Rz. 55

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Mit § 89 Abs 2 AO wurde eine allgemeine verbindliche Auskunft für das Besteuerungsverfahren (> Rz 56) eingeführt (Gesetz vom 05.09.2006, BGBl 2006 I, 2098 = BStBl 2006 I, 506; Bruschke, DStZ 2007, 267; Dißars/Bürkle, StB 2007 54; Brühl/Süß, DStR 2016, 2617; Dannecker/Werder, BB 2017, 284; grundlegend zB Horst, Die verbindliche Auskunft nach § 89 Abgabenordnung, Diss Münster 2010). Die auf § 89 Abs 2 Satz 5 AO beruhende Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) vom 30.11.2007 (BGBl 2007 I, 2783 = BStBl 2007 I, 820, zuletzt geändert durch Art 4 der VO vom 12.07.2017, BGBl 2017 I, 2360) enthält ergänzende Regelungen zu Form, Inhalt, Antragsvoraussetzungen und Bindungswirkung. § 89 Abs 2 Satz 6 AO (eingefügt durch das Gesetz vom 18.07.2016, BGBl 2016 I, 1679) enthält die Rechtsgrundlage für eine DVO zur Bestimmung der Voraussetzungen einer einheitlichen Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten. § 89 Abs 2 AO wurde übrigens zu einem Zeitpunkt eingeführt, als die hM die Anrufungsauskunft des § 42e EStG noch nicht als bindenden VA ansah (> Rz 8). Zu Rechtskonkurrenzen > Rz 3.

 

Rz. 55/1

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Die FinVerw erhebt eine Gebühr, die nach dem Wert berechnet wird, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert; vgl zu diesem BFH 250, 295 = BStBl 2015 II, 989). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung der Auskunft darlegen. Die FinBeh soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 GKG mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Abs 2 GKG, wonach der Streitwert höchstens 30 Millionen EUR beträgt, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist, ist entsprechend anzuwenden. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die FinBeh kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen (§ 89 Abs 35 AO; ergänzend > Rz 59).

Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 EUR, wird keine Gebühr erhoben (§ 89 Abs 5 Satz 3 AO). Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch > Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 EUR je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird auch hier keine Gebühr erhoben (§ 89 Abs 6 AO).

Sind mehrere Stpfl betroffen, werden mehrere Gebühren festgesetzt (BFH 267, 292 = BStBl 2020 II, 528). Wird die Auskunft jedoch gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr (§ 89 Abs 3 Satz 2 AO).

Die Erhebung einer Gebühr ist verfassungsgemäß (BFH 232, 406 = BStBl 2011 II, 536). > Gebühren sind vom Abzug als BA/WK nur dann ausgeschlossen, wenn sich die verbindliche Auskunft auf nicht abziehbare Steuern bezieht (§ 12 Nr 3 EStG; OFD Münster vom 10.04.2008 – Kurzinfo ESt 15/2008, DB 2008, 958).

Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig (> Billigkeit) wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der FinBeh zurückgenommen wird (§ 89 Abs 7 AO). Ausführlich zur Gebühr auch AEAO zu § 89 Nr 4.

 

Rz. 56

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Auf Antrag können das FA und das BZSt eine verbindliche Auskunft über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht (§ 89 Abs 2 Satz 1 AO); das gilt vor allem für Dauersachverhalte. Für LSt-Sachen war diese Auskunft wohl eher nicht gedacht; gleichwohl ist die im III. Teil ‚Allgemeine Verfahrensvorschriften’ der AO enthaltene Vorschrift auch insoweit anwendbar. In Betracht kommen Fälle, die über eine Auskunft ‚im einzelnen Fall’ (vgl § 42e Satz 1 EStG) hinausgehen (> Rz 23 ff) oder die nicht nur für den LSt-Abzug, sondern zugleich für die Veranlagung verbindlich geklärt werden sollen und für die eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG nicht ausreicht (> Rz 3, 45).

 

Rz. 56/1

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Der zu beurteilende Sachverhalt muss ernsthaft geplant, darf nicht – weder zum Antrags- noch zum Auskunftszeitpunkt – verwirklicht sein. Vorbereitende Maßnahmen sind jedoch unschädlich, zB bei einer geplanten Umgestaltung eines bestehenden Sachverhalts. Für den Arbeitgeber kommen zB Veränderungen in der Vertragsgestaltung zur > Kraftfahrzeuggestellung in Betracht oder die Anwendung einer bestimmten Vorgehensweise bei der Bewertung von > Dienstwohnung (vgl aber auch > Rz 28 und > Rz 33). UE kann auch die Vereinbarkeit einer betrieblichen Reisekostenordnung mit verändert...

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