Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung eines Vereinsvorsitzenden für steuerliche Verbindlichkeiten des Vereins: Unabhängigkeit der Haftung von ehrenamtlicher Ausübung der Tätigkeit, Aufgabenteilung zwischen mehreren gesetzlichen Vertretern, Grundsatz der Gesamtverantwortung, Haftungsbeschränkung, Überwachungspflicht, Rechtsanwalt, Pflichten bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, Auswahlermessen des FA, Beauftragung Dritter mit der Erledigung der steuerlichen Pflichten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein ehrenamtlich und unentgeltlich tätiger Vorsitzender eines Vereins, der sich als solcher wirtschaftlich betätigt und zur Erfüllung seiner Zwecke Arbeitnehmer beschäftigt, haftet für die Erfüllung der steuerlichen Verbindlichkeiten des Vereins grundsätzlich nach denselben Grundsätzen wie ein Geschäftsführer einer GmbH.

 

Orientierungssatz

1. Sind mehrere gesetzliche Vertreter einer juristischen Person bestellt, so trifft jeden von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung im ganzen, d.h. daß grundsätzlich jeder von ihnen auch alle steuerlichen Pflichten zu erfüllen hat, die der juristischen Person auferlegt sind. Der Grundsatz der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters (Geschäftsführers) verlangt zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im ganzen.

2. Bei einer Verteilung der Geschäfte einer GmbH auf mehrere Geschäftsführer kann die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten, die diesem nicht zugewiesen sind, zwar nicht aufgehoben, aber begrenzt werden. Dies erfordert aber eine vorweg getroffene, eindeutige --und deshalb schriftliche-- Klarstellung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist und gilt nur insoweit und so lange, als kein Anlaß besteht, an der exakten Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch den hierfür zuständigen Vertreter zu zweifeln.

3. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob ein ehrenamtlich tätiger Vereinsvorsitzender, der für die Erfüllung der steuerlichen Angelegenheiten des Vereins intern nicht zuständig war, nach positiver Kenntnis von einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der übertragenen Aufgaben verpflichtet gewesen wäre, auch die ordnungsgemäße Abgabe von Lohnsteueranmeldungen für etwa ein Jahr zurückliegende Anmeldungszeiträume zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluß vom 8.5.1990 VII B 173/89).

4. Lohnsteuerhaftung eines ehrenamtlich tätigen Vereinsvorsitzenden durch Verletzung der Überwachungspflicht: Kommt ein Verein über lange Zeiträume seiner Anmeldungspflicht bzw. seiner Steuerentrichtungspflicht überhaupt nicht nach (neun Monate und sechs Monate), so erscheint es ausgeschlossen, daß die Verletzung der steuerlichen Pflichten dem hierfür intern nicht zuständigen Vereinsvorsitzenden --der seine ihm obliegenden Pflichten aufgrund seiner Ausbildung und Berufstätigkeit als Rechtsanwalt auch kennen mußte-- unbekannt geblieben wäre, wenn er sich nur ansatzweise um sie gekümmert und seiner Überwachungspflicht in der auch für einen ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden gebotenen Weise nachgekommen wäre.

5. Zeichnet sich die nahende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer Gesellschaft bzw. eines Vereins ab, so ist jeder gesetzliche Vertreter verpflichtet, sich um die Gesamtbelange der juristischen Person zu kümmern.

6. Das FA hat sein Auswahlermessen bei der Inanspruchnahme eines Haftenden nicht fehlerhaft ausgeübt, wenn es nur denjenigen von mehreren Geschäftsführern in Anspruch nimmt, dem nach der intern getroffenen Geschäftsaufteilung die Erfüllung der steuerlichen Pflichten übertragen war. Daraus läßt sich aber nicht schließen, daß die gleichzeitige Inanspruchnahme anderer potentiell Haftender als Gesamtschuldner ermessenswidrig wäre.

7. Die Pflichten, die den gesetzlichen Vertretern durch § 34 AO 1977 auferlegt werden, können nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen --hier: Beauftragung einer GmbH mit der Erledigung sämtlicher Verwaltungsangelegenheiten eines Vereins-- abbedungen oder beschränkt werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 191 Abs. 1, § 34 Abs. 1, §§ 5, 69; BGB § 26

 

Verfahrensgang

FG Münster (Urteil vom 19.03.1997; Aktenzeichen 1 K 6521/96)

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als erster Vorsitzender und Dr. T. als zweiter Vorsitzender bildeten den Vorstand des eingetragenen Vereins ... (Verein), der ein Altenpflegeheim betrieb. T. war außerdem Geschäftsführer einer Dienstleistungs-Gesellschaft mbH (GmbH), die sich durch Auftragsvertrag gegenüber dem Verein verpflichtet hatte, für ein monatliches Pauschalentgelt sämtliche Verwaltungsangelegenheiten der von dem Verein betriebenen Altenpflegeheime zu erledigen, wozu insbesondere das Personalabrechnungswesen und der Geld- und Zahlungsverkehr jeglicher Art gehören sollten.

Der Verein reichte hinsichtlich der von den Löhnen und Gehältern seiner Arbeitnehmer in den Monaten April bis Dezember 1993 einbehaltenen Lohn- und Kirchensteuern keine Lohnsteueranmeldungen ein; er zahlte jedoch die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) insoweit im Wege der Schätzung festgesetzten Beträge. Die verspätet angemeldeten Lohn- und Kirchensteuern der Monate Juni bis August 1994 wurden zunächst nicht entrichtet. Das FA gewährte dem Verein im November 1994 Vollstreckungsaufschub für die rückständigen Lohn- und Kirchensteuern sowie Verspätungs- und Säumniszuschläge der Anmeldungszeiträume Juli bis September 1994. Die hierfür bewilligten monatlichen Ratenzahlungen wurden in der Folgezeit entrichtet. Die jeweils verspätet angemeldeten Steuerabzugsbeträge für die Monate Oktober 1995 bis März 1996 wurden nicht an das FA abgeführt. Aus im Juli 1996 nachgereichten Lohnsteueranmeldungen des Vereins für die Monate April bis Dezember 1993 ergaben sich Nachzahlungen gegenüber den zuvor geschätzten Steuerbeträgen, die ebenfalls nicht entrichtet werden konnten, weil inzwischen das Konkursverfahren über das Vermögen des Vereins eröffnet worden war.

Das FA nahm den Kläger wegen der rückständigen Steuerabzugsbeträge des Vereins neben dem zweiten Vorstandsmitglied T. als Haftungsschuldner in Anspruch. Der Einspruch und die Klage gegen den Haftungsbescheid blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus, der Kläger habe als gesetzlicher Vertreter (Vorstand) des Vereins den Haftungstatbestand gemäß § 69 i.V.m. § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), § 26 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erfüllt, weil er zumindest grob fahrlässig der ihm obliegenden Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung und Abführung der von den Löhnen der Arbeitnehmer des Vereins einbehaltenen Steuerabzugsbeträge (§ 41a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) nicht nachgekommen sei. Dem Kläger sei es als Rechtsanwalt bekannt gewesen, daß er sich allein durch den Abschluß des Auftragsvertrages mit der GmbH seiner steuerlichen Pflichten als gesetzlicher Vertreter des Vereins nicht habe entledigen können. Wie er selbst vortrage, sei er sich seiner Überwachungspflicht bewußt gewesen. Dieser Pflicht habe er jedoch entgegen seinem Vorbringen nicht genüge getan. Denn auch bei der von ihm behaupteten nur stichprobenartigen Kontrolle des T. und der von diesem geleiteten GmbH hätte dem Kläger nicht verborgen bleiben können, daß der Verein für die Monate April bis Dezember 1993 keine Lohnsteueranmeldungen abgegeben hatte. Dem Kläger hätte ferner nicht unbemerkt bleiben können, daß die für die Monate Oktober 1995 bis März 1996 angemeldeten Lohnsteuern nicht abgeführt worden waren. Hinzu komme, daß der Kläger spätestens im November 1994 positive Kenntnis von der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der der GmbH durch den Auftragsvertrag übertragenen Aufgaben erlangt habe. Denn nach seinem eigenen Vortrag habe er an den Verhandlungen teilgenommen, die zu dem Vollstreckungsaufschub im November 1994 geführt haben. Dadurch sei dem Kläger bekannt geworden, daß die Lohn- und Kirchensteuern der Monate Juni bis September 1994 von der GmbH verspätet angemeldet und nicht bei Fälligkeit entrichtet worden waren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ihm bewußt sein müssen, daß er sich hinsichtlich der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Vereins nicht auf die Tätigkeit der von T. geleiteten GmbH verlassen konnte. Wenn er gleichwohl ohne Erweiterung der Kontrollen für vergangene und zukünftige Anmeldungszeiträume auf die Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Vereins durch die GmbH vertraut habe, so liege darin auch unter Berücksichtigung der nur ehrenamtlichen Vorstandstätigkeit des Klägers ein den subjektiven Haftungstatbestand erfüllendes grobes Verschulden.

