Leitsatz (amtlich)

1. Hat ein Steuerpflichtiger hinsichtlich seiner Umsätze aus der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 i. V. m. § 4 Nr. 12 UStG 1967 verzichtet und für die Regelbesteuerung nach § 19 Abs. 4 UStG 1967 optiert, so scheiden Vorsteuerbeträge, die als Herstellungskosten eines später vermieteten Gebäudes behandelt worden sind, aus den Herstellungskosten aus und werden Werbungskosten.

2. Erstattete Vorsteuerbeträge führen im Veranlagungszeitraum der Erstattung zu Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Das gilt auch dann, wenn sich die entrichteten Vorsteuerbeträge in früheren Veranlagungszeiträumen als Werbungskosten nicht ausgewirkt haben (Abweichung vom BFH-Urteil vom 13. März 1964 VI 152/63, StRK, Einkommensteuergesetz, § 11, Rechtsspruch 50).

 

Normenkette

EStG §§ 8-9, 9b Abs. 1 S. 1, § 11; UStG 1967/1973 § 9; UStG 1967 § 19 Abs. 4

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) begann im Jahre 1972 auf einem Grundstück mit der Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses. Der Kläger wollte für die ab 1973 zu erwartenden Mieteinnahmen aus dem Neubau auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichten; er setzte deshalb in der Umsatzsteuererklärung 1972 abziehbare Vorsteuerbeträge aus den Baurechnungen ab. Insgesamt errechnete er für 1972 einen Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) veranlaßte daraufhin eine Umsatzsteuerprüfung, die am 31. Oktober 1974 stattfand. Der Prüfer führte in seinem Bericht aus, daß die Option zur Mehrwertsteuer rechtzeitig erfolgt sei und für den Neubau ab 1972 gelte. Für das Jahr 1972 ermittelte der Prüfer die abziehbaren Vorsteuern und ein Umsatzsteuerguthaben des Klägers in gleicher Höhe. Den Feststellungen des Prüfers folgend reichte der Kläger am 4. November 1974 eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 1972 beim FA ein. Das FA setzte dementsprechend durch Bescheid vom 3. März 1975 die Umsatzsteuer 1972 fest und erstattete diesen Betrag im Jahre 1975.

Den Erstattungsbetrag rechnete das FA bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers für das Jahr 1975 den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung hinzu und setzte die Einkommensteuer 1975 dementsprechend fest.

Der Kläger wandte dagegen ein, die Behandlung der bezahlten Vorsteuer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten sowie die Heranziehung der erstatteten Vorsteuern als steuerpflichtige Einnahmen könne rechtsdogmatisch nur in ein und demselben Veranlagungszeitraum erfolgen, wobei sich Einnahmen und Ausgaben aufheben würden. Aus § 9 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergebe sich, daß im Zeitpunkt der tatsächlichen Verausgabung der Vorsteuerbeträge 1972 diese als Herstellungskosten ausgegeben worden seien. Erst durch die Option nach § 9 des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) - UStG 1967 - seien die Vorsteuern zu Werbungskosten geworden. Das Vorsteuerguthaben bei der Finanzkasse sei rückwirkend zur fingierten Einnahme 1972 geworden. Die Rückwirkung auf den Veranlagungszeitraum 1972 könne nur einheitlich erfolgen. Wenn ertragsteuerlich rückwirkend fingiert werde, daß durch die Option die tatsächlich als Herstellungskosten 1972 abgeflossene Umsatzsteuer als Werbungskosten zu qualifizieren sei, so müsse in gleicher Weise fingiert werden, daß auch im damaligen Zeitpunkt das entsprechende Vorsteuerguthaben entstanden und damit einkommensteuerlich zugeflossen sei. Durch die Einreichung der berichtigten Umsatzsteuererklärung am 4. November 1974 entsprechend den Feststellungen des Umsatzsteuerprüfers sei bereits ein Zufluß i. S. von § 11 EStG erfolgt. Denn es habe sich bereits um ein verfügbares Guthaben bei der Finanzkasse gehandelt. Wenn man die vereinnahmten Vorsteuerbeträge auf den Zeitpunkt der Auszahlung im März 1975 bezöge, müßte auch die Umwandlung der früheren Herstellungskosten in Werbungskosten auf diesen Zeitpunkt angenommen werden.

Einspruch und Klage blieben in der hier streitigen Frage ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß dem Kläger die Vorsteuern im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1975 zugeflossen seien und daß hierfür § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG maßgebend sei. Durch die Option nach § 9 UStG 1967 seien die gesamten in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge für den Neubau rückwirkend zu Werbungskosten geworden, soweit sie tatsächlich verausgabt worden seien. Hierdurch habe sich demnach lediglich der Rechtscharakter der Ausgaben mit Wirkung für die Vergangenheit geändert, und es seien Ereignisse i. S. von § 175 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) eingetreten, die steuerliche Wirkungen für die Vergangenheit hätten. Ob und in welchem Umfang die Einkommensteuerbescheide 1972 bis 1974 nach dieser Bestimmung zu ändern seien, habe jedoch das Gericht nicht zu prüfen. Es sei daher auch ohne Bedeutung, ob sich die in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge beim Kläger zunächst in vollem Umfang als Werbungskosten ausgewirkt hätten.

Mit der Revision beantragt der Kläger, die Einkommensteuerschuld des Jahres 1975 auf 27 181 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Die Vorentscheidung verletzt entgegen der Auffassung des Klägers nicht die Vorschriften der §§ 8, 9, 9 b und 11 EStG.

1. Vorsteuererstattungen als Einnahmen (§§ 8, 9, 9 b EStG)

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei den Vorsteuern, die dem Kläger erstatter wurden, um Einnahmen i. S. von § 8 Abs. 1 EStG handelt, die ihm im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zugeflossen sind. Daß es sich bei dem erstatteten Vorsteuerbetrag um ein Gut i. S. von § 8 Abs. 1 EStG handelt, bedarf keiner näheren Begründung; der Vorsteuer-Erstattungsbetrag ist dem Kläger auch im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zugeflossen.

a) Nach § 9 b Abs. 1 Satz 1 EStG gehört der Vorsteuerbetrag i. S. des § 15 UStG 1967, soweit er bei der Umsatzsteuer abgezogen werden kann, nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts, auf dessen Anschaffung oder Herstellung er entfällt. Hieraus folgt, daß verausgabte Vorsteuerbeträge Betriebsausgaben sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Februar 1975 I R 154/73, BFHE 115, 129, BStBl II 1975, 441). Die in dieser Entscheidung für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vertretene Meinung gilt auch für den Bereich der Ermittlung der Einkünfte durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Dies folgt aus der weitgehenden Übereinstimmung der Begriffe Betriebseinnahmen und Einnahmen sowie Betriebsausgaben und Werbungskosten wie auch dem System der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben bei beiden Einkunftsermittlungsarten (vgl. hierzu BFHE 115, 129, BStBl II 1975, 441; Urteile des FG des Saarlandes vom 1. August 1977 I 131/77, rechtskräftig, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1977, 592, und des FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, vom 20. September 1979 VI 220/77, rechtskräftig, EFG 1980, 73).

b) Aus der Formulierung des § 9 b Abs. 1 Satz 1 EStG muß im Umkehrschluß gefolgert werden, daß ein Vorsteuerbetrag den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuzurechnen ist, wenn und soweit er umsatzsteuerrechtlich nicht abziehbar oder verrechenbar ist (Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 9 b Anm. 3 b). Bis zur Option gemäß § 9 UStG 1967/1973 wurden daher folgerichtig beim Kläger die Vorsteuerbeträge Teil der Herstellungskosten des später vermieteten Gebäudes.

c) Mit der Option des Klägers für die Besteuerung gemäß § 9 UStG 1967/1973 schieden diese Beträge aus den Herstellungskosten aus und waren nach § 9 b Abs. 1 Satz 1 UStG zu behandeln. Sie wurden demzufolge zu Werbungskosten. Dabei handelt es sich nicht, wie der Kläger meint, um eine Fiktion, sondern um eine Veränderung der rechtlichen Eigenschaft der Vorsteuerbeträge. Das Gesetz hat dem Kläger die Befugnis zur Option eingeräumt, und zwar ohne eine steuerliche Rückwirkung auszuschließen.

d) Soweit die Werbungskosten gewordenen Vorsteuerbeträge dem Kläger durch das FA erstattet wurden, führten sie bei ihm nach der Rechtsprechung des BFH zu Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Urteil vom 30. Oktober 1964 VI 346/61 U, BFHE 81, 188, BStBl III 1965, 67; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 9 EStG Anm. 3 f; Blümich/Falk, a. a. O., § 8 S. 7 unten; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., § 8 Rdnr. 5; anderer Ansicht Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 8 Anm. 2 unter 5., und wohl auch Klein/Flockermann/Kühr, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 8 Anm. 2 a).

e) Das Ergebnis änderte sich auch dann nicht, wenn der Kläger für die Besteuerung gemäß § 9 UStG 1967/1973 optiert hätte, bevor er an Leistende Vorsteuern gezahlt hatte. In diesem Fall wären die Zahlungen von Vorsteuern an die Leistenden von vornherein Werbungskosten gewesen (vgl. oben unter a); die Vorsteuererstattungen führten beim Kläger zu Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. oben unter d).

f) Die Einwendungen des Klägers greifen nicht durch.

Der Kläger bringt vor, in § 9 b Abs. 1 Satz 1 EStG sei lediglich bestimmt, daß die abziehbaren Vorsteuern nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes gehörten. Es werde aber nicht gesagt, was sie seien. Außer Werbungskosten könnten die abziehbaren Vorsteuern aus der Herstellung eines Wirtschaftsgutes auch Forderungen, welche der Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen zugerechnet werden müßten, oder durchlaufende Posten sein. Die abziehbaren Vorsteuern seien keine Aufwendungen i. S. von Werbungskosten, weil zugleich mit ihnen der Vorsteuerhaftungsanspruch gegenüber dem FA entstehe. Dem kann nicht zugestimmt werden. § 9 b EStG setzt gedanklich voraus, daß es sich hinsichtlich der Vorsteuerbeträge, für die die Regelung gilt, um Aufwendungen handelt, die im Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen.

Besteht zwischen Herstellung oder Anschaffung eines Wirtschaftsgutes und einer Einkunftsart kein Zusammenhang, wie z. B. bei der Anschaffung eines privat genutzten Segelbootes, gehört der darauf entfallende Vorsteuerbetrag begrifflich weder zu den Betriebsausgaben noch zu den Werbungskosten.

Besteht dagegen zwischen der Herstellung oder Anschaffung eines Wirtschaftsgutes und einer Einkunftsart ein Zusammenhang, wie z. B. zwischen der Anschaffung eines Mietshauses und der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung - mögen auch die Anschaffungskosten nur im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG Werbungskosten werden können -, verlieren Aufwendungen ihren Charakter als Werbungskosten nicht dadurch, daß zugleich mit ihnen ein Anspruch gegenüber dem FA auf Abzug der Vorsteuerbeträge bei Festsetzung der Umsatzsteuer, ggf. auf Erstattung der Vorsteuerbeträge entsteht. Die Zahlung der Vorsteuer an den Leistenden ist unabhängig davon ein Aufwand, ob der Leistungsempfänger seinerseits einen derartigen Anspruch in derselben Höhe gegenüber dem FA erlangt. Der Aufwand gegenüber dem Leistenden und die Entstehung des Anspruchs beim Leistungsempfänger gegenüber dem FA können nicht in dem Sinne einheitlich beurteilt werden, daß nur in Höhe des Saldos eine Betriebsausgabe oder ein Werbungskostenbetrag (bzw. Betriebseinnahme oder Einnahme) entstünde.

g) Der Grundsatz, daß Vermögensänderungen im Rahmen der Einnahme-Überschuß-Einkünfte außer Betracht zu bleiben haben, ist kraft § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG durchbrochen, und zwar auch insoweit, als es um die Frage geht, ob Vorsteuerbeträge zu den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten gehören oder aus ihnen ausscheiden.

h) Zu Unrecht wird auch vom Kläger eingewendet, der Vorsteuererstattungsbetrag sei keine Einnahme, weil die Erstattung der Vorsteuer allenfalls zu negativen Werbungskosten führe. Der Senat braucht auf die Problematik, ob negative Einnahmen keine Werbungskosten und negative Werbungskosten keine Einnahmen seien, schon deshalb nicht einzugehen, weil der Empfänger der Vorsteuer und das FA, das ggf. zur Erstattung des Vorsteuerbetrages verpflichtet ist, nicht dieselbe Person sind.

i) Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kann es zwar zur Zusammenballung von Einnahmen kommen, die der Gewerbetreibende durch die Wahl der Gewinnermittlung aufgrund Bestandsvergleichs vermeiden kann; die Zusammenballung von Einnahmen ist aber ein allgemeines Problem der Einnahme-Überschuß-Einkünfte, das dem Gesetzgeber bekannt ist. Die Rechtsprechung ist nicht befugt, von dieser Grundentscheidung im Gesetz abzuweichen (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -), und zwar unabhängig davon, ob die Zusammenballung - wie hier - durch die Ausübung einer Option oder ohne eine Einwirkung des Steuerpflichtigen eintritt. Jedenfalls vermag die Zusammenballung von Einnahmen ihnen nicht ihre rechtliche Eigenschaft als Einnahmen zu nehmen.

k) Wollte man dem Einwand des Klägers folgen, die Zahlung der Vorsteuern an die Handwerker sei durch die Erstellung des Gebäudes und nicht durch dessen Vermietung oder Nutzung veranlaßt; die Zahlung der Vorsteuer sei deshalb ein Vorgang in der Vermögenssphäre, der nicht unter § 9 Abs. 1 EStG subsumiert werden könne; dann hätte dies zur Folge, daß ein Abzug der Vorsteuer als Werbungskosten verwehrt werden müßte und sich die Zahlung von Vorsteuer einkommensteuerrechtlich nicht auswirken dürfte. Dem steht das gesetzgeberische Programm in § 9 b EStG entgegen, das angibt, unter welchen Umständen sich Vorsteuern einkommensteuerrechtlich als sofort abziehbare Betriebsausgaben (Werbungskosten) oder zeitanteilig im Rahmen der Absetzung für Abnutzung (§ 7 EStG) auswirken sollen.

l) Die Umsatzsteuerzahlungen wie die Vorsteuererstattungen sind keine durchlaufenden Posten (vgl. hierzu Herrmann/Heuer, a. a. O., § 4 EStG Anm. 91, 7), so daß nicht etwa aus diesem Gesichtspunkt der Ansatz von Umsatzsteuerbeträgen und Vorsteuererstattungsbeträgen außer Betracht bleiben könnte.

2. Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahmen (§ 11 EStG)

Der Zeitpunkt für die Erfassung von Einnahmen ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Maßgebend ist danach der tatsächliche Zufluß. Das ist der Zeitpunkt, in dem der Kläger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Vorsteuererstattungsbeträge erlangt hat (vgl. BFH-Urteile vom 30. Januar 1975 IV R 190/71, BFHE 115, 559, BStBl II 1975, 776, und vom 1. März 1977 VIII R 106/74, BFHE 122, 60, BStBl II 1977, 545).

Das ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Zeitpunkt der Entstehung des Vorsteuererstattungsanspruchs, sondern im vorliegenden Fall der Zeitpunkt, in dem das FA den Vorsteuererstattungsbetrag tatsächlich ausgezahlt hat.

