Entscheidungsstichwort (Thema)

Isolierte Aufhebung einer Einspruchsentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu einer isolierten Aufhebung einer Einspruchsentscheidung durch das Gericht kann es dann kommen, wenn der Antrag auf Aussetzung oder Ruhen des Verfahrens rechtswidrig abgelehnt worden ist oder wenn die Aussetzung oder das Ruhen des Verfahrens rechtswidrig widerrufen wurde.

 

Normenkette

AO § 363 Abs. 2 S. 1, Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.01.2007; Aktenzeichen X B 1/06)

BFH (Beschluss vom 30.01.2007; Aktenzeichen X B 1/06)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Einkommensteuerbescheide und begehrt isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung und hilfsweise Aufhebung der Steuerbescheide.

Auf die Einkommensteuererklärungen der Klägerin, die im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, erließen das Finanzamt Hamburg-Nord (bis einschließlich Bescheid für 1994) und danach der Beklagte, der die Verfahren insgesamt 1996 übernahm, Einkommensteuerbescheide für folgende Jahre:

Jahr

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

Bescheid

30.03.92

14.07.93

05.05.94

15.05.95

02.08.96

05.02.97

28.09.98

Jahr

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

Bescheid

24.08.99

20.04.00

31.08.01

24.06.02

22.05.03

02.06.04

02.06.04

Die Bescheide ergingen zum Teil vorläufig, unter anderem die Bescheide der Jahre 1991 - 1995 und 1999 - 2003 hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen, § 10 Abs. 3 EStG.

Am 25. Juni 1992 erließ das Finanzamt Hamburg-Nord für das Jahr 1990 einen Änderungsbescheid, in dem es dem Einspruch teilweise abhalf, soweit die Nichtanerkennung von Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gerügt worden war. Dieser Änderungsbescheid erging vorläufig im Hinblick auf die berücksichtigen Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen, § 10 Abs. 3 EStG.

Die Klägerin wurde bei nachfolgend angegebenen Einkünften, beschränkt abziehbaren Sonderausgaben (Sonderausg.), in denen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung enthalten sind (RV), wie folgt mit Einkommensteuer (ESt) belastet (bis 2001 in DM, ab 2002 in EUR):

Jahr

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

Einkünfte

54.548

44.220

13.676

37.072

50.631

54.366

59.633

Sonderausg.

13.713

9.291

5.219

9.364

13.014

14.151

16.102

davon RV

5.754

4.148

1.499

3.526

5.400

5.687

6.634

ESt

11.084

8.705

1.419

6.076

9.841

10.930

12.571

Jahr

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

Einkünfte

54.212

58.796

78.802

80.328

78.531

40.363

41.683

Sonderausg.

15.530

16.613

19.549

20.437

19.271

10.508

10.920

davon RV

6.395

6.953

8.548

9.071

8.623

4.444

4.252

ESt

10.870

12.345

19.266

19.605

17.754

9.192

9.656

Die Klägerin legte jeweils Einspruch ein:

Jahr

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

Einspruch

08.04.92

21.07.93

01.06.94

13.06.95

30.08.96

03.03.97

23.10.98

Jahr

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

Einspruch

17.09.99

11.05.00

11.09.01

27.06.02

27.05.03

09.06.04

09.06.04

Die Einsprüche wurden jeweils umfangreich begründet.

Die Klägerin stützte ihre Einsprüche im Wesentlichen darauf, dass die angewendeten Steuergesetze nicht rechtmäßig seien, insbesondere die nur beschränkte Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen, aber auch beispielsweise die Höhe des Grundfreibetrags (Streitjahre 1992, 1998 - 2003), die Streichung des Arbeitnehmer- und des Weihnachtsfreibetrags (1991 - 1995), die Nichtberücksichtigung privater Schuldzinsen (1993 - 2001), die Praxis der Besteuerung von Arbeitnehmern (1994 - 2003) sowie Diverses mehr. Ganz überwiegend benannte die Klägerin zu den aufgeworfenen Rechtsfragen gerichtliche Aktenzeichen. Sie trug vor, diese Aktenzeichen gehörten zu anhängigen Gerichtsverfahren, die mit den aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang stünden. Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Einspruchsverfahren ruhten deswegen bzw. sie beantragte das Ruhen des Verfahrens.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die einspruchsbegründenden Schreiben der Klägerin.

Für die Streitjahre 1991 - 1993 teilte das seinerzeit zuständige Finanzamt Hamburg-Nord der Klägerin mit, dass ihrem Antrag auf Ruhen entsprochen werde.

Mit Schreiben vom 10. März 1999 teilte der Beklagte der Klägerin für die Streitjahre 1990 - 1993 mit, dass die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Musterverfahren mittlerweile abgeschlossen seien und vor Erlass der Einspruchsentscheidung die Möglichkeit zur Rücknahme oder weiterer Begründung gegeben werde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 1999 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Steuerbescheide 1990 - 1992 zurück.

Diese Einspruchsentscheidung hob der Beklagte wieder auf, nachdem die Klägerin Klage erhoben hatte (FG Hamburg Az. VII 179/99). Die Aufhebung begründete der Beklagte seinerzeit damit, dass Schreiben der Klägerin, mit denen die Einspruchsbegründungen erweitert worden waren, im internen Geschäftsgang des Beklagten die Rechtsbehelfsstelle nichterreicht hätten und demzufolge bei der Entscheidung über die Einsprüche unberücksichtigt geblieben worden waren. Das Klagverfahren endete, weil die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend fü...

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