Auch auf eine zwischen ihm und T. intern vereinbarte Geschäftsverteilung, wonach T. für die steuerlichen Angelegenheiten des Vereins zuständig gewesen sei, könne sich der Kläger nicht berufen. Eine derartige Vereinbarung sei jedenfalls nicht in der gebotenen (Schrift-)Form getroffen worden. Im übrigen sei eine schriftlich getroffene Vereinbarung über die Geschäftsaufteilung dann nicht mehr genügend, den danach intern nicht zuständigen gesetzlichen Vertreter zu entlasten, wenn --wie im Streitfall spätestens seit November 1994-- Anlaß zu der Befürchtung bestehe, daß der zuständige gesetzliche Vertreter seinen Pflichten nicht nachkomme.

Das FA habe mit der Inanspruchnahme beider für die Haftung in Betracht kommenden Vorstandsmitglieder von seinem Entschließungs- und Auswahlermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht. Eine ausschließliche Inanspruchnahme des T. sei nicht deshalb geboten gewesen, weil dieser nach dem Vortrag des Klägers intern für die Steuerangelegenheiten des Vereins zuständig gewesen sei. Die Finanzbehörde könne daneben auch andere potentiell Haftende als Gesamtschuldner zur Haftung heranziehen. Im Streitfall komme hinzu, daß die interne Geschäftsverteilung mangels Schriftform steuerlich unbeachtlich sei.

Mit der Revision macht der Kläger geltend, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Grundsätze, die zur Verantwortlichkeit mehrerer GmbH-Geschäftsführer von der Rechtsprechung entwickelt worden seien, uneingeschränkt auf ehrenamtlich und unentgeltlich tätige Vereinsmitglieder eines gemeinnützigen, eingetragenen Vereins übertragen werden könnten. Für den Fall, daß ein Vorsitzender eines Vereins ehrenamtlich und unentgeltlich tätig sei, müsse aber dieser Umstand einerseits bei der Bemessung der Pflichten, andererseits bei der Feststellung des Verschuldens und schließlich bei der Ermessensausübung berücksichtigt werden. Bei einem solchen Vereinsvorsitzenden unterscheide sich der zumutbare Umfang seines zeitlichen Einsatzes und damit die Möglichkeit einer Kontrolle deutlich von denen eines Geschäftsführers einer GmbH. Dieser erhalte regelmäßig ein Gehalt, welches zugleich einen Ausgleich für sein Haftungsrisiko darstelle. Ein entsprechender Ausgleich stehe dem Vorsitzenden eines Vereins, der ehrenamtlich und aus sozialem Engagement tätig werde, regelmäßig nicht zur Verfügung. Der Geschäftsführer sei in der Regel hauptberuflich tätig, der ehrenamtliche Vorsitzende in seiner Freizeit. Deshalb könne die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, die nach § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) ein GmbH-Geschäftsführer anzuwenden habe, von einem ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden nicht verlangt werden.

Das FA habe im Streitfall sein Auswahlermessen hinsichtlich der Inanspruchnahme des Klägers nicht ausgeübt. Da der andere Vorsitzende T. als zugleich entgeltlich tätiger Geschäftsführer der beauftragten GmbH --im Gegensatz zum Kläger-- wirtschaftliche Vorteile aus der Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten des Vereins gezogen habe, habe hinsichtlich seiner alleinigen Inanspruchnahme als Haftungsschuldner eine Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen, die das FA und das FG nicht erkannt hätten.

Zu Unrecht sei das FG auch davon ausgegangen, daß der Kläger seine Überwachungspflichten hinsichtlich der ordnungsgemäßen Tätigkeit des T. bzw. der GmbH deswegen grob fahrlässig verletzt habe, weil er bereits im November 1994 positive Kenntnis von der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen des Vereins gehabt hatte. Diese Kenntnis habe sich nur auf die Monate Juli bis September 1994 bezogen, in denen von der GmbH verspätet Steuern angemeldet und nicht rechtzeitig entrichtet worden seien. In der Folgezeit seien dann entsprechend der Zahlungsvereinbarung, an der der Kläger mitgewirkt habe, die rückständigen Steuern gezahlt worden. Für die späteren Lohnsteueranmeldungszeiträume (ab Ende 1995) habe kein Anlaß bestanden, an der Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch den hierfür zuständigen Vereinsvorsitzenden und durch die GmbH zu zweifeln.

Soweit das FG aus der Mitwirkung des Klägers an dem Vollstreckungsaufschub im November 1994 sogar herleite, daß er seine steuerlichen Pflichten als gesetzlicher Vertreter auch für die Anmeldungszeiträume April bis Dezember 1993 (fehlende Lohnsteueranmeldungen) verletzt habe, statuiere es eine Verpflichtung des Klägers, alle Anmeldungen und Nachzahlungen des Vereins für zurückliegende Jahre zu überprüfen. Eine solche Verpflichtung zur Überprüfung lange zurückliegender Sachverhalte bestehe jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gerade nicht. Die Überwachungspflicht aus Anlaß der Kenntniserlangung von der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch die zuständigen Organe könne allenfalls in die Zukunft gerichtet sein.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG sowie den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat die Haftung des Klägers für die Lohnsteuerabzugsbeträge, die der Verein während der Dauer seiner gesetzlichen Vertretung durch den Kläger als ersten Vorsitzenden (§ 26 Abs. 1 und 2 BGB) --hier für die Lohnsteueranmeldungszeiträume April bis Dezember 1993 und Oktober 1995 bis März 1996-- nicht an das FA abgeführt hat, zu Recht bejaht.

1. Der Kläger hat als gesetzlicher Vertreter des Vereins --wie das FG ausgeführt hat-- jedenfalls den Haftungstatbestand des § 69 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO 1977 erfüllt, so daß es auf die vom FA daneben noch angenommene Haftung als Verfügungsberechtigter (§ 35 AO 1977) und als Steuerhinterzieher (§ 71 AO 1977) nicht ankommt.

a) Als Vorsitzender des Vereins traf den Kläger die Verpflichtung, bis zum 10. Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums (Kalendermonat) für die ordnungsgemäße Anmeldung und Abführung der von den Löhnen und Gehältern der Arbeitnehmer des Vereins einbehaltenen Lohnsteuern und Kirchensteuern an das FA zu sorgen (§ 34 Abs. 1 AO 1977, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 EStG). Von dieser Verpflichtung können den gesetzlichen Vertreter etwaige Liquiditätsschwierigkeiten der von ihm vertretenen juristischen Person nicht befreien. Falls die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen Löhne einschließlich des Steueranteils nicht ausreichen, darf er die Löhne nur gekürzt als Vorschuß oder als Teilbetrag auszahlen, und er muß dann aus den übrigbleibenden Mitteln die entsprechende Lohnsteuer an das FA abführen (so die ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. April 1982 VII R 96/79, BFHE 135, 416, BStBl II 1982, 521).

Der Kläger ist der ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtung zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten des von ihm vertretenen Vereins, über deren Bestehen und Umfang er aufgrund seiner Ausbildung und Berufstätigkeit als Rechtsanwalt nicht im Zweifel sein konnte, nicht nachgekommen. Er hat nicht dafür Sorge getragen, daß die einbehaltenen und angemeldeten Steuerabzugsbeträge für die Monate Oktober 1995 bis März 1996 an das FA abgeführt wurden; hinsichtlich der Anmeldungszeiträume April bis Dezember 1993 hat er nicht für die rechtzeitige Anmeldung und Festsetzung (§ 69 Satz 1, § 168 AO 1977) der zutreffenden Lohnsteuer und Kirchensteuer gesorgt und damit veranlaßt, daß die Nachzahlungen, die sich aufgrund der erst im Jahre 1996 nachgereichten Lohnsteueranmeldungen gegenüber den Schätzungsbeträgen des FA ergaben, wegen der inzwischen eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Vereins nicht mehr entrichtet werden konnten. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, hat der Kläger die ihm obliegenden steuerlichen Pflichten des Vereins zumindest grob fahrlässig verletzt und damit den Haftungstatbestand des § 69 AO 1977 erfüllt.

b) Die Pflichtverletzung und das für die Haftung erforderliche Verschulden werden nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger nicht --wie etwa ein angestellter GmbH-Geschäftsführer-- entgeltlich und hauptberuflich, sondern nur ehrenamtlich für den Verein tätig war und daß die Wahrnehmung aller Verwaltungsangelegenheiten des Vereins, zu denen auch die Erstellung der monatlichen Lohnsteueranmeldungen und die Abführung der von den Löhnen einbehaltenen Steuerabzugsbeträge an das FA gehörten, kraft eines Auftragsvertrages einer Dienstleistungs-GmbH übertragen war, deren Geschäftsführer der zweite Vorsitzende des Vereins T. war, der somit der Erfüllung der steuerlichen Angelegenheiten des Vereins näherstand als der Kläger.

Sind mehrere gesetzliche Vertreter einer juristischen Person bestellt, so trifft nach der Rechtsprechung des BFH jeden von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung im ganzen, d.h. daß grundsätzlich jeder von ihnen auch alle steuerlichen Pflichten zu erfüllen hat, die der juristischen Person auferlegt sind (BFH-Urteil vom 11. Mai 1962 VI 195/60 U, BFHE 75, 206, BStBl III 1962, 342, 343). Der Grundsatz der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters (Geschäftsführers) verlangt zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im ganzen. Aus ihr folgt ferner eine solidarische Verantwortung aller Geschäftsführer für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen, die der juristischen Person obliegen (BFH-Urteile vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, und vom 17. Mai 1988 VII R 90/85, BFH/NV 1989, 4). Zwar sind die vorstehenden Rechtsprechungsgrundsätze im wesentlichen am Beispiel von Geschäftsführern einer GmbH entwickelt worden, wobei sich der BFH für den Maßstab der Pflichten (Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes) und die solidarische Verantwortlichkeit aller Geschäftsführer auch auf die Vorschriften des § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG gestützt hat, die auf den hier zu beurteilenden Fall des Vorsitzenden eines eingetragenen Vereins keine unmittelbare Anwendung finden können. Für die Verantwortlichkeit von Vorsitzenden eines Vereins, der sich als solcher wirtschaftlich betätigt und zur Erfüllung seiner Zwecke Arbeitnehmer beschäftigt, kann aber grundsätzlich nichts anderes gelten. Hier folgt der Grundsatz der Gesamtverantwortlichkeit aller Vorstandsmitglieder für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Vereins bereits aus § 34 Abs. 1 AO 1977, der im Interesse der Sicherstellung der steuerlichen Pflichten der selbst nicht handlungsfähigen juristischen Person alle gesetzlichen Vertreter gleichermaßen verpflichtet, unabhängig davon, in welchem Umfang diese für die juristische Person tätig werden und ob sie für ihre Vorstandstätigkeit ein Entgelt beziehen. Die Pflichten, die den gesetzlichen Vertretern durch § 34 AO 1977 auferlegt werden, können nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen --im Streitfall der Auftragsvertrag mit der GmbH-- abbedungen oder beschränkt werden. Sind mehrere Verpflichtete vorhanden, so können diese nur im Innenverhältnis untereinander bestimmen, wer die Pflichten erfüllen soll (Schwarz, Abgabenordnung, 10. Aufl., § 34 Rz. 10), was aber die Haftung des nach der internen Vereinbarung für die Erfüllung der steuerlichen Angelegenheiten nicht zuständigen gesetzlichen Vertreters gemäß §§ 34, 69 AO 1977 grundsätzlich nicht auszuschließen vermag.

Nach der Rechtsprechung des BFH kann indes bei einer Verteilung der Geschäfte einer GmbH auf mehrere Geschäftsführer die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten, die diesem nicht zugewiesen sind, zwar nicht aufgehoben, aber begrenzt werden. Dies erfordert aber eine vorweg getroffene, eindeutige --und deshalb schriftliche-- Klarstellung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist, damit nicht im Haftungsfall jeder Geschäftsführer auf die Verantwortlichkeit eines anderen verweist (BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, 778, und Urteil des erkennenden Senats in BFH/NV 1989, 4, 6, m.w.N.). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß diese Möglichkeit zur Begrenzung der Verantwortlichkeit für die Besorgung der laufenden steuerrechtlichen Verpflichtungen der juristischen Person für den hierfür intern nicht zuständigen gesetzlichen Vertreter auch zwischen mehreren Vorstandsmitgliedern eines Vereins in Betracht kommt. Es hat aber zutreffend eine Haftungsbegrenzung zugunsten des Klägers nach diesen Grundsätzen deshalb verneint, weil es im Streitfall an einer derartig eindeutigen und in der gebotenen Schriftform getroffenen Geschäftsverteilung zwischen den Vereinsvorständen fehlt. An diese tatsächliche Feststellung ist der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gebunden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das gilt auch hinsichtlich der tatsächlichen Würdigung des FG, daß der zwischen dem Verein und der GmbH abgeschlossene Auftragsvertrag nur eine Delegation von Verwaltungsaufgaben an einen außenstehenden Dritten, nicht aber eine Geschäftsverteilung an den zweiten Vorsitzenden T. enthält, obwohl dieser zugleich Geschäftsführer der GmbH war.

