Leitsatz (amtlich)

Fallen bei Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG und damit des § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG weg, so sind Anteile der Eheleute an einem Bauwerk, das ihnen gemeinsam gehört, wieder als selbständige Objekte zu behandeln. Bei jedem Ehegatten tritt hinsichtlich seines Anteils Objektverbrauch ein.

 

Normenkette

EStG 1979 § 7b Abs. 1, 5, 6 Sätze 1-2, § 26 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine frühere Ehefrau waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks, auf dem sie ein im Dezember 1978 bezugsfertig gewordenes Zweifamilienhaus errichteten. In der Einkommensteuererklärung für 1978 mit dem Antrag auf Zusammenveranlagung machten die Eheleute erhöhte Absetzungen nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes 1977 (EStG 1977) für dieses Gebäude geltend, die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) gewährt wurden.

Im Dezember 1978 trennten sich die Eheleute. Sie schlossen am 21. März 1979 einen Ehevertrag, durch den die Ehefrau ihren Miteigentumsanteil am Zweifamilienhaus an den Kläger veräußerte. Der Kläger verpflichtete sich zur Zahlung von 16 760 DM und zur Übernahme der Grundstücksbelastungen von 210 000 DM. Im Vertrag wurde u. a. ausgeführt: "Der wirtschaftliche Übergang ist bereits am 1. März 1979 erfolgt." ... "Die Beteiligten sind darüber einig, daß für das Jahr 1978 folgende getrennte Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgt, wobei die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem Ehemann zuzurechnen sind. Der Ehemann stellt jedoch die Ehefrau für 1978 von etwaigen Steuernachzahlungen frei."

In der Einkommensteuererklärung für 1979 gab der Kläger die gesamten Einkünfte aus dem Zweifamilienhaus an und machte dabei die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG 1979 (im folgenden: EStG) von dem Höchstbetrag von 200 000 DM für sich geltend. Das FA berücksichtigte lediglich erhöhte Absetzungen von 100 000 DM und Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG von dem darüber hinausgehenden Betrag, weil dem Kläger für den hinzuerworbenen Anteil keine erhöhten Absetzungen zustünden. Der Einspruch gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid für 1979 blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und führte dazu in der in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 236 veröffentlichten Entscheidung aus:

Der Kläger könne den für Zweifamilienhäuser geltenden Höchstbetrag von 200 000 DM nicht als wirtschaftlicher Eigentümer des gesamten Gebäudes in Anspruch nehmen. Entgegen der Meinung des Klägers sei wirtschaftliches Eigentum des Klägers frühestens ab dem im Ehevertrag rückwirkend vereinbarten wirtschaftlichen Übergang des Grundstücksanteils der Ehefrau am 1. März 1979 gegeben. In der Zeit davor habe der Kläger die Ehefrau nicht auf Dauer von der Einwirkung auf den ihr gehörenden Anteil ausschließen können.

Durch die Übertragung des Miteigentumsanteils auf den Kläger sei auch nicht das diesem zur Verfügung stehende Abschreibungsvolumen erweitert worden, ohne daß ein Objektverbrauch nach § 7 b Abs. 5 Satz 1 EStG eingetreten sei. Beim Hinzuerwerb eines Hälfteanteils handele es sich um den Erwerb eines weiteren Objekts im Sinne der Abschreibungsvorschrift mit der Folge, daß bereits ein Anteil bei einem späteren Hinzuerwerb weiterer Anteile zum Objektverbrauch führe.

Entgegen der Ansicht des Klägers könne auch nicht das ganze Zweifamilienhaus als Folgeobjekt im Sinne des § 7 b Abs. 5 Satz 4 EStG für den bisherigen Miteigentumsanteil -- Erstobjekt -- angesehen werden. Beim Hinzuerwerb des Hälfteanteils der Ehefrau im März 1979 hätten die Eheleute bereits getrennt gelebt, so daß die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG und damit des § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG nicht mehr vorgelegen hätten. In solchen Fällen handele es sich um den Hinzuerwerb eines neuen Objekts in der Form eines Anteils, nicht aber um den Erwerb eines Objekts "Zweifamilienhaus" unter Aufgabe des Objekts "Miteigentumsanteil". Ein Verhältnis von Erst- und Folgeobjekt sei nicht gegeben. Für den Kläger sei wegen der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen in 1978 ein Objektverbrauch eingetreten, so daß er für den von der Ehefrau hinzuerworbenen Hälfteanteil keine erhöhten Absetzungen vornehmen könne.

