Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Fahrtkosten eines ledigen Arbeitnehmers, der seine Wohnung am bisherigen Beschäftigungsort für eine Übergangszeit beibehält

 

Leitsatz (NV)

Ein lediger Arbeitnehmer, der nach Aufnahme einer auswärtigen Beschäftigung für eine gewisse Übergangszeit verheirateten Arbeitnehmern, die eine doppelte Haushaltsführung haben, gleichgestellt ist, kann die Kosten für eine wöchentliche Heimfahrt mit dem eigenen PKW mit den Pauschbeträgen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG geltend machen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ledig. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) und der nunmehr übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten hatte die Klägerin in K ihre Wohnung. Ab Oktober 1979 war sie in einem Probearbeitsverhältnis in B beschäftigt. Zum 1. Januar 1980 wechselte sie ihre Arbeitsstelle und zog am 19. März 1980 von K in ihre neue Wohnung in B um. In der Zeit von Anfang des Streitjahres 1980 bis zum Umzug fuhr die Klägerin mit ihrem eigenen Kraftfahrzeug achtmal von B nach K.

Neben anderen nicht mehr streitigen Beträgen erkannte das FG für diese Heimfahrten (500 Entfernungskilometer) bei einem Kilometersatz von 0,64 DM insgesamt 2 329 DM als Werbungskosten an (2 560 DM abzüglich einer Erstattung des Arbeitgebers in Höhe von 231 DM).

Hiergegen wendet sich der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) mit seiner vom FG zugelassenen Revision. Er ist der Auffassung, die Vorentscheidung verstoße gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Februar 1983 VI R 51/79 (BFHE 138,212, BStBl II 1983, 515), nach dem nur ein Pausch

betrag von 0,36 DM je Entfernungskilometer hätte als Werbungskosten anerkannt werden dürfen.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Fahrtkosten für die gelegentlichen Heimfahrten nur in Höhe von 1 209 DM zum Werbungskostenabzug zuzulassen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Abänderung der Vorentscheidung und des Einkommensteuerbescheides in der Fassung der Einspruchsentscheidung sowie zur anderweitigen Festsetzung der Einkommensteuer.

Nach der Rechtsprechung des BFH wird ein lediger Arbeitnehmer, der - wie im Streitfall - nach der Aufnahme einer auf Dauer abgestellten auswärtigen Beschäftigung die Voraussetzungen für die Annahme eines doppelten Haushalts hinsichtlich seiner mit eigenen Möbeln eingerichteten Wohnung am bisherigen Wohnort nicht erfüllt, für eine gewisse Übergangszeit verheirateten Arbeitnehmern, die einen doppelten Haushalt führen, gleichgestellt (z. B. Urteile vom 23. Juli 1976 VI R 228/74, BFHE 119, 561, BStBl 1976, 795; vom 11. März 1983 VI R 65/80, BFHE 139, 32, BStBl II 1983, 629). Die Dauer der Übergangszeit hängt davon ab, innerhalb welcher Zeit es dem Arbeitnehmer möglich und zumutbar ist, am neuen Beschäftigungsort eine angemessene Wohnung zu finden. Voraussetzung für eine Gleichstellung des ledigen Arbeitnehmers mit einem verheirateten Arbeitnehmer ist aber, daß er umzugsbereit ist (BFHE 139, 32, BStBl II 1983, 629). Neben vorliegend nicht mehr streitigen Mehrverpflegungs- und Unterbringungskosten am neuen Beschäftigungsort kann der ledige Arbeitnehmer auch Fahrtkosten zur bisherigen Wohnung als Werbungskosten geltend machen. In seiner Entscheidung in BFHE 119, 561, BStBl II 1976, 795 hat der Senat ausgeführt, es könnten Kosten für gelegentliche Fahrten des ledigen Arbeitnehmers zur Beaufsichtigung der alten Wohnung als Werbungskosten abgezogen werden. Hieraus ist nicht zu folgern, daß nur die Kosten von weniger als einer wöchentlichen Heimfahrt zur alten Wohnung - z. B. etwa nur die Kosten einer monatlichen Heimfahrt - den Werbungskostenbegriff erfüllen. Der Senat hatte in der vorgenannten Entscheidung lediglich einen Fall zu beurteilen, in dem der ledige Arbeitnehmer nur gelegentlich und nicht wöchentlich seine alte Wohnung aufgesucht hatte. Solange es einem ledigen umzugsbereiten Arbeitnehmer noch nicht möglich ist, seinen Lebensmittelpunkt an den neuen Beschäftigungsort zu verlegen, kann er - ebenso wie verheiratete Arbeitnehmer - die Kosten für eine wöchentliche Heimfahrt zur alten Wohnung als Werbungskosten geltend machen.

Das FG hat daher zu Recht die in der Zeit vom 1. Januar bis zum Umzug im März 1980 durchgeführten acht Fahrten der Klägerin von B nach K als steuerlich anzuerkennende Heimfahrten beurteilt. Es hat dabei aber übersehen, daß eine Gleichstellung der ledigen Arbeitnehmer mit verheirateten Arbeitnehmern, die einen doppelten Haushalt führen, zur Folge hat, daß bei Durchführung der Heimfahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug nur die Pauschbeträge des § 9 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum Werbungskostenabzug zugelassen werden können. Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 10. November 1978 VI R 13-14/76 (BFHE 126, 420, BStBl II 1979, 157) betont.

Die als Werbungskosten abziehbaren Fahrtkosten der Klägerin belaufen sich demgemäß statt auf 2 329 DM nur auf 1 209 DM. Die Einkommensteuer für das Streitjahr 1980 berechnet sich demnach wie folgt . . .

 

Fundstellen

Haufe-Index 414219

BFH/NV 1987, 233

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge