vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachliche Zuständigkeit für die Stundung einer Kindergeldrückforderung und Fortbestand der Zuständigkeit der Wohnsitz-Familienkasse

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Übertragung der Zuständigkeit für die Bearbeitung von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen des Inkasso Services auf die Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord durch den Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit vom 14. April 2016 (15/2016) berührt nicht die sachliche Zuständigkeit der für den Wohnsitz des Kindergeldberechtigten zuständigen Familienkasse für Entscheidungen im Erhebungsverfahren (Anschluss an Urteil des Sächsischen FG vom 7. März 2018 8 K 1527/17 Kg).

2. Auf die deshalb teilweise begründete Klage gegen einen von dieser unzuständigen Behörde erlassenen ablehnenden Bescheid über die Stundung einer Kindergeldrückforderung ist der angegriffene Bescheid aufzuheben, ohne dass eine Verpflichtung der handelnden Behörde zur Vornahme der begehrten Stundung oder zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in Betracht kommt.

 

Normenkette

AO § 6 Abs. 2 Nr. 6, § 37 Abs. 2, § 126 Abs. 2, §§ 127, 222; FVG § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 11 Sätze 2, 4; FGO § 101

 

Streitjahr(e)

2014, 2015, 2016, 2017, 2018

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.02.2021; Aktenzeichen III R 36/19)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags, eine Kindergeldrückforderung zu stunden.

Der Kläger bezog bis Januar 2017 Kindergeld für B. B befand sich nach der Geburt eines eigenen Kindes seit dem August 2014 in Elternzeit. Die Familienkasse Nordrhein-Westfalen (NRW) D hob, nachdem sie davon Kenntnis erhalten hatte, durch Bescheid vom 10. März 2017 die Festsetzung des Kindergeldes für B gegenüber dem Kläger ab September 2014 auf und forderte das für September 2014 bis Januar 2017 gezahlte Kindergeld in Höhe von 5.464 Euro vom Kläger zurück (Verwaltungsakte - VA - Bl. 24). Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein, über den die Familienkasse NRW D noch nicht entschieden hat.

Der für den Forderungseinzug zuständige Inkasso-Service der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit, die Agentur für Arbeit C, erklärte sich mit Schreiben vom 10. Januar 2018 aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers damit einverstanden, dass er zur Tilgung des rückständigen Erstattungsanspruchs nebst Säumniszuschlägen ab dem 5. Februar 2018 monatliche Raten in Höhe von 50 Euro leiste (VA Bl. 43). Da der Kläger die Ratenzahlungsvereinbarung ab März 2018 nicht mehr einhielt, forderte die Beklagte den Kläger durch Schreiben vom 14. März 2018 auf, die Rate für diesen Monat bis zum 28. März 2018 zu zahlen (VA Bl. 47). Mangels Zahlung dieser Rate bis zu diesem Termin mahnte sie mit Schreiben vom 4. April 2018 die gesamte offene Forderung zur Zahlung bis zum 18. April 2018 an (VA Bl. 51) und drohte - weil der Kläger auch bis dahin keine Zahlungen geleistet hatte - die Vollstreckung für den Fall an, dass der Rückstand in Höhe von 5.690,50 Euro nicht bis zum 8. Mai 2018 ausgeglichen werde (VA Bl. 55).

Der Kläger teilte der Beklagten daraufhin per E-Mail vom 23. April 2018 mit, dass es ihm nicht möglich sei, die vereinbarten monatlichen Raten von 50 Euro zu leisten, weil er ausschließlich eine Erwerbsminderungsrente in Höhe 660 Euro beziehe. Über weitere Einnahmen verfüge er derzeit nicht. Von dieser Rente müsse er noch Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 180 Euro monatlich entrichten. Er bat daher um Aussetzung der angedrohten Vollstreckung. Er werde sich weiterhin bemühen, entsprechende Raten zu leisten (VA Bl. 59).

Die Beklagte legte diesen Antrag als Stundungsbegehren aus und bat den Kläger, weitere Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen. Dieser Aufforderung kam der Kläger mit Schreiben vom 19. Juni 2018, auf das Bezug genommen wird, nach (VA Bl. 68 ff.).

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 14. August 2018 ab. Nach § 222 der Abgabenordnung (AO) dürfe ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise gestundet werden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheine. Die Einziehung sei für den Schuldner erst dann mit einer erheblichen Härte verbunden, wenn er sich auf die Erfüllung des Anspruchs nicht rechtzeitig habe vorbereiten können oder sich augenblicklich in ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen befinde. Als Ursache für die erhebliche Härte kämen insbesondere persönliche Gründe in Betracht. Voraussetzung für eine Stundung aus persönlichen Gründen sei die Stundungsbedürftigkeit und die Stundungswürdigkeit des Schuldners. Stundungswürdig sei der Schuldner, wenn er seine wirtschaftliche Situation nicht selbst herbeigeführt und nicht gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen habe. Stundungswürdigkeit sei insbesondere dann zu verneinen, wenn der Schuldner ...

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