine Firma.

Lösung: Tätigkeitsstaat des A ist > Saudi-Arabien, mit dem kein DBA hinsichtlich der Arbeitseinkünfte besteht....

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