Mit der -- vom Senat zugelassenen -- Revision wird Verletzung von § 7 b EStG gerügt und dazu vorgebracht:

Der Kläger habe unabhängig davon, ob er bereits mit Fertigstellung des Gebäudes dessen wirtschaftlicher Eigentümer gewesen sei, Anspruch auf erhöhte Absetzungen von dem Höchstbetrag von 200 000 DM.

§ 7 b EStG setze nicht nur ein personenbezogenes, sondern auch ein objektbezogenes Förderungsvolumen fest. Die Personenbezogenheit ergebe sich für die Abschreibungsdauer, objektabhängig sei die Bemessungsgrundlage.

Nach § 7 b Abs. 1 EStG könnten sowohl der Bauherr als auch der Erwerber eines Zweifamilienhauses erhöhte Absetzungen von Herstellungskosten oder Anschaffungskosten vornehmen, soweit diese 200 000 DM nicht übersteigen. Der Kläger sei hinsichtlich eines Anteils Hersteller und für den anderen Anteil Erwerber; somit erfülle er die Voraussetzungen des Abs. 1.

Entgegen der Meinung des FG komme eine Einschränkung der Vergünstigung aus § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG nicht zum Zuge. Die Vorschrift sei nur anwendbar, wenn das Haus mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen sei. Im Streitfall sei das Zweifamilienhaus jedoch ab dem 1. März 1979 dem Kläger allein zuzurechnen.

Hinsichtlich des Objektverbrauchs enthalte § 7 b EStG nur Regelungen für Einzelpersonen -- § 7 b Abs. 5 Satz 1 EStG -- und für Personenmehrheiten -- § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG --. Es fehle eine Regelung über die Zurechnung des Objektverbrauchs bei Eheleuten, deshalb müsse die Wahl der Eheleute entscheidend sein. Diese könnten im Falle der Scheidung bei mehreren Objekten über die Zurechnung entscheiden. Da dem Kläger das Zweifamilienhaus nach der Scheidung allein zuzurechnen sei, sei ihm für dieses Objekt auch der Objektverbrauch für das Jahr 1978 zuzurechnen. Es seien ihm also vor und nach der Scheidung dasselbe Zweifamilienhaus und nicht vor der Scheidung ein Anteil und nach der Scheidung zwei Anteile daran zuzurechnen.

Der Kläger beantragt -- sinngemäß --, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkommensteuer für 1979 nach Berücksichtigung erhöhter Absetzungen vom Höchstbetrag von 200 000 DM festzusetzen.

Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Der Kläger kann im Streitjahr 1979 bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erhöhte Absetzungen nur von den Herstellungskosten seines Hälfteanteils am Zweifamilienhaus, nicht jedoch von dem hinzuerworbenen Hälfteanteil in Anspruch nehmen (§ 7 b Abs. 1, Abs. 5, Abs. 6 Satz 1 EStG).

a) Das FG hat zu Recht angenommen, daß der Kläger erhöhte Absetzungen nicht als wirtschaftlicher Eigentümer des gesamten Gebäudes vornehmen kann. Die Ausführungen der Vorinstanz, daß der Kläger vor dem Erwerb des Hälfteanteils der Ehefrau am Gebäude nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Zweifamilienhauses war, sind zutreffend. Hiergegen wurden mit der Revision keine weiteren Einwendungen erhoben.

b) Die Vorentscheidung ist auch insoweit frei von Rechtsirrtum, als sie eine Erweiterung des dem Kläger nach § 7 b EStG zustehenden Absetzungsvolumens durch den Hinzuerwerb des anderen Hälfteanteils am Zweifamilienhaus verneint hat. Der Kläger erwarb ein zweites Objekt, für das ihm keine Vergünstigung nach § 7 b EStG zusteht.

aa) Der Senat hat für den Anwendungsbereich des § 7 b EStG 1975 entschieden, daß ein Steuerpflichtiger die Steuervergünstigung erhöhter Absetzungen nur einmal für ein einziges Objekt in Anspruch nehmen kann und daß Objekt in diesem Sinne auch der Anteil an einem Einfamilienhaus, einem Zweifamilienhaus oder an einer Eigentumswohnung ist (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 4. Dezember 1979 VIII R 96/76, BFHE 129, 360, BStBl II 1980, 201). Für den Anwendungsbereich des § 7 b EStG ab 1977 hat sich, abgesehen von dem in § 7 b Abs. 5 Sätze 4 und 5 EStG eröffneten Übertragungsrecht von einem Erstobjekt auf ein Folgeobjekt, nichts an den Grundsätzen geändert, daß ein Steuerpflichtiger die Vergünstigung nur einmal in Anspruch nehmen kann und daß Objekt auch ein Anteil an einem Bauwerk ist.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. Juli 1982 VIII R 207/80 (BFHE 136, 379, BStBl II 1982, 735) für den Geltungsbereich des § 7 b EStG 1979 entschieden, daß der Miteigentümer eines nach dieser Vorschrift begünstigten Bauwerks, der von einem anderen Miteigentümer, welcher nicht sein Ehegatte ist, einen Anteil hinzuerwirbt, zu seinem ersten Objekt (Anteil) im Sinne von § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG ein zweites Objekt (Anteil) erhält. In den Gründen dieser Entscheidung wird ausgeführt, daß nach der gesetzlich bestimmten Gleichwertigkeit von Bauwerken im Sinne von § 7 b EStG und den Anteilen daran ein einmal entstandener Anteil auch dann ein selbständiges Objekt bleibt, wenn dieser Anteil von einem anderen Miteigentümer mit der Folge von Alleineigentum des Erwerbers hinzuerworben wird. Dies führt dazu, daß bei dem ersten Anteil Objektverbrauch eintritt und erhöhte Absetzungen für einen weiteren Anteil als selbständiges Objekt nur unter den Voraussetzungen des § 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG -- § 26 Abs. 1 EStG -- zulässig slnd.

Nach § 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG können Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, die erhöhten Absetzungen für insgesamt zwei der in § 7 b Abs. 5 Satz 1 EStG bezeichneten Bauwerke in Anspruch nehmen. Die Vergünstigung für zwei Objekte gilt jedoch nur in den Jahren, in denen die Ehegatten beide unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1979 VIII R 233/77, BFHE 129, 363, BStBl II 1980, 202 für den Anwendungsbereich des § 7 b EStG 1974). Ist den Ehegatten ein Bauwerk ausschließlich zuzurechnen, so gilt nach § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG dieses Bauwerk als ein einziges Objekt. Fällt eine der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG weg, so ist ab dem Veranlagungszeitraum nach dem Wegfall der Voraussetzung § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG nicht mehr anwendbar mit der Folge, daß Anteile der Eheleute an einem Bauwerk wieder als selbständige Objekte zu behandeln sind. Bei jedem Ehegatten tritt hinsichtlich seines Anteils am Bauwerk Objektverbrauch ein. Erwirbt ein Ehegatte den Anteil des anderen Ehegatten am Bauwerk hinzu, so kann der Erwerber für dieses sein zweites Objekt (Anteil) keine Steuervergünstigung mehr in Anspruch nehmen; insbesondere ist eine Erweiterung des Absetzungsvolumens ausgeschlossen.

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall stehen dem Kläger keine erhöhten Absetzungen für den hinzuerworbenen Anteil zu. Er hatte bereits mit seinem Anteil an dem Zweifamilienhaus ein selbständiges Objekt im Sinne von § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG, mit dem bei ihm Objektverbrauch eintrat.

c) Richtig ist auch die Auffassung des FG, daß der Kläger aus § 7 b Abs. 5 Satz 4 EStG keine Steuervergünstigung herleiten kann. Nach den vorstehenden Ausführungen hat der Kläger ein Objekt hinzuerworben. Demnach kann ein Verhältnis von Erstobjekt und Folgeobjekt nicht gegeben sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74567

BStBl II 1983, 293

BFHE 1982, 414

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