Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskostenabzug von nach der Wahl aber vor Amtsantritt eines Bürgermeisters entstandenen Aufwendungen und der Bewirtungskosten vom Wahlabend. Einkommensteuer 1995

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufwendungen, die aus beruflichem Anlass nach der Wahl zum Bürgermeister aber vor dessen Amtseinführung entstehen, sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig, wenn u. a. dafür eine die Aufwendungen übersteigende, steuerfrei belassene Dienstaufwandsentschädigung gezahlt wird.

2. Bewirtet ein designierter Bürgermeister am Wahlabend die Bürgern der Gemeinde, unterliegen die Aufwendungen –auch bei einem unstreitigen beruflichen Bezug– dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, §§ 3c, 12 Nr. 1 S. 2, § 3 Nr. 12 S. 2; LKomBesVO § 10

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob beruflich veranlasste Aufwendungen einer Bürgermeisterin, die ihr zwischen dem Wahltag und der Amtseinführung entstanden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steuermindernd berücksichtigt werden können oder ob dies im Hinblick darauf ausgeschlossen ist, dass die Bürgermeisterin nach § 10 der Verordnung der Landesregierung über die Besoldung und Dienstaufwandsentschädigung der Landräte, der hauptamtlichen Bürgermeister und der Beigeordneten (Landeskommunal-Besoldungsverordnung –LKomBesVO–) vom 6. März 1979 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg 1979, Seite 98) auch für diese Aufwendungen eine – steuerfrei belassene – Entschädigung erhalten hat, die insgesamt über die von ihr belegbaren beruflich veranlassten Aufwendungen hinaus ging.

Die Kläger sind Eheleute, die aufgrund der am 12. Februar 1995 erfolgten Wahl der Ehefrau zur Bürgermeisterin der Stadt X. im Streitjahr in diese Gemeinde und damit in den Zuständigkeitsbereich des beklagten Finanzamts (FA) gezogen sind. Die Klägerin wurde am 18. April 1995 in ihr Amt eingeführt. Von diesem Tag an erhielt sie Bezüge nach Maßgabe der LKomBesVO. Hierzu rechnete auch eine aufgrund § 10 LKomBesVO – für den Monat April 1995 zeitanteilig – gewährte Dienstaufwandsentschädigung. § 10 LKomBesVO in der für das Streitjahrgeltenden Fassung lautet wie folgt:

(1) Als Entschädigung für den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand, dessen Bestreitung aus den Dienstbezügen dem Beamten nicht zugemutet werden kann, wird eine Dienstaufwandsentschädigung gewährt.

(2) Die Dienstaufwandsentschädigung entfällt,

  1. wenn der Beamte ununterbrochen länger als drei Monate sein Amt tatsächlich nicht ausübt, für die über drei Monate hinausgehende Zeit;
  2. solange der Beamte seines Dienstes enthoben ist;
  3. wenn die oberste Dienstbehörde dem Beamten die Führung seiner Dienstgeschäfte wegen des dringenden Verdachts eines Dienstvergehens verboten hat.

Im Falle der Nummer 1 kann die Dienstaufwandsentschädigung bis zur Dauer von höchstens sechs Monaten weitergewährt werden.

In der gemeinsamen Einkommensteuer-Erklärung für 1995 machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben Wahlkampfkosten, die das FA zum Abzug als Werbungskosten zuließ, und anderen Aufwendungen, deren Berücksichtigung die Kläger nicht mehr weiterverfolgen, die folgenden – vorliegend streitbefangenen – Aufwendungen geltend:

DM

a)

Bewirtung am Wahlabend

2.151,40

b)

Aufwendungen für die Teilnahme an für ihre bevorstehende Amtsausübung bedeutsamen Veranstaltungen in der Zeit vom 19.2. – 7.3.1995 (Fahrtkosten für Fahrten zwischen ihrem damaligen Wohnort und X., Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen)

880,55

c)

Aufwendungen für die Anmietung einer Ferienwohnung in X. für die Zeit vom 9.3. – 8.4.1995 nebst Verpflegungsmehraufwendungen für obige Zeit und Kosten für insgesamt 6 weitere Fahrten zwischen X. und ihrem weiterbestehenden Hauptwohnsitz in Y.

2.921,20

Insgesamt

5.953,15

Das FA lehnte die steuermindernde Berücksichtigung dieser Aufwendungen als Werbungskosten unter Hinweis darauf ab, dass diese durch die steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung abgegolten seien. Die Aufwendungen hingen bereits unmittelbar mit der Tätigkeit der Klägerin als (künftiger) Bürgermeisterin zusammen. Unter anderem auch hierfür habe die Klägerin nach § 10 LKomBesVO eine Dienstaufwandsentschädigung erhalten, welche gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sei. Wegen § 3 c EStG dürften die streitbefangenen Aufwendungen deshalb nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung zur Versagung des Werbungskostenabzugs wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 25. Mai 1998 Bezug genommen, mit der die mit Bescheid vom 14. Januar 1997 festgesetzte Einkommensteuer für 1995 zwar herabgesetzt, der Einspruch hinsichtlich der vorliegend streitbefangenen Aufwendungen indessen als unbegründet zurückgewiesen worden ist.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, welche die Kläger zusa...

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