c) Da demnach eine etwaige interne Geschäftsverteilung zu Lasten des T. mangels Eindeutigkeit und Schriftform die Verantwortlichkeit des Klägers nicht zu begrenzen vermag, könnte diese allenfalls bei der Prüfung des Verschuldens i.S. des § 69 AO 1977 beachtlich sein (vgl. BFH in BFHE 75, 206, BStBl III 1962, 342, 343). Im übrigen gilt aber selbst bei schriftlicher Regelung der Geschäftsverteilung zwischen den gesetzlichen Vertretern eine Begrenzung der Verantwortlichkeit nur insoweit und so lange, als kein Anlaß besteht, an der exakten Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch den hierfür zuständigen Vertreter (Geschäftsführer) zu zweifeln (Senat in BFH/NV 1989, 4, 6, m.w.N.). Ob der Kläger als der für die Steuerangelegenheiten des Vereins intern nicht zuständige Vereinsvorsitzende Anlaß hatte, an der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch den zweiten Vorsitzenden T. und der von diesem geführten GmbH zu zweifeln, richtet sich nach den besonderen Umständen des Streitfalles. Bei der danach vorzunehmenden Prüfung einer Pflichtverletzung in der für die Haftung erforderlichen Verschuldensform (mindestens grobe Fahrlässigkeit) sind einerseits das nur eingeschränkte persönliche Engagement des Klägers als ehrenamtlicher Vorsitzender, andererseits aber seine Rechtskenntnisse, beruflichen Erfahrungen und tatsächlichen Erkenntnismöglichkeiten als Rechtsanwalt zu berücksichtigen. Das FG hat unter Berücksichtigung dieser Umstände zutreffend erkannt, daß der Kläger Anlaß hatte, sich unabhängig von einer internen Geschäftsverteilung um die ordnungsgemäße Anmeldung und Abführung der rückständigen Steuerabzugsbeträge persönlich zu kümmern, und daß er insoweit seiner Überwachungspflicht gegenüber der mit der Geschäftsbesorgung beauftragten GmbH schuldhaft, d.h. zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.

d) Schon bei der vom Kläger behaupteten stichprobenartigen Kontrolle des T. und der von diesem geleiteten GmbH hinsichtlich der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Angelegenheiten des Vereins hätte dem Kläger abgesehen von der ständigen Versäumung der Steueranmeldungs- und Abführungsfristen --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- jedenfalls nicht verborgen bleiben können, daß für die Monate April bis Dezember 1993 keine Lohnsteueranmeldungen abgegeben und die angemeldeten Steuerabzugsbeträge für die Monate Oktober 1995 bis März 1996 in vollem Umfang nicht an das FA abgeführt worden waren. Die langen Zeiträume, in denen der Verein seiner Anmeldungs- bzw. Steuerentrichtungspflicht überhaupt nicht nachgekommen ist (neun Monate und sechs Monate) lassen es als ausgeschlossen erscheinen, daß dem Kläger diese Verletzung der steuerlichen Pflichten unbekannt geblieben wäre, wenn er sich nur ansatzweise um sie gekümmert und seiner Überwachungspflicht in der auch für einen ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden gebotenen Weise nachgekommen wäre (vgl. Urteil des Senats vom 29. Mai 1990 VII R 81/89, BFH/NV 1991, 283, 284).

