Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenbetriebliches Interesse bei PKW-Rabatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Rahmen eines Joint Venture an Beschäftigte des Vertragspartners gewährte, über den Händlerabschlag hinausgehende, Rabatte beim Verkauf von PKW erfolgen im eigenbetrieblichen Interesse und sind bei den Beschäftigten nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen, sofern mit der Marketingmaßnahme eine leicht zugängliche, unkomplizierte Kundengruppe angesprochen werden soll, die der Marke nahesteht und durch die sich der Verkäufer eine Vergrößerung seines Absatzmarktes an Endverbraucher und somit eine Steigerung seines Umsatzes erhofft.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.02.2022; Aktenzeichen VI R 53/18)

BFH (Aktenzeichen VI R 53/18)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Vergünstigungen beim Kauf eines Kraftfahrzeugs der Marke X steuerpflichtiger Arbeitslohn des Klägers darstellen.

Der verheiratete Kläger ist von Beruf Ingenieur und seit dem 01.07.2002 bei der Firma I-GmbH im Bereich Produktentwicklung angestellt (s. Arbeitsvertrag vom 10.05.2002, Bl. 58ff. d. Gerichtsakte). Danach erhielt der Kläger im ersten Beschäftigungsjahr ein monatliches Gesamtbruttogehalt von 3.940 € (im Streitjahr mtl. 5.743,50 € Grundgehalt) und eine einmalige jährliche Weihnachtsgratifikation nach dem Tarifvertrag Metall NRW. Vereinbarungen zu etwaigen Kraftfahrzeugkäufen der Marke X enthält der Arbeitsvertrag nicht.

Die I-GmbH wurde 2001 als Joint Venture von der X-Werke GmbH (kurz: X) und der G-GmbH mit Anteilen von jeweils 50 von Hundert gegründet. Sie stellte im Wesentlichen Getriebe für X, aber auch für andere Hersteller her. Im Jahr 2014 beschäftigte sie 1.659 eigene Mitarbeiter und 1.821 auf der Basis von Serviceverträgen von X entliehene Mitarbeiter. Die I-GmbH schloss mit X am 20.09.2001 eine Vereinbarung über den „Verkauf von Neu- und Gebrauchtfahrzeuge zu Sonderkonditionen” (s. Bl. 24 f., 57 der Gerichtsakte). In dieser Vereinbarung heißt es auszugsweise:

„Die X-Werke Aktiengesellschaft (nachfolgend: X) und die I-GmbH sind übereingekommen, den I-GmbH-Mitarbeiter/innen, … X Neu- und Gebrauchtfahrzeuge zu Sonderkonditionen entsprechend den nachfolgend näher festgelegten Regelungen zu verkaufen:

2. Kaufberechtigt sind alle ….I-GmbH-Mitarbeiter/innen, …, die in Deutschland beschäftigt sind bzw. waren.

3. Die Kaufberechtigung besteht für vier Fahrzeuge (maximal zwei Gebrauchtfahrzeuge) pro Kalenderjahr, die mindestens 6 Monate im Besitz des Erwerbers/der Erwerberin verbleiben müssen. …

4. Die Fahrzeuge können auch auf eine der folgend genannten Personen zugelassen und diesen zum persönlichen Gebrauch überlassen werden: Ehepartner, Kinder, Adoptiv- und Stiefkinder, Eltern, Schwiegereltern, Schwiegertöchter und -söhne, Großeltern, Enkel, Geschwister oder Lebensgefährtin/en. …

6. Damit die I-GmbH-Mitarbeiter/innen durch die X-Systeme erkannt werden können, meldet die I-GmbH zu Beginn dieser Vereinbarung alle kaufberechtigten Personen in der als Anlage 1 beigefügten Form an X. Diese Meldung wird seitens I-GmbH auf dem Laufenden gehalten. …

7. Vor der Verarbeitung dieser Daten ist kein Vertragsabschluss möglich.

8. Beim Kauf eines Neufahrzeugs geht der/die I-GmbH-Mitarbeiter/in zu einem X-Händler seiner/ihrer Wahl.

9. Bei Kauf eines Gebrauchtfahrzeugs wendet sich der/die I-GmbH-Mitarbeiter/in an den Gebrauchtwagen-Verkauf der X-Werke AG.

10. Der/Die I-GMBH-Mitarbeiter/in weist sich mit seinem/ihrem Firmenausweis in Verbindung mit einer Kaufberechtigung (Anlage 2) und seinem/ihrem gültigen Personalausweis als kaufberechtigt aus und bestellt das Auto seiner/ihrer Wahl aus den für den Kauf an den berechtigten Personenkreis freigegebenen Modellen.

12. Die derzeit gültigen Rabatte für Neufahrzeuge sind aus Anlage 3 ersichtlich. Änderungen dazu werden jeweils von X an I-GmbH schriftlich bekannt gegeben.

13. Die gewährten Rabatte stellen einen geldwerten Vorteil dar. Die daraus resultierenden Steuern, Versicherungen und sonstigen Abgaben gehen zu Lasten der/des Kaufberechtigten. Die Belastung erfolgt durch die I-GmbH.

14. Zu diesem Zweck wird X I-GmbH alle für die Versteuerung relevanten Daten bereitstellen.

15. Der jährliche Freibetrag in Höhe von derzeit EURO 1.227,10 steht den I-GmbH-Mitarbeitern nicht zur Verfügung.

16. Diese Vereinbarung kann von jeder Gesellschaft jederzeit ohne Angaben von Gründen mit einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende gekündigt werden. …”

Im Übrigen wird auf die Vereinbarung vollinhaltlich Bezug genommen.

Hintergrund der Vereinbarung war ein „Proposal” vom 18.05.2001 von X, in dem es heißt: „X owns 50 % oft he JV and should have an interest in extending the X-products to the new JV-employees as well. …” Im Übrigen wird auf das Proposal verwiesen (Bl. 26 d. Gerichtsakte).

Im Februar 2015 bestellte der Kläger verbindlich zu vergünstigten Mitarbeiterkonditionen der Firma X ein Neufahrzeug des Modells G, welches im April 2015 zu einem Kaufpreis von 20.216,85 € an den Kläger ausgeliefer...

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