Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für Notfallpraxis eines Arztes im Wohnhaus sind nicht abzugsfähige Betriebsausgaben

 

Leitsatz (redaktionell)

Richtet ein Arzt, der außerhalb des Wohnhauses eine Praxis betreibt, im Keller des Wohnhauses eine separat zugängliche Notfallpraxis ein, die er für ärztliche Behandlungen im Rahmen seiner Bereitschaftsdienste nutzt, so ist diese nicht aus dem Anwendungsbereich der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer auszunehmen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.12.2002; Aktenzeichen IV R 7/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die anteiligen Kosten für einen Patientenbehandlungsraum in dem Wohnhaus der Kläger steuerlich bei den freiberuflichen Einkünften der Kläger berücksichtigungsfähig sind.

Die Kläger, zusammen veranlagte Eheleute, sind Allgemeinmediziner. Sie haben eine Gemeinschaftspraxis, die räumlich von der Wohnung getrennt liegt. Im Keller ihres Wohnhauses befindet sich ein Behandlungsraum für Patienten, der eine Fläche von 10,8 qm aufweist, sowie eine Patiententoilette mit einer Fläche von 1,9 qm. Auf den von den Klägern eingereichten Plan (Bl. 16 Prozessakte - PrA -) wird Bezug genommen.

In ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr behandelten die Kläger 6,27 % der Gebäudeaufwendungen als Betriebsausgaben, darunter auch die degressive Gebäude-AfA. Der Beklagte vertrat im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer die Auffassung, die Aufwendungen fielen unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG und kürzte die Betriebsausgaben um 6.421 DM. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die steuerliche Berücksichtigung des Patientenbehandlungsraums, den sie als Notfallpraxis bezeichen. Zur Begründung tragen sie vor, es handele sich um einen abgegrenzten und separat zugänglichen Teil des Kellers ihres Wohnhauses, bestehend aus dem Behandlungsraum und einer nur von diesem aus zugänglichen Patiententoilette, der seit 1994 für die beruflichen Zwecke genutzt werde. Es handele sich dabei nicht um ein häusliches Arbeitszimmer, sondern um eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG gelte daher nicht für die Notfallpraxis. Sämtliche Merkmale des Betriebsstättenbegriffs seien erfüllt.

Die Kläger hätten ihre Arztpraxis in einem ländlich geprägten Gebiet. Eine Notfalldienstzentrale wie sie in Städten existiere, sei nicht eingerichtet. Die Rettungsdienste griffen in Notfällen auf den nächst gelegenen Arzt zu. Die Notfallpraxis werde von den Klägern für die Bereitschaftsdienste an dienstfreien Mittwochnachmittagen und Wochenenden genutzt. Dies geschehe natürlich auch, um nicht untätig in der Praxis herumsitzen zu müssen. Auf dem Lande wüssten aber die Patienten auch, wo sich die Privatwohnung ihres Arztes befinde und suchten diesen zu Hause auf. Die Kläger hätten den Behandlungsraum auch deshalb eingerichtet, um die Patienten nicht im Wohnzimmer behandeln zu müssen.

Zwar werde nur ein geringer Teil der beruflichen Tätigkeit in der Notfallpraxis ausgeübt. In Anbetracht der geschilderten Umstände sei sie jedoch notwendiger Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit auf dem Land. Der Umfang der beruflichen Tätigkeit in den im Wohnhaus befindlichen Räumen sei als alleiniges Abgrenzungskriterium ungeeignet. Es müsse vielmehr darauf abgestellt werden, ob der Steuerbürger den Kernbereich seiner beruflichen Tätigkeit dort leiste oder ob dort lediglich Hilfstätigkeiten wie z. B. berufliche Fortbildung verrichtet würden. Danach sei der Behandlungsraum im Wohnhaus als weitere Betriebsstätte anzusehen, da in ihm dieselben wesentlichen Tätigkeiten, nämlich die Behandlung von Patienten, erbracht würden.

§ 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG erfasse nicht sämtliche Fälle, in denen der Betriebsinhaber seine berufliche Tätigkeit in sein Wohnhaus verlagere. Eine solche Auslegung entspreche nicht dem Zweck des Gesetzes. Lediglich die Verlagerung der beruflichen Tätigkeit in das häusliche Arbeitszimmer zum Zweck der Erlangung von Steuervorteilen habe unterbunden werden sollen.

Dass die Kläger in der Notfallpraxis keine Hilfskräfte beschäftigten, spreche nicht gegen eine weitere Betriebsstätte, da beide Kläger die erforderliche berufliche Qualifikation besäßen und die Beschäftigung von Hilfskräften für Bereitschaftsdienste nicht sinnvoll sei. Die bauliche Gestaltung genüge den Anforderungen an eine Betriebsstätte; die Notfallpraxis sei den Bedürfnissen für eine ärztliche Behandlung entsprechend ausgestattet. Die Rechtsprechung des BFH die Abzugsfähigkeit von Fahrten zwischen einer häuslichen Betriebsstätte und dem eigentlichen Betriebssitz betreffend sei nicht anwendbar.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 vom 8. April 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 1999 in der Weise zu ändern, dass der Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Behandlungszimmer in Höhe von 6.421 DM als Betriebsausgaben zugelassen wird,

hilfsweise, die Revision zuzulasse...

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