Darüber hinaus bestand unabhängig von der internen Geschäftsverteilung zwischen den Vereinsvorsitzenden jedenfalls seit November 1994 ein konkreter Anlaß für den Kläger, sich auch persönlich um die Erfüllung der laufenden steuerlichen Verpflichtungen des Vereins zu kümmern. Nachdem er spätestens zu diesem Zeitpunkt positive Kenntnis davon erlangt hatte, daß die Lohn- und Kirchensteuern der Monate Juni bis September 1994 verspätet angemeldet und zunächst nicht entrichtet worden waren, was zu dem vom Kläger erwirkten Vollstreckungsaufschub und der Ratenzahlungsvereinbarung mit dem FA geführt hat, konnte er sich nicht mehr darauf verlassen, daß die steuerlichen Pflichten des Vereins durch den zweiten Vorsitzenden T. und der von dieser geführten GmbH ordnungsgemäß erfüllt würden. Die daraus resultierende Verpflichtung des Klägers, jedenfalls für zukünftige Anmeldungszeiträume die ordnungsgemäße Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer sorgfältig und persönlich zu überwachen, war mit der Erfüllung der Ratenzahlungsvereinbarung nicht abgeschlossen, da sich die mit der Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten betrauten T. und die GmbH als unzuverlässig erwiesen hatten. Für die Abführung der später angemeldeten, hier streitbefangenen Steuerabzugsbeträge der Monate Oktober 1995 bis März 1996 hätte der Kläger insbesondere auch deshalb persönlich Sorge tragen müssen, weil diese Anmeldungszeiträume der Einstellung der Zahlungen und der wirtschaftlichen Tätigkeit des Vereins unmittelbar vorausgingen und der Kläger somit aufgrund seiner früheren Erfahrungen bei der angespannten Finanzlage des Vereins an der ordnungsgemäßen Steuerentrichtung durch T. bzw. die GmbH zweifeln mußte. Zeichnet sich die nahende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer Gesellschaft bzw. eines Vereins ab, so ist jeder gesetzliche Vertreter verpflichtet, sich um die Gesamtbelange der juristischen Person zu kümmern (vgl. BFH in BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, 778, und Senatsurteil in BFH/NV 1989, 4, 6).

Ob der Kläger allein aufgrund seiner Kenntniserlangung im November 1994 von den steuerlichen Unregelmäßigkeiten, die sich auf die Monate Juni bis September 1994 bezogen, verpflichtet gewesen wäre, auch die ordnungsgemäße Abgabe der Lohnsteueranmeldungen für die etwa ein Jahr zurückliegenden Anmeldungszeiträume April bis Dezember 1993 zu überprüfen, braucht der Senat nicht zu entscheiden (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 8. Mai 1990 VII B 173/89, BFH/NV 1991, 12, 13: dort Ablehnung der Verpflichtung zur Überprüfung von in der Vergangenheit abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen). Hinsichtlich der nicht abgegebenen Lohnsteueranmeldungen für die Monate April bis Dezember 1993 ergibt sich --wie oben aufgeführt-- eine Verletzung der Überwachungspflicht des Klägers schon aus der langen Dauer der Untätigkeit seitens der zur Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten des Vereins berufenen Organe und Hilfspersonen, die dem Kläger auch bei einer nur minimalen Kontrolle nicht hätte entgehen können.

Ferner sind der Kläger bzw. der Verein nach dem Inhalt des angefochtenen Haftungsbescheids und der Einspruchsentscheidung, die von dem FG-Urteil in Bezug genommen worden sind, bereits im Zusammenhang mit dem Ergehen von Schätzungsbescheiden für diese Zeiträume ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß Lohnsteueranmeldungen für die Monate April bis Dezember 1993 nicht abgegeben worden waren. Die Schätzungsbescheide sind danach an den Verein, und eine Mitteilung des FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Bochum vom März 1994 mit dem Hinweis auf die pflichtwidrige Unterlassung der Abgabe dieser Lohnsteueranmeldungen ist an den Kläger persönlich gerichtet worden. Dem Kläger wäre es demnach bei der ihm als Vereinsvorsitzenden zumutbaren und gebotenen Kontrolle zeitnah möglich gewesen, für eine baldige Nachholung der Abgabe zutreffender Lohnsteueranmeldung zu sorgen. Bei einem derartigen pflichtgemäßen Verhalten hätte der Nachzahlungsbetrag, der sich gegenüber den Schätzungsbescheiden des FA ergeben hat, noch vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Vereins realisiert werden können, so daß der Steuerausfall, der dem Haftungsbescheid zugrunde liegt, hätte vermieden werden können. Soweit sich der Kläger --wie aus der Einspruchsentscheidung hervorgeht-- darauf beruft, er habe die Mitteilung über die Nichtabgabe der Lohnsteueranmeldungen nicht erhalten, weil (möglicherweise) die GmbH die an ihn und den Verein gerichtete Post geöffnet habe, so vermag ihn dies nicht zu entlasten, denn insoweit läge ein ihm zuzurechnendes Organisationsverschulden vor. Der Vorsitzende eines Vereins hat dafür Sorge zu tragen, daß ihn die an ihn persönlich und an den Verein gerichtete Post auch erreicht. Jedenfalls hat der Kläger nicht vorgetragen, daß er auch von den Schätzungsbescheiden, die an den Verein gerichtet worden waren, keine Kenntnis erlangt habe bzw. nicht habe erlangen können.

