I. Rechtsentwicklung zu § 42d Abs 6 bis 8 EStG

 

Rz. 15

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Vor 1986 bestand für einen ausländischen Verleiher keine Verpflichtung zum LSt-Abzug. Der Entleiher haftete grundsätzlich nicht für die LSt der in seinem Unternehmen tätigen ArbN des Verleihers. Das galt auch bei unerlaubter ArbN-Überlassung, obwohl arbeitsrechtlich ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher fingiert wird (vgl §§ 9, 10 Abs 1 AÜG). Nach Auffassung des BFH wirkten sich die arbeitsrechtlichen Folgen der fehlenden Erlaubnis nur insoweit aus, als Verleiher und Entleiher ihnen in ihrem Handeln Rechnung trugen, der Entleiher mithin der Fiktion des Arbeitsverhältnisses aus § 10 Abs 1 AÜG folgte (BFH 135, 501 = BStBl 1982 II, 502). Darüber hinaus haftete der Entleiher bereits vor 1986, soweit er – ggf gemeinsam mit dem Verleiher – Steuerhinterziehung beging (§ 71 AO).

 

Rz. 16

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Der Gesetzgeber hat mit Wirkung ab 1986 mit Art 7 des StBerG 1986 vom 19.12.1985 (BGBl 1985 I, 2436 = BStBl 1985 I, 735) die Haftung des Entleihers in § 42d Abs 6 EStG und steuerliche ArbG-Pflichten des ausländischen Verleihers in § 38 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG normiert. Mit den eingefügten Absätzen 6 bis 8 des § 42d EStG sind die Lücken geschlossen worden, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergaben. Der Gesetzgeber hielt es für sachgerecht, dem Entleiher das Risiko für Einbehaltung und Abführung von LSt/SolZ/KiSt neben dem Verleiher aufzuerlegen, da bei der gewerbsmäßigen Überlassung von ArbN in großem Umfang Steuern hinterzogen werden (vgl Gesetzesbegründung BT-Drs 10/4119) und der Entleiher typischerweise wirtschaftliche Vorteile aus der ArbN-Überlassung zieht, wenn er die Leih-ArbN geringer als das Stammpersonal entlohnt.

 

Rz. 17

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Mit dem JStG 2013 wurde § 42d Abs 6 Satz 1 EStG an den bereits zur Umsetzung der Vorgaben einer EU-Richtlinie geänderten § 1 Abs 1 Satz 1 AÜG angepasst. Es wird nicht mehr auf ‚gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung’, sondern auf eine Überlassung zur Arbeitsleistung ‚im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit’ des Verleihers abgestellt. Zu Einzelheiten > Rz 26.

 

Rz. 18, 19

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Randziffern einstweilen frei.

II. Pflichten und Haftung des Entleihers

1. Allgemeines

 

Rz. 20

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Beschäftigt der Entleiher (> Rz 1/2) Zeit- oder Leih-ArbN und hat der Verleiher (> Rz 1/1) keine Erlaubnis zur ArbN-Überlassung nach § 1 AÜG, ist der Arbeitsvertrag zwischen ArbN und Verleiher, aber auch der Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher unwirksam (§ 9 Abs 1 Nr 1 AÜG). Dann gilt kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leih-ArbN als zustande gekommen (vgl § 10 Abs 1 AÜG). Das gilt auch für die grundsätzlich verbotene Überlassung im Bauhauptgewerbe (> Rz 4). Ebenso (> Rz 4 aE) – ab 01.04.2017 – bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur Offenlegung der ArbN-Überlassung (§ 9 Abs 1 Nr 1a AÜG) oder bei Überschreiten der Überlassungshöchstdauer (§ 9 Abs 1 Nr 1b AÜG). Damit gehen die arbeitsrechtlichen, in deren Folge aber auch die steuerlichen ArbG-Pflichten auf den Entleiher über. Er hat vor allem den LSt-Abzug nach Maßgabe der > Lohnsteuerabzugsmerkmale oder im Wege der > Pauschalierung der Lohnsteuer vorzunehmen, die Steuerabzüge bei seinem Betriebsstätten-FA anzumelden und dorthin abzuführen sowie für jeden ArbN eine > Lohnsteuerbescheinigung an die FinVerw zu übermitteln.

 

Rz. 21

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

In der Sozialversicherung ist er als ArbG unmittelbar zur Abführung der Beiträge verpflichtet; zu weiteren Rechtsfolgen vgl § 10 AÜG. Bei Beschäftigung von ArbN eines Verleihers mit Sitz im Ausland obliegt dem Entleiher die schriftliche Meldepflicht des § 17b AÜG gegenüber der Generalzolldirektion (vgl AÜGMeldstellV vom 26.09.2011, BGBl 2011 I, 1995, geändert durch Gesetz vom 03.12.2015, BGBl 2015 I, 2178). Greift bei unerlaubter ArbN-Überlassung die ArbG-Fiktion des § 10 Abs 1 AÜG, muss der Entleiher zB auch die Meldepflicht nach § 28a SGB IV wahrnehmen.

 

Rz. 22

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Für einen ArbN-Überlassungsvertrag gilt grundsätzlich die Schriftform. Darin hat der Verleiher dem Entleiher zu bestätigen, dass er eine Erlaubnis besitzt (§ 12 Abs 1 AÜG). Der Entleiher kann sich zusätzlich durch eine Auskunft der Regionalbehörde der BA absichern, in der auch eine etwaige Befristung der Erlaubnis vermerkt sein sollte. Der Verleiher hat den Entleiher vom Wegfall der Erlaubnis unverzüglich zu unterrichten (§ 12 Abs 2 AÜG). Der Überlassung liegt eine Erlaubnis zugrunde, wenn der Verleiher sie zur Zeit des Verleihs innehatte (§ 2 Abs 4 Satz 4 AÜG; > Rz 11).

 

Rz. 23, 24

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Randziffern einstweilen frei.

2. Eingrenzung der Haftungstatbestände

 

Rz. 25

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Soweit einem Dritten (Entleiher) ArbN im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit (> Rz 26) zur Arbeitsleistung überlassen werden, haftet er grundsätzlich neben dem ArbG (vgl § 42d Abs 6 Satz 1 EStG). Zu Ausnahmen > Rz 30 ff. Dazu ist in der Praxis zunächst einmal zu klären, ob ein vorgefundener Sachverhalt die Voraussetzungen einer ArbN-Überlassung erfüllt. Für das FA wird die Beurte...

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