In demselben Zeitpunkt, in dem das FA dem Kläger die Vorsteuern erstattete, flossen sie ihm im vorliegenden Fall einkommensteuerrechtlich als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG), denn der Kläger erlangte mit der Erstattung die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Vorsteuererstattungsbeträge.

a) Ein Abweichen von § 11 EStG, wonach Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich in dem jeweiligen Kalenderjahr des Zu- und Abflusses zu erfassen sind, ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht zulässig. Das EStG stellt auf das in einem Veranlagungszeitraum bezogene Einkommen ab (§ 25 Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung) und berücksichtigt hierbei nur die für diesen Zeitraum angefallenen Einnahmen und Ausgaben. Das hat zur Folge, daß Werbungskosten, die sich wegen geringen Einkommens in einem Veranlagungszeitraum nicht auswirken konnten, nicht in einem späteren Veranlagungszeitraum mit den hier angefallenen Einnahmen verrechnet werden dürfen.

Der erkennende Senat hat diese Rechtsauffassung bei der Beurteilung der teilweisen Rückgewähr eines vereinnahmten Kaufpreises aufgrund einer Minderung bei einem Spekulationsgeschäft ausdrücklich bestätigt und ausgeführt, daß eine Rückzahlung in einem späteren Veranlagungszeitraum den Zufluß in einem früheren Veranlagungszeitraum nicht aufhebt (BFH-Urteil vom 2. April 1974 VIII R 76/69, BFHE 112, 348, BStBl II 1974, 540). In gleicher Weise vermag die Rückgewähr von Aufwendungen in einem späteren Veranlagungszeitraum die Zahlung in einem früheren Veranlagungszeitraum nicht aufzuheben.

b) Wie der I. Senat des BFH für Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ausgeführt hat, stünde eine Verrechnung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, die in verschiedenen Veranlagungszeiträumen anfallen, in Widerspruch zu § 10 d EStG in der vor dem Veranlagungszeitraum 1975 geltenden Fassung (vgl. Urteil vom 3. Juli 1968 I 113/65, BFHE 93, 230, BStBl II 1968, 736, und Beschluß vom 28. August 1968 I B 7/68, BFHE 93, 431, BStBl II 1968, 819); diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für Werbungskosten.

c) Die Berufung des Klägers auf das BFH-Urteil vom 13. März 1964 VI 152/63 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 11, Rechtsspruch 50) geht fehl. Denn dem BFH-Urteil vom 8. Dezember 1967 VI R 154/66 (BFHE 91, 160, BStBl II 1968, 272) muß entnommen werden, daß der VI. Senat an dieser Auffassung nicht mehr festhalten wollte, wie sich aus dem letzten Absatz dieser Entscheidung ergibt.

d) Daß dem Steuerpflichtigen durch die Anwendung dieser Grundsätze möglicherweise Nachteile bei der Anwendung des Einkommensteuersatzes als Folge der Steuerprogression oder der fehlenden tatsächlichen Ausgleichsmöglichkeit negativer Einkünfte in einem späteren Veranlagungszeitraum entstehen können, kann nicht ausgeschlossen werden. Es handelt sich jedoch um Nachteile, wie sie die Abschnittsbesteuerung ihrem Wesen nach mit sich bringt (BFHE 112, 348, BStBl II 1974, 540).

e) Das BFH-Urteil vom 9. März 1962 VI 180/61 U (BFHE 74, 591, BStBl III 1962, 219) ist - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht einschlägig, denn es betrifft eine Zahlung, die als Ersatz eines Vermögensschadens geleistet wurde.

f) Dem Kläger kann schließlich nicht darin zugestimmt werden, der Zeitpunkt des Abflusses der Vorsteuern, die auf die Erstellung des Gebäudes entfallen, sei nicht bestimmbar, und auch aus diesem Grunde könnten Vorsteuern keine Werbungskosten sein.

 

Fundstellen

BStBl II 1982, 755

BFHE 1983, 238

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