Da der Kläger aufgrund seiner Ausbildung und Berufstätigkeit als Rechtsanwalt über die ihm als Vereinsvorsitzenden obliegenden steuerlichen Pflichten (§ 34 Abs. 1 AO 1977) nicht im unklaren war und er diese --wie ausgeführt-- bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt auch hätte erfüllen können, hat er hinsichtlich der nicht abgeführten Steuerabzugsbeträge den Haftungstatbestand des § 69 AO 1977 zumindest grob fahrlässig verwirklicht.

2. Entgegen der Auffassung der Revision hat das FA mit der Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner sein Auswahlermessen (§ 191 Abs. 1 AO 1977) nicht verletzt.

Auch wenn den zweiten Vorsitzenden des Vereins T. als das in erster Linie für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Vereins verantwortliche Organ hinsichtlich der Nichtabführung der Steuerabzugsbeträge eine größere Verantwortlichkeit treffen und er somit der Haftung näherstehen sollte als der Kläger, so folgt daraus nicht eine Ermessensreduzierung auf Null in der Weise, daß das FA nur den T. in Anspruch nehmen durfte. Im Rahmen seiner nur in den Grenzen des § 102 FGO überprüfbaren Ermessensentscheidung war das FA jedenfalls befugt, beide Vorstandsmitglieder gesamtschuldnerisch als Haftungsschuldner heranzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 1987 VII R 86/85, BFH/NV 1987, 550, 553). Es bestand kein zwingender Grund, den T. vor dem Kläger in Anspruch zu nehmen. Der Senat hat zwar wiederholt entschieden, daß das Auswahlermessen nicht fehlerhaft ausgeübt wird, wenn das FA nur denjenigen von mehreren Geschäftsführern in Anspruch nimmt, dem nach der intern getroffenen Geschäftsaufteilung die Erfüllung der steuerlichen Pflichten übertragen war (vgl. BFH-Beschluß vom 5. November 1991 VII B 116/91, BFH/NV 1992, 575, und BFH-Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785, 787). Daraus läßt sich aber nicht schließen, daß die gleichzeitige Inanspruchnahme anderer potentiell Haftender als Gesamtschuldner ermessenswidrig wäre (so Beschluß des Senats vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941, 942). Angesichts der Höhe des in Betracht kommenden Haftungsbetrages kann es jedenfalls nicht als ermessensfehlerhaft erachtet werden, daß das FA den Kläger und T. als Gesamtschuldner gleichzeitig als Haftende in Anspruch genommen hat (vgl. Senat in BFH/NV 1995, 941, 943), denn das FA konnte nicht davon ausgehen, daß die Haftungsschuld allein durch den T. beglichen werde. Ob eine alleinige Inanspruchnahme des Klägers unter Freistellung des in erster Linie für den Haftungsschaden verantwortlichen T. ermessensgerecht gewesen wäre, braucht der Senat nicht zu entscheiden.

Daß sich das FA seines Auswahlermessens bei der Inanspruchnahme der in Betracht kommenden Haftungsschuldner bewußt war, ergibt sich zweifelsfrei aus der Einspruchsentscheidung. Wenn es sich trotz des ebenfalls in der Einspruchsentscheidung gewürdigten Vorbringens des Klägers, daß in erster Linie T. für die Überwachung und Kontrolle der mit der Bearbeitung der Steuerangelegenheiten beauftragten GmbH zuständig gewesen sei, für die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme beider Vorstandsmitglieder entschied, so ist dies nach den vorstehenden Ausführungen unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Einer besonderen Begründung dieser in Kenntnis der Gesamtumstände getroffenen Ermessensentscheidung bedurfte es nicht schon im Hinblick auf die Höhe des Haftungsbetrages, dessen Realisierung allein bei dem Haftungsschuldner T. nicht zu erwarten war (vgl. ähnlich das Urteil des Senats in BFH/NV 1991, 283, 285 zur Entbehrlichkeit der Begründung des Entschließungsermessens, wