Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründung der Revision durch Verweisung auf die NZB; Abtretung, Verwendung eines überholten Anzeigevordrucks

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Begründung der Revision ist eine Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wegen der unterschiedlichen Anforderungen an die Begründung der Revision einerseits und der Nichtzulassungsbeschwerde andererseits nicht zulässig. Eine Ausnahme gilt u. a. aber dann, wenn die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ihrem Inhalt nach auch zur Begründung der Revision genügt.

2. Der Senat hält daran fest, daß die Abtretung eines Steuererstattungsanspruchs auch dann wirksam ist, wenn sie dem FA auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck angezeigt worden ist, der wegen der Neufassung des Anzeigevordrucks (hier gemäß BStBl I 1990, 174 ff.) nach Anweisung des BMF nicht mehr verwendet werden soll.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 2; AO 1977 § 46 Abs. 1-6

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Steuerberater, ließ sich wegen Honorarforderungen die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererstattungsansprüche seines Mandanten G abtreten. Die Abtretung wurde dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) am ... 1992 auf dem im BStBl I 1987, 672, 673 amtlich vorgeschriebenen Vordruck angezeigt. Das FA lehnte nach Erlaß des Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheids gegenüber G die Auszahlung der abgetretenen Steuerguthaben an den Kläger mit der Begründung ab, daß für die Abtretungsanzeigen ein nicht mehr gültiges Formular verwendet worden sei. Der Einspruch und die Klage, mit der der Kläger beantragte, den ihm erteilten Abrechnungsbescheid dahingehend zu ändern, daß ein Erstattungsanspruch in Höhe von ... DM zu seinen Gunsten festgestellt werde, blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Abtretung sei unwirksam, weil sie dem FA nicht gemäß § 46 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) auf dem neuen Vordruck, dessen Verwendung der Bundesminister der Finanzen (BMF) mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 amtlich vorgeschrieben habe (BMF-Schreiben vom 3. April 1990, BStBl I 1990, 174, 175, 176), angezeigt worden sei.

Mit der Revision beantragt der Kläger sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Abrechnungsbescheid des FA in der Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, daß zu seinen Gunsten ein Steuerguthaben in Höhe von ... DM aus abgetretener Einkommensteuer und Umsatzsteuer des G sowie vom FA zu tragende Kosten der erfolglosen Beitreibung gegenüber G in Höhe von ... DM festgestellt werden. Er meint, die Verwendung eines überholten Vordrucks für die Abtretungsanzeige sei rechtlich nicht zu beanstanden. Zur (weiteren) Begründung seiner Revision verweist der Kläger auf seine Klageschrift und seine Schriftsätze in dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde, die er als Anlage der Revisionsschrift beigefügt hat.

Das FA vertritt die Auffassung, die Revision sei unzulässig, weil der Revisionsschriftsatz entgegen § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die verletzte Rechtsnorm nicht bezeichne und keine sachliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des FG enthalte. Mit der pauschalen Verweisung auf die Schriftsätze zur Begründung der Klage und der Nichtzulassungsbeschwerde werde der Inhalt, Zweck und Umfang des Revisionsangriffs nicht klar herausgestellt. Die Ursächlichkeit einer Verletzung einer Norm des Bundesrechts für das Urteil des FG sei nicht schlüssig dargetan.

Für den Fall ihrer Zulässigkeit sei die Revision wegen der Verwendung des nicht mehr gültigen Vordrucks für die Abtretungsanzeige jedenfalls unbegründet. Der ab 1. Oktober 1990 gültige Vordruck (BStBl I 1990, 175, 176) enthalte gegenüber dem hier verwendeten Vordruck (BStBl I 1987, 672, 673) wesentliche Änderungen. Der Vordruck sei drucktechnisch völlig umgestaltet worden, die an den Abtretenden gerichteten warnenden Hinweise seien erweitert und vor die Unterschrift gezogen worden. Die Unterschriften auf der Rückseite nach den Warnhinweisen gewährleisteten erstmals, daß diese tatsächlich auch durch den Unerfahrenen zur Kenntnis genommen würden. Denn auf dem verwendeten Vordruck sowie auf den vorhergehenden Vordrucken hätten die Warnhinweise isoliert auf der Rückseite des Vordrucks gestanden. Auf der zu unterschreibenden Vorderseite sei lediglich auf die Rückseite hingewiesen worden. Die Erfahrung zeige jedoch, daß insbesondere der geschäftlich Unerfahrene trotz eines entsprechenden Vermerks ein Blatt nicht wende, um die Rückseite zu lesen, und es dann auf der Vorderseite unterschreibe.

