Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Beschränkte Steuerpflicht, EG-Privilegienprotokoll,

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 14 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, das ursprünglich dem Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften beigefügt war und sodann durch den Vertrag von Amsterdam dem EG-Vertrag beigefügt wurde, ist dahin auszulegen, dass der Ehegatte einer Person, der sich lediglich wegen des Dienstantritts dieser Person bei der Europäischen Union im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats niederlässt, in dem er zur Zeit des Dienstantritts dieser Person bei der Union seinen steuerlichen Wohnsitz hatte, wenn er keine eigene Berufstätigkeit ausübt, so behandelt wird, als hätte er seinen früheren Wohnsitz beibehalten.

 

Normenkette

PrivProtEG Art. 14 Abs. 1

 

Beteiligte

Lotta Gistö

Finnischer Staat

 

Verfahrensgang

Korkein hallinto-oikeus (Finnland) (Beschluss vom 27.05.2010; ABl. EU 2010, Nr. C 221/25)

 

Tatbestand

„Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften ‐ Art. 14 Abs. 1 ‐ Bestimmung des steuerlichen Wohnsitzes des Ehegatten eines Beamten der Union ‐ Nationales Recht, das eine Regelung vorsieht, wonach der Betreffende, der drei Jahre im Ausland ansässig war, nicht mehr als im Inland wohnhaft und daher mit seinen Einkünften nicht mehr als unbeschränkt steuerpflichtig angesehen wird“

In der Rechtssache C-270/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 27. Mai 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 2010, in dem Verfahren

Lotta Gistö

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-J. Kasel (Berichterstatter) sowie der Richter A. Borg Barthet und M. Ilešič,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,

‐ der estnischen Regierung, vertreten durch M. Linntam als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Koskinen, D. Martin und M.-I. Martínez del Peral als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, das ursprünglich dem Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1967, Nr. 152, S. 13) beigefügt war und sodann durch den Vertrag von Amsterdam dem EG-Vertrag beigefügt wurde (im Folgenden: Protokoll).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines von Frau Gistö angestrengten Verfahrens, in dem festgestellt werden soll, ob sie im Steuerjahr 2007 in Finnland unbeschränkt oder nur beschränkt einkommensteuerpflichtig war.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 13 des Protokolls lautete:

„Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Gemeinschaften ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlen, wird zugunsten der Gemeinschaften eine Steuer gemäß den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben, die vom Rat auf Vorschlag der Kommission festgelegt werden.

Die Beamten und sonstigen Bediensteten sind von innerstaatlichen Steuern auf die von den Gemeinschaften gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit.“

Rz. 4

Art. 14 Abs. 1 des Protokolls sah vor:

„Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften, die sich lediglich zur Ausübung einer Amtstätigkeit im Dienst der Gemeinschaften im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates niederlassen, in dem sie zur Zeit des Dienstantritts bei den Gemeinschaften ihren steuerlichen Wohnsitz haben, werden in den beiden genannten Staaten für die Erhebung der Einkommen-, Vermögen- und Erbschaftsteuer sowie für die Anwendung der zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaften geschlossenen Abkommen so behandelt, als hätten sie ihren früheren Wohnsitz beibehalten, sofern sich dieser in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaften befindet. Dies gilt auch für den Ehegatten, soweit dieser keine eigene Berufstätigkeit ausübt, sowie für die Kinder, die unter der Aufsicht der in diesem Artikel bezeichneten Personen stehen und von ihnen unterhalten werden.“

Nationales Recht

Rz. 5

§ 9 Abs. 1 Tuloverolaki (1992/1535, Einkommensteuergesetz) vom 30. Dezember 1992 sieht vor:

„Steuerpflichtig ist

1) eine im Steuerjahr in Finnland ansässige natürliche oder juristische Person, eine inländische Zweckgemeinschaft oder ein inländischer Nachlass mit ihren in- und ausländischen Einkünften (unbeschränkte Steuerpflicht),

2) eine im Steuerjahr nicht in Finnland ansässige natürliche oder juristische Person mit ihren inländischen Einkünft...

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