Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebungsvertrag auf Initiative des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG begünstigt zu besteuernde Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG ist auch gegeben, wenn der Arbeitnehmer zur Beendigung eines auch vom Arbeitgeber verursachten Konflikts auf diesen zugeht und den Abschluss eines Auflösungsvertrages mit Abfindungsregelung fordert.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.03.2018; Aktenzeichen IX R 16/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob für eine Abfindungszahlung, die der Kläger im Jahr 2013 von seiner ehemaligen Arbeitgeberin erhalten hat, die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung nach der sog. Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm § 24 Nr. 1 EStG vorliegen.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war bis zum 31.03.2013 als Verwaltungsangestellter bei der Stadt A beschäftigt. Ab dem 01.04.2013 bezog er Renteneinkünfte aus der Kommunalen Versorgungskasse für Westfalen-Lippe und eine Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund. Grundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers war ein am 19.12.2012 zwischen ihm und der Stadt A geschlossener Auflösungsvertrag. Der Auflösungsvertrag sah in § 1 vor, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Stadt A und dem Kläger mit Ablauf des 31.03.2013 im gegenseitigen Einvernehmen und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werde. In § 2 der Vereinbarung war geregelt, dass der Kläger zum Zeitpunkt seines Ausscheidens eine Abfindung in Höhe von 36.250 EUR erhalten sollte. In § 3 des Vertrages war geregelt, dass mit Ablauf des 31.03.2013 alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erloschen seien und seitens des Klägers keine weiteren rechtlichen Schritte etwaiger Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren unternommen würden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf den Auflösungsvertrag vom 19.12.2012 Bezug genommen.

Die vereinbarte Abfindung zahlte die Stadt A an den Kläger mit der Gehaltsabrechnung für März 2013 aus.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2013 beantragte der Kläger, den Abfindungsbetrag dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG, der sog. Fünftel-Regelung, zu unterwerfen. Nach einer mündlichen Erörterung mit dem Kläger folgte der Beklagte dem nicht und veranlagte den Kläger zur Einkommensteuer, ohne den ermäßigten Steuersatz anzuwenden.

Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 Einspruch ein und führten zur Begründung aus, dass nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlung der Stadt A vorlägen. Es handele sich um eine „Zusammenballung” von Einkünften, weil aufgrund der gezahlten Abfindung das Gesamteinkommen des Klägers des Jahres 2013 über dem des Jahres 2012 gelegen habe. Im Jahr 2012 habe der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 58.133 EUR erzielt. Im Jahr 2013 habe der Kläger Einnahmen aus dem Dienstverhältnis in Höhe von 14.003 EUR, die Abfindungszahlung in Höhe von 36.250 EUR, die gesetzliche Altersrente in Höhe von 18.011 EUR und eine Betriebsrente in Höhe von 2.860 EUR bezogen und damit Gesamteinnahmen in Höhe von 71.124 EUR erzielt. Im Rahmen eines für die Stadt A geltenden Haushaltssicherungskonzepts seien zahlreiche Maßnahmen zur Sanierung des Haushalts beschlossen worden, insbesondere eine Senkung der Personalkosten von über 30 Mio. EUR. Die Stadt habe eine Beschleunigung der Personalreduzierung und hierzu vorrangig vorzeitige Ruhestandsantritte von Stelleninhabern rentennaher Jahrgänge angestrebt. Hierzu seien mit vielen ehemaligen Kollegen Abfindungsregelungen getroffen worden. Hinzu komme, dass für seine Stelle bereits überplanmäßig eine Nachfolgebesetzung erfolgt sei und die Stadt ohne die Abfindungsregelung noch mindestens ein Jahr lang doppelte Personalkosten hätte aufbringen müssen.

Mit Bescheid vom 29.07.2014 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid aus anderen, hier nicht streitigen Gründen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 20.08.2014 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Eine Entschädigung iSv § 24 Nr. 1 EStG, die gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG ermäßigt besteuert werden könne, setze voraus, dass der Steuerpflichtige einen finanziellen Schaden erlitten habe und die Zahlung unmittelbar dazu bestimmt sei, diesen Schaden auszugleichen. Nicht entscheidend sei, ob das zur Entschädigung führende Ereignis ohne oder gegen den Willen des Steuerpflichtigen eingetreten sei. Eine Entschädigung iSv § 24 Nr. 1 EStG könne vielmehr auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige bei dem zum Einnahmeausfall führenden Ereignis selbst mitgewirkt habe. In diesem Fall müsse der Steuerpflichtige bei Aufgabe seiner Rechte aber unter erheblichem wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt haben; keinesfalls dürfe er das schadensstiftende Ereignis aus eigenem Ant...

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