Durch diese drucktechnische Umgestaltung des hier vorgeschriebenen Vordrucks und die Verbesserung seiner Warn- und Schutzfunktion unterscheide sich der Streitfall von dem Fall der Verwendung eines überholten Anzeigevordrucks, der dem Urteil des Senats vom 16. November 1993 VII R 23/93 (BFH/NV 1994, 598) zugrunde gelegen habe. Dort habe der Senat die Wirksamkeit der Abtretungsanzeige trotz der Verwendung des alten Vordrucks im BStBl I 1975, 1070 anstelle des vorgeschriebenen Vordrucks in BStBl I 1975, 690 u. a. mit der Begründung anerkannt, daß das neue Formular gegenüber dem verwendeten nur unwesentliche Änderungen enthalte und die warnenden Hinweise auf der Rückseite beider Vordrucke inhaltlich und drucktechnisch identisch seien. Da aber das Vordruckformular in BStBl I 1990, 175, 176 die Warn- und Schutzfunktion erheblich verbessert habe, sei die hierzu ergangene Anweisung des BMF (BStBl I 1990, 174), daß -- anders als in sonstigen Fällen der Vordruckänderung -- bei Verwendung früher geltender Vordrucke die Abtretung als unwirksam zu behandeln sei, gerechtfertigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nur zum Teil zulässig und begründet.

1. a) Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb einer bestimmten Frist, deren Einhaltung hier nicht problematisch ist, zu begründen. Die Revisionsbegründung oder die Revision muß einen bestimmten Antrag enthalten -- hier erfüllt -- und die nach Ansicht des Revisionsklägers verletzte Rechtsnorm bezeichnen (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO). Eine nicht form- und fristgerecht begründete Revision ist unzulässig (§ 124 Abs. 1 FGO).

Der Zweck des § 120 Abs. 2 FGO, das Revisionsgericht zu entlasten und den Revisionskläger zu zwingen, Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs von vornherein klarzustellen, erfordert es, daß der Revisionskläger -- über die in § 120 Abs. 2 FGO ausdrücklich geforderten Angaben hinaus -- dartut, welche Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil unrichtig erscheinen lassen. Die Revisionsbegründung muß aus sich selbst heraus erkennen lassen, daß der Revisionskläger anhand der Gründe des finanzgerichtlichen Urteils sein bisheriges Vorbringen überprüft hat; dazu sollte die Revisionsbegründung eine -- wenn auch kurze -- Auseinandersetzung mit den Gründen des FG-Urteils enthalten (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Rdz. 32 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH --). Daraus folgt, daß eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung durch Bezugnahme auf Schriftsätze, die im außergerichtlichen Vorverfahren oder im Klageverfahren eingereicht wurden, grundsätzlich nicht möglich ist, weil es dann an einer Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fehlt (Gräber/Ruban, a. a. O., § 120 Rdz. 33 m. w. N.). Auch eine Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist regelmäßig wegen der unterschiedlichen Anforderungen an die Begründung der Revision einerseits und der Nichtzulassungsbeschwerde andererseits nicht zulässig. Eine Ausnahme gilt u. a. aber dann, wenn die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ihrem Inhalt nach auch zur Begründung der Revision genügt (Gräber/Ruban, a. a. O., § 120 Rdz. 35; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 120 FGO Tz. 55; BFH-Urteile vom 25. Juli 1978 VIII R 23/78, BFHE 126, 260, BStBl II 1979, 116; vom 18. März 1981 I R 102/77, BFHE 133, 247, BStBl II 1981, 578, 579; vom 22. Dezember 1987 IX R 149/84, BFH/NV 1988, 497; Senatsbeschluß vom 23. August 1988 VII R 112, 113/87, BFH/NV 1989, 241, 242).

Die Revision des Klägers ist nach den vorstehenden Grundsätzen zwar nicht durch die Verweisung in der Revisionschrift auf die Klageschrift, aber durch die Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde -- hier insbesondere durch die Schriftsätze des Klägers vom ... September 1994 und vom ... Januar 1995 -- i. S. des § 120 Abs. 2 FGO ausreichend begründet worden. In den vorgenannten Schriftsätzen beruft sich der Kläger auf eine Abweichung des FG-Urteils von dem Urteil des Senats in BFH/NV 1994, 598. Zur Begründung seiner Divergenzrüge stellt er im Schriftsatz vom ... Januar 1995 dem Rechtssatz aus dem Urteil des FG, wonach infolge der Ersetzung des vom Kläger benutzten Anzeigevordrucks durch den neuen Vordruck (BStBl I 1990, 174 ff.) vom 1. Oktober 1990 an nur noch der neugefaßte Vordruck der "amtlich vorgeschriebene Vordruck" i. S. des § 46 Abs. 3 AO 1977 sei, den Rechtssatz aus der Senatsentscheidung gegenüber, nach dem die Neufassung des Anzeigevordrucks nichts daran ändert, daß es sich auch bei dem außer Kraft getretenen Anzeigeformular um einen amtlich vorgeschriebenen Vordruck i. S. des § 46 Abs. 3 AO 1977 gehandelt hat. Der Kläger verweist in diesem in Bezug genommenen Beschwerdeschriftsatz zur Begründung seiner Rechtsauffassung, daß auch die Verwendung eines überholten Anzeigeformulars die Abtretung nicht unwirksam macht, ferner auf die Ausführungen in Tipke/Kruse (a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 4 f), denen das FG -- wie er vorträgt -- entgegengetreten, der Senat in seinem Urteil in BFH/NV 1994, 598 aber gefolgt ist. Die Darlegung der Divergenz zwischen dem Urteil der Vorinstanz und dem zitierten Senatsurteil, die zur Zulassung der Revision geführt hat, genügt auch den Anforderungen an die Begründung der Revision. Denn der Kläger hat sich in dem mit der Revisionsschrift in Bezug genommenen Schriftsatz aus dem Beschwerdeverfahren mit den Gründen der Vorentscheidung auseinandergesetzt und aufgezeigt, aus welchen Gründen er diese für unzutreffend hält (vgl. BFH/NV 1988, 497). Auch die nach Ansicht des Klägers verletzte Rechtsnorm -- hier: § 46 Abs. 3 AO 1977 -- ist im Rahmen der Gegenüberstellung der widerstreitenden Rechtssätze aus den divergierenden Urteilen im Schriftsatz vom ... Januar 1995 i. S. des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO ordnungsgemäß bezeichnet worden. Die Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde reicht damit zur Begründung der Revision aus.

b) Die Revision ist aber insoweit unzulässig, als der Kläger nunmehr über den Klageantrag hinausgehend die Feststellung eines Anspruchs gegenüber dem FA auf Ersatz seiner Kosten in Höhe von ... DM begehrt, die ihm für die erfolglose Beitreibung seiner Honorarforderungen gegenüber dem Mandanten und Zedenten erwachsen sind. Die Erweiterung des Klagebegehrens auf einen Streitgegenstand, über den gerichtlich noch nicht entschieden worden ist, stellt eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., § 123 FGO Tz. 2).

2. Hinsichtlich der dem Kläger von G abgetretenen Steuererstattungsansprüche, die Gegenstand des angefochtenen Abrechnungsbescheids und der Vorentscheidung waren, ist die Revision zulässig und begründet. Das FG hat zu Unrecht entschieden, daß die Abtretung wegen Verwendung einer überholten Abtretungsanzeige unwirksam sei. Entgegen der Auffassung des FA und des FG ist die dem FA angezeigte Abtretung rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Nach § 46 Abs. 1 AO 1977 können Ansprüche auf Erstattung von Steuern abgetreten und verpfändet werden. Die Abtretung wird jedoch steuerrechtlich erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der in § 46 Abs. 3 AO 1977 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt (§ 46 Abs. 2 AO 1977). Nach § 46 Abs. 3 AO 1977 ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben. Die Vorschriften des § 46 Abs. 2 und 3 AO 1977 sind auf die Verpfändung sinngemäß anzuwenden (§ 46 Abs. 6 Satz 3 AO 1977).

Die in § 46 Abs. 3 AO 1977 vorgeschriebene formalisierte Abtretungsanzeige soll die Abtretenden davor schützen, ihre Erstattungsansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Zessionare abzutreten. Darüber hinaus soll die einheitliche Gestaltung des amtlichen Vordrucks dem FA die Bearbeitung der Erstattungsanträge erleichtern (Begründung der Bundesregierung, BTDrucks 7/2852, S. 47, und Urteil des Senats vom 25. Juni 1985 VII R 195/82, BFHE 144, 2, 5, BStBl II 1985, 572 m. w. N.). Abtretungsanzeigen, die nicht in allen Einzelheiten der amtlich vorgeschriebenen Form entsprechen oder bei denen der amtliche Vordruck unvollständig oder fehlerhaft ausgefüllt worden ist, machen die Abtretung nicht von vornherein unwirksam. Sie sind vielmehr als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen der Auslegung zugänglich, die sich an den vorstehend dargestellten Schutz- und Bearbeitungszwecken der Anzeige auszurichten hat, deren Erfüllung auch die formelle Wirksamkeit der Abtretungsanzeige bestimmt (vgl. Urteile des Senats in BFHE 144, 2, BStBl II 1985, 572, und vom 25. September 1990 VII R 114/89, BFHE 162, 202, BStBl II 1991, 201; ferner Urteil des BFH vom 26. November 1982 VI R 205/81, BFHE 137, 150, BStBl II 1983, 123; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 46 AO 1977 Rdz. 18 und 20). Im Streitfall werden durch die Verwendung eines nach der Anweisung des BMF nicht mehr anwendbaren Anzeigevordrucks weder die Warn- und Schutzfunktion zugunsten des Abtretenden noch der Zweck der Abtretungsanzeige, dem FA die Bearbeitung zu erleichtern, beeinträchtigt, so daß die angezeigte Abtretung der Einkommensteuer- und Umsatzsteuererstattungsansprüche des G dem FA gegenüber wirksam ist.

b) Die Abtretung ist dem FA auf dem durch Erlaß des BMF vom 24. September 1987 (BStBl I 1987, 664, 671, 672, 673) amtlich vorgeschriebenen Vordruck angezeigt worden. Dieser war indes im Zeitpunkt der Anzeige (1992) durch den mit dem BMF- Schreiben in BStBl I 1990, 174, 175, 176 neugefaßten amtlichen Vordruck ersetzt worden. Nach der Anweisung des BMF in BStBl I 1990, 174 sollen Abtretungen, die -- wie im Streitfall -- nach dem 30. September 1990 auf dem früher geltenden Vordruck angezeigt worden sind, als unwirksam zu behandeln sein. Diese Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, auf die sich auch das FA beruft, wird jedenfalls vom Zweck des Gesetzes nicht gedeckt (vgl. Boeker, a. a. O., § 46 AO 1977 Rdz. 20).

Die Neufassung des Anzeigevordrucks ändert nichts daran, daß es sich auch bei dem außer Kraft getretenen Anzeigeformular aus BStBl I 1987, 672, 673 um einen amtlich vorgeschriebenen Vordruck i. S. von § 46 Abs. 3 AO 1977 gehandelt hat, der die mit dieser Vorschrift verfolgte Warn- und Schutzfunktion sowie den Bearbeitungszweck der Abtretungsanzeige erfüllt (Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 4 f). Selbst wenn man mit dem FA davon ausgeht, daß durch die Einführung des amtlichen Vordrucks der alte Vordruck das Merkmal der "Amtlichkeit" verliert (so FG des Saarlandes, Urteil vom 28. November 1986 II 161/86, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1987, 388, während Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 4 c, darauf hinweisen, daß das Gesetz nicht vom "amtlichen Vordruck", sondern vom "amtlich vorgeschriebenen Vordruck" spricht), so folgt daraus nicht zwingend, daß bei Verwendung eines von der Finanzverwaltung außer Kraft gesetzten Anzeigeformulars die Abtretung von vornherein unwirksam ist. Denn die Vordrucke haben keinen Selbstzweck; mit ihnen soll lediglich die Warn- und Schutzfunktion zugunsten des Abtretenden und eine Bearbeitungserleichterung zugunsten der Verwaltung sichergestellt werden. Werden diese Zwecke erreicht, so ist auch die Verwendung eines überholten Anzeigevordrucks für die Frage der Wirksamkeit der Abtretung unschädlich (Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 4, 4 b, 4 f; Boeker, a. a. O., § 46 AO 1977 Rdz. 20).

c) Aus den vorstehenden Gründen hat der Senat im Urteil in BFH/NV 1994, 598 die Abtretung eines Steuererstattungsanspruchs als wirksam angesehen, die dem FA unter Verwendung des Vordrucks in BStBl I 1975, 1070 anstelle des im Zeitpunkt der Anzeige gültigen und in BStBl I 1982, 690, 900 vorgeschriebenen Vordrucks angezeigt worden war. Er hat dies damit begründet, daß der im Urteilsfall verwendete alte Vordruck ebenso der mit der Regelung des § 46 Abs. 3 AO 1977 verfolgten Warn- und Schutzfunktion sowie dem Bearbeitungszweck entspreche wie der Anzeigevordruck, den der BMF für den dort maßgeblichen Zeitpunkt vorgeschrieben hatte. Denn das neugefaßte Anzeigeformular enthalte gegenüber dem dort verwendeten Vordruck nur unwesentliche Änderungen.

d) Entgegen der Auffassung des FA hält der Senat auch die hier maßgebliche Neufassung des Anzeigevordrucks (BStBl I 1990, 175, 176) gegenüber dem im Streitfall verwendeten überholten Vordruck (BStBl I 1987, 672, 673) nicht für so wesentlich, daß dadurch die Warn- und Schutzfunktion sowie der Bearbeitungszweck der formalisierten Abtretungsanzeige in einem nennenswerten Umfang verbessert worden sind. Dem entspricht auch die überwiegende Meinung im Schrifttum, die durchgängig alle bisherigen Veränderungen des amtlich vorgeschriebenen Anzeigevordrucks als unbedeutend ansieht (Schwarz, Abgabenordnung, § 46 Rdz. 12; Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 4 f; Boeker, a. a. O., § 46 AO 1977 Rdz. 20).

Zwar ist der Vordruck in BStBl I 1990, 175, 176 gegenüber den vorausgegangenen amtlichen Anzeigeformularen insoweit in nicht unerheblicher Weise umgestaltet worden, als nunmehr die Unterschriften vom Abtretenden (Verpfänder) bzw. Abtretungsempfänger (Pfandgläubiger) nicht wie bisher auf der Vorderseite, sondern auf der Rückseite (S. 2) unter den Warnhinweisen an den Abtretenden zu leisten sind. Die Warnhinweise standen bisher isoliert von dem auszufüllenden Formulartext auf der Rückseite des Vordrucks. Dadurch mag --wie das FG vorträgt -- beabsichtigt gewesen sein zu gewährleisten, daß die Warnhinweise von den Abtretenden in erhöhtem Maße zur Kenntnis genommen werden. Andererseits darf im Hinblick auf ihre Kenntnisnahme aber nicht übersehen werden, daß die Warnhinweise nunmehr drucktechnisch weniger hervorgehoben sind als bei ihrer früheren Alleinstellung mit größerer Schreibweise auf der Rückseite des Anzeigevordrucks. Sie erscheinen nunmehr im Rahmen ihrer Einordnung in den Gesamttext des Formulars mit dem dadurch bedingten anderen Schriftbild als kleingedruckte Formularhinweise, die -- wie allgemein bekannt ist -- in vielen Fällen vor der Unterschriftsleistung ebenfalls nicht gelesen werden.

Der Text der Warnhinweise stimmt mit demjenigen der vorangegangenen Vordrucke wörtlich überein. Auch der sonstige Formulartext des Vordrucks in BStBl I 1990, 175, 176 enthält gegenüber dem vom Kläger verwendeten Formular -- abgesehen von seiner Verteilung auf nunmehr zwei Seiten -- nur unwesentliche Veränderungen (so: die Möglichkeit der Anweisung nicht nur zur Überweisung, sondern jetzt auch zur Verrechnung des abgetretenen Betrages). Die neuen, der Bearbeitung der Abtretung dienenden Hinweise im Formular, daß die Anzeige an das für die Besteuerung zuständige FA zu richten ist, daß der abgetretene Erstattungsanspruch für die Finanzbehörde zweifelsfrei erkennbar sein muß und daß die Anzeige von dem Abtretenden und dem Abtretungsempfänger zu unterschreiben ist, enthalten Selbstverständliches; ihre Beachtung wird bereits durch die Ausfüllung des Formulars (z. B. Frage nach der Steuernummer des Abtretenden) gewährleistet.

Da somit mit dem für den Streitfall vorgeschriebenen Vordruck weder die Warn- und Schutzfunktion für den Abtretenden noch die Bearbeitung der Abtretung durch das FA im nennenswerten Umfang verbessert worden ist, ist es unter Berücksichtigung der Zwecke, die mit der formalisierten Abtretungsanzeige verfolgt werden, nicht gerechtfertigt, der im Streitfall angezeigten Abtretung der Steuererstattungsansprüche nur deshalb ihre Wirksamkeit zu versagen, weil ein überholtes Anzeigeformular verwendet worden ist.

3. Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, war sie aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat -- von seinem Standpunkt aus zutreffend -- keine Feststellungen dazu getroffen, ob die abgetretenen Steuererstattungsansprüche des G in der Höhe, wie sie der Kläger in dem zu ändernden Abrechnungsbescheid festgestellt haben will, bestehen. Die Sache ist deshalb zur Nachholung dieser Feststellungen und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Im Rahmen seiner erneuten Entscheidung wird das FG schließlich auch zu prüfen haben, ob etwa andere Gründe als das im Streitfall für die Abtretungsanzeige verwendete Formular der Wirksamkeit der Abtretung entgegenstehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420995

BFH/NV 1996, 385

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