Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Begriff "anderer Arbeitsplatz"

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Schulleiter einer Grundschule steht für seine berufliche Tätigkeit (Vor- und Nachbereitung des Unterrichts) kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, wenn ihm im Sekretariatszimmer, das nicht in der Art eines Großraumbüros mit voneinander abgetrennten Arbeitsbereichen ausgestattet ist, zur Erfüllung seiner Schulverwaltungsaufgaben ein Schreibtisch zur Nutzung überlassen ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5, 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.08.2003; Aktenzeichen VI R 118/00)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist als Schulleiterin und Lehrerin (Unterrichtspensum: 18 Stunden) an einer Grundschule beschäftigt. In ihrer Eigenschaft als Schulleiterin steht ihr in einem zugleich als Schulsekretariat genutzten 20 qm großen Raum des Schulgebäudes ein Schreibtisch zur Verfügung. Dieses Zimmer ist mit Schränken für Verwaltungsunterlagen, 4 Schreibtischen (davon zwei mit PC und Schreibmaschine belegt) sowie einem kleinen Besprechungstisch ausgestattet. Es beherbergt auch die Schülerkartei sowie die Stunden- und Fahrplanorganisation. Die Schulsekretärin verrichtet dort montags, dienstags, donnerstags und freitags für jeweils 4 1/2 Stunden Verwaltungstätigkeiten; ihr ist überdies gestattet, nachmittags Überstunden zum Ausgleich der unterrichtsfreien Zeiten zu erarbeiten.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin u. a. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 2.400,– DM als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten legte sie mit 2.629,83 DM dar. Zur Begründung führte sie aus, daß der ihr zur Verfügung stehende Schreibtisch im Schulsekretariat zur Unterrichtsvor- und -nachbereitung objektiv ungeeignet sei. Dies folge aus der Mitbenutzung des Raumes durch die Schulsekretärin, dem Publikumsverkehr im Sekretariat und der fehlenden Abstellmöglichkeit für eigene Arbeitsmaterialien.

Mit dem Einkommensteuerbescheid vom 12.05.1999 berücksichtigte der Beklagte den geltend gemachten Arbeitszimmeraufwand mit der Begründung nicht als Werbungskosten, daß der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Schule zur Verfügung stehe. Maßgebend hierfür seien allein objektive Gesichtspunkte. Die subjektive Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes sei demgegenüber unbeachtlich.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch beanstandete die Klägerin, daß ein im Sekretariat aufgestellter Schreibtisch nicht als anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 2, 2. Alternative EStG gewertet werden könne. Es handele sich keinesfalls um ein Dienstzimmer der Schulleiterin. Auch der Konrektor halte sich nachmittags zu unregelmäßigen Zeiten im Sekretariat auf, um seinen dienstlichen Aufgaben nachzukommen. Bei einem solchen lediglich teilweise berufsbezogenen, nämlich zur Unterrichtsbegleitung ungeeigneten Arbeitsplatz bleibe ihr nichts anderes übrig, als in ihrer Wohnung ein Arbeitszimmer vorzuhalten und zur Unterrichtsvorbereitung zu nutzen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12.08.1999 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, daß der der Klägerin in der Schule zur Verfügung stehende Schreibtisch objektiv nicht nur zur Erledigung der Schulverwaltungstätigkeiten, sondern ebenso für die Unterrichtsvor- und -nachbereitung geeignet sei. Die Mitbenutzung des Raumes durch die Sekretärin und den Konrektor ändere daran nichts, weil kein Zimmer zur Alleinbenutzung erforderlich sei. Unabhängig davon stehe der Klägerin das Zimmer während der ganz überwiegenden Nachmittagszeit zur Alleinnutzung zur Verfügung. Schließlich sei die Ausstattung des häuslichen Arbeitszimmers mit Arbeitsmitteln, die in dem vom Arbeitgeber gestellten Raum nicht vorhanden seien, ohne Bedeutung. Auch sei nicht erforderlich, daß alle Arbeitsmittel in der Schule gelagert werden könnten. Auf den Einsatz moderner Medien habe der Arbeitgeber nur Anspruch, wenn er die erforderlichen Einrichtungen selbst zur Verfügung stelle.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin ergänzend geltend, daß sie nicht einmal über einen individuellen Schreibtisch-Arbeitsplatz im Sekretariat verfüge, da dieser auch von dem Konrektor mitgenutzt werde. Den im Sekretariat aufgestellten PC nutze zusätzlich ein weiterer Kollege für Verwaltungsarbeiten. Auf die einschlägige Bestätigung des Konrektors vom 09.11.1999 sei zu verweisen. Eine Abstimmung mit dem Konrektor wegen der Nutzung des Schulleiterschreibtisches sei objektiv unzumutbar. Der ihr zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz erfülle in mehrfacher Hinsicht nicht die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes. Schließlich finde an den Schultagen zwischen 13.00 Uhr und 6.00 Uhr des Folgetages auch eine Temperaturabsenkung statt (Verringerung der Vorlauftemperatur von 75 Grad auf 45 Grad). Damit sei in den kälteren Monaten eine gesundheitlich zuträgliche Mindestraumtemperatur nicht garantiert. Das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20.03.1998 4...

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