Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Ermittlung der Einkünfte bei der Prüfung von Liebhaberei

 

Leitsatz (NV)

1. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist die Überschußerzielungsabsicht zu verneinen, wenn das Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung durch den Nutzenden negativ ist, wobei steuerfreie Veräußerungsgewinne außer Betracht bleiben; dabei ist von den Ergebnissen auszugehen, die sich nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften voraussichtlich ergeben werden und ggf. zu prüfen, ob Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) oder solche aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG) in Betracht kommen (Anschluß an BFH-Urteil vom 5. Mai 1988 III R 41/85, BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778).

2. Vermietet der Eigentümer eines großen, parkähnlichen Grundstücks, auf dem vorher ein Märchenpark betrieben wurde, einige Räume in einem darauf befindlichen Gebäude, so erzielt er nur insoweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und kann den Mieteinnahmen lediglich die dem vermieteten Grundstücks- und Gebäudeteil zuzuordnenden Werbungskosten gegenüberstellen.

3. Nutzt der Eigentümer in dem Gebäude selbst Räume, die keine sanitären Anlagen und keinen Wasseranschluß enthalten und damit nicht die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen, so ist der Nutzungswert des eigengenutzten Teils des Hauses und die Parkanlage mangels Vorliegens einer Wohnung nicht gemäß § 21 Abs. 2 EStG in die Einkünfte des Eigentümers aus Vermietung und Verpachtung miteinzubeziehen.

4. Plante der Eigentümer, auf dem Grundstück eine Hotelanlage zu errichten, so kommt ein Abzug als vorabentstandene Betriebsausgaben dann in Betracht, wenn der Eigentümer konkret damit rechnen konnte, das Grundstück in überschaubarer Zeit mit einem Hotel bebauen zu können, und wenn er seine erkennbare Bauabsicht nachhaltig zu verwirklichen suchte (Ergänzung zur Senatsentscheidung vom 4. Juni 1991 IX R 30/89 BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761).

 

Normenkette

EStG 1981 § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erwarb 1980 im Wege der Zwangsvollstreckung ein 21178 qm großes Grundstück in landschaftlich reizvoller Lage, auf dem zuvor ein Märchenwald betrieben worden war. Auf dem Grundstück befinden sich ein Gebäude mit Wohn- und Gaststättenteil einschließlich Einrichtung, Außenanlagen wie Geräteschuppen, Kassenhäuschen, Parkanlage und Parkplatz sowie Märchenfiguren. Von dem Kaufpreis entfiel nach den Wertverhältnissen 1980 entsprechend den Feststellungen des Bausachverständigen des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA -) auf den Grund und Boden . . . DM, auf das 1970 errichtete Gebäude . . . DM und auf das Inventar . . . DM. Das Grundstück wurde auf den 1. Januar 1981 als Betriebsgrundstück bewertet.

Bei dem Gaststätten- und Wohngebäude handelt es sich um eine nicht wärmeisolierte Holzbaracke. Der Bausachverständige schätzte deren technische Lebensdauer auf 30 Jahre. Die Grundfläche beträgt 145,59 qm, wovon 60,4 qm auf den ursprünglichen Gastraum entfallen. Der übrige Gebäudeteil von 85,19 qm Grundfläche umfaßt drei Zimmer, Küche, Bad und Flur und wurde von 1981 an jeweils in der Zeit von Mai bis November für monatlich . . . DM möbliert vermietet. In den Wintermonaten war die Baracke wegen der fehlenden Wärmeisolierung nicht nutzbar. Der Kläger und seine Familie nutzten den ursprünglichen Gastraum als Arbeits- und Aufenthaltsraum. Die zuständige Kreisverwaltung beschied eine vom Kläger 1981 eingereichte Bauvoranfrage zur Errichtung eines Hotel- und Gaststättenbetriebs abschlägig.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1980 machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung u. a. einen Werbungskostenüberschuß aus dem Grundstück von . . . DM geltend. Neben Zinsen, Geldbeschaffungskosten, Instandsetzungsaufwendungen und Fahrtkosten machten sie Absetzungen für Abnutzung (AfA) für das Inventar geltend. Die AfA für das Gebäude ermittelten sie bei einer Restnutzungsdauer von 20 Jahren mit 5v.H. von . . . DM. Das FA folgte dem im wesentlichen. Nach der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1981 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid 1980 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und berücksichtigte in dem geänderten Bescheid einen Werbungskostenüberschuß von nur noch . . . DM. In der Einspruchsentscheidung vertrat das FA nach entsprechendem Hinweis die Auffassung, mangels Überschußerzielungsabsicht erziele der Kläger keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und verböserte entsprechend.

Für das Streitjahr 1981 erklärten die Kläger einen Werbungskostenüberschuß von . . . DM. Das FA ermittelte entsprechend der Aufteilung für 1980 zunächst einen solchen von . . . DM. In der Einspruchsentscheidung sah es die Einkünfte aus dem Grundstück wie für das Vorjahr als steuerlich nicht relevant an.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage überwiegend stattgegeben und zur Verneinung von Liebhaberei ausgeführt, es ergäben sich trotz des zu erwartenden Gesamtwerbungskostenüberschusses keine Anhaltspunkte dafür, daß die Kläger die Nutzung des Gebäudes in den Streitjahren aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt hätten.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die auf Verletzung materiellen Rechts (§§ 2, 21 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) gestützt wird.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA Änderungsbescheide erlassen, die die Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat die einkommensteuerrechtlichen Grundsätze zur sog. Liebhaberei unzutreffend angewendet.

1. Nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751 unter Abschn. C. IV. 3. c) ist eine einkommensteuerrechtlich relevante Vermögensnutzung gegeben, wenn die Absicht besteht, durch die Vermögensnutzung auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist die Überschußerzielungsabsicht zu verneinen, wenn das Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung durch den Nutzenden negativ ist, wobei steuerfreie Veräußerungsgewinne außer Betracht bleiben (Senatsentscheidung vom 19. September 1990 IX R 72/85, BFH/NV 1991, 369 m.w.N.). Dabei ist von den Ergebnissen auszugehen, die sich nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften voraussichtlich ergeben werden, und ggf. zu prüfen, ob Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) oder solche aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG) in Betracht kommen (BFH-Urteil vom 5. Mai 1988 III R 41/85, BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778).

Auch wenn sich für eine Reihe von Jahren Werbungskostenüberschüsse ergeben, reicht dies allein für die Annahme von Liebhaberei nicht aus. Es müssen ausreichende Beweisanzeichen dafür hinzukommen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus persönlichen Gründen oder Neigungen aufrechterhält (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 369).

2. Die Vorentscheidung entspricht nicht diesen Grundsätzen. Das FG hat bei seinen Erwägungen zur Einkunftserzielungsabsicht des Klägers nicht zunächst einmal geprüft, ob nur Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung oder auch solche aus Gewerbebetrieb in Frage kommen und wie die strittigen Aufwendungen des Klägers diesen Einkunftsarten zuzuordnen sind.

a) Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und damit gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hatte der Kläger nicht das gesamte Grundstück, sondern nur 85,19 qm der Holzbaracke möbliert vermietet, nämlich drei Zimmer, Küche, Bad und Flur. Nur soweit der Kläger hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, sind auch Werbungskosten abziehbar. Infolgedessen sind den Mieteinnahmen lediglich die dem vermieteten Grundstücks- und Gebäudeteil zuzuordnenden Werbungskosten gegenüberzustellen. An dieser Zuordnung fehlt es im Streitfall. Das FG ist von den Werbungskostenüberschüssen ausgegangen, die der Kläger für das gesamte Grundstück erklärt hat.

b) Das FG hat ferner unzutreffend den Nutzungswert des eigengenutzten Teils der Holzbaracke und der Parkanlage gemäß § 21 Abs. 2 EStG in die Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung miteinbezogen. Es hat dabei nicht berücksichtigt, daß eine Wohnung, für die nach § 21 Abs. 2 EStG ein Nutzungswert angesetzt werden kann, eine Zusammenfassung von Räumen ist, die die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglicht (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1982 VIII R 166/80, BFHE 139, 23, 27, BStBl II 1983, 660; Senatsentscheidung vom 16. Juli 1985 IX R 1/79, BFH/NV 1985, 77). Dies war nach den Feststellungen des FG, die den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO binden, bei dem von den Klägern selbstgenutzten Raum nicht der Fall; denn er enthielt keine sanitären Anlagen und keinen Wasseranschluß.

c) Das FG hat schließlich nicht geprüft, ob ein Teil der strittigen Aufwendungen als vorabentstandene Betriebsausgaben zur Erzielung späterer Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt werden können. Es hat keine tatsächlichen Feststellungen zu dem Vortrag der Kläger getroffen, der Kläger habe in den Streitjahren beabsichtigt, auf dem Grundstück eine Hotelanlage zu errichten. Ein Abzug als vorabentstandene Betriebsausgaben kommt dann in Betracht, wenn der Kläger in den Streitjahren konkret damit rechnen konnte, das Grundstück in überschaubarer Zeit mit einem Hotel bebauen zu können, und wenn er seine erkennbare Bauabsicht nachhaltig zu verwirklichen suchte. Der erkennende Senat verweist hierzu auf sein Urteil vom 4. Juni 1991 IX R 30/89 (BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761).

Das angefochtene Urteil war somit aufzuheben.

3. Die Sache geht mangels Spruchreife an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.

Wenn es zur Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht des Klägers die Ergebnisse aus den verschiedenen in Betracht kommenden Tätigkeiten des Klägers nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen ermittelt, wird das FG die geltend gemachten Schuldzinsen, die Gebäude-AfA und die Instandhaltungsaufwendungen insoweit als Werbungskosten den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen haben, als die Aufwendungen auf den vermieteten Gebäude- und Bodenanteil entfallen. AfA auf das Inventar wird es nur insoweit als Werbungskosten berücksichtigen können, als es zu den vermieteten Räumen gehört. Erst wenn das FG die Ergebnisse in der aufgezeigten Weise nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften ermittelt hat, wird es weiter zu prüfen haben, ob ein Gesamtüberschuß erzielbar ist. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Nutzungsdauer der Holzbaracke wegen der zunächst geplanten Hotelanlage verkürzt worden wäre. Der möglicherweise beabsichtigte Abriß des Gebäudes stünde einer Berücksichtigung von Werbungskosten während seiner Zwischennutzung nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1981 VIII R 116/79, BFHE 135, 267, BStBl II 1982, 385; von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, §§ 9 Rdnrn. B 841 ff. m.w.N.).

Bei der Prüfung des wirtschaftlichen Zusammenhangs eines Teils der strittigen Aufwendungen mit einer geplanten gewerblichen Betätigung des Klägers wird das FG schließlich auch zu prüfen haben, ob und inwieweit das Grundstück zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers gehört. Dies wäre grundsätzlich zu bejahen, wenn der Kläger schon in den Streitjahren abschließend bestimmt hätte, daß das Grundstück in Zukunft betrieblich genutzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829 m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418377

BFH/NV 1993, 8

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