Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte aus Kapitalvermögen – Testamentarische Anordnung eines verzinslichen Geldvermächtnisses mit hinausgeschobener Fälligkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Geldvermächtnis, das nach testamentarischer Anordnung fünf Jahre nach dem Tod des Vermächtnisgebers fällig werden soll und bis dahin mit 5 % p.a. zu verzinsen ist, stellt eine mit dem Tod des Erblassers begründete sonstige Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar.
  2. Die testamentarisch verfügte spätere Fälligkeit unter gleichzeitiger Bestimmung einer Verzinsung bis zum Fälligkeitszeitpunkt bewirkt nicht, dass die Zinsen Teil der Zuwendung von Todes wegen werden.
 

Normenkette

EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7; BGB § 2173 S. 2, §§ 2174, 2176-2177

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.10.2015; Aktenzeichen VIII R 40/13)

 

Tatbestand

Die Kläger sind für das Streitjahr 2006 durch Bescheid vom 25.7.2012 zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Streitig ist, ob Zinsen in Höhe von 51.250 Euro im Zusammenhang mit einem Vermächtnis des Vaters des Klägers als Einnahmen aus Kapitalvermögen des Klägers zu qualifizieren sind.

Die Eltern des Klägers hatten am 31.1.2000 ein Testament errichtet. Nach dem Tod des Vaters des Klägers wurde am 21.8.2001 das Testament eröffnet. Unter anderem war darin bestimmt (Nr. 4 des Testaments), dass der Kläger beim Tod des Erstversterbenden Elternteils als Vermächtnis einen Geldbetrag in Höhe des beim Tod des Erstversterbenden geltenden Freibetrages bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer erhalten sollte. Der Betrag sei fünf Jahre nach dem Tod fällig und bis dahin mit 5 % p.a. zu verzinsen.

Mit Vertrag vom 27.6.2007 verzichtete die Mutter des Klägers auf ihre Nießbrauchsrechte an verschiedenen Immobilien. Der darin für den Kläger liegende Vermögensvorteil wurde von den Beteiligten mit 456.825,02 Euro beziffert. Im Gegenzug („Gegenleistung”) stellte der Kläger seine Mutter von einem (Rest-) Darlehen i.H.v. 20.000 Euro frei und verzichtete auf seine Ansprüche aus dem vorgenannten Vermächtnis. Letztgenannter Anspruch betrug 205.000 Euro (Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftssteuergesetzes –ErbStG- in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) zzgl. der Verzinsung in Höhe von 61.640 Euro. Die Verzinsung bis zum Ablauf von fünf Jahren nach dem Tod des Vaters (21.8.2006) hatte 51.250 Euro betragen.

Der Beklagte hatte zunächst für den Veranlagungszeitraum 2007 die Zinseinnahme von insgesamt 61.640 Euro steuerlich erfasst (Bescheid vom 13.4.2011). Hierüber kam es zum Klageverfahren unter dem Aktenzeichen 16 K 3407/11 E. Dieses Klageverfahren wurde durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet. Die Beteiligten waren darin überein gekommen, dass der Zinsertrag jedenfalls nicht im Jahre 2007 zugeflossen sei. Daraufhin erließ der Beklagte den eingangs genannten Einkommensteuerbescheid 2006. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger am 5.10.2012 Klage erhoben.

Die Kläger sind der Meinung, dass die Zinsen Teil der Zuwendung von Todes wegen seien und deshalb nicht als einkommensteuerlicher Ertrag gewertet werden dürften. Der Vater des Klägers habe diesem einen Betrag von 256.250 Euro mit der Befristung vermacht. Hierzu werde auf die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verwiesen. Nur mit Rücksicht auf die sich bis zum Tode möglicherweise der Höhe nach veränderten Freibeträge habe der Vater die testamentarische Bestimmung getroffen. Es habe sich lediglich um die Umschreibung des berechenbaren Umfangs des Vermächtnisses gehandelt. Der Fall sei vergleichbar mit einer Anordnung des Erblassers, einem Pflichtteilsberechtigten zur Abgeltung des Pflichtteilsanspruchs eine monatliche Rente zu zahlen. Wegen weiterer Einzelheiten wird insbesondere auf das Vorbringen der Kläger in dem Klageverfahren Az. 16 K 3407/11 E verwiesen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 25.7.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.9.2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die Zinseinnahmen i.H.v. 51.250 Euro als Einnahmen bei der Berechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers erfasst und der Besteuerung zugeführt.

Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.

Der erbrechtlich begründete Anspruch des Klägers auf das Vermächtnis i.H.v. 205.000 Euro stellte eine mit dem Tod des Erblassers begründete sonstige Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Gemäß § 2173 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gilt die genannte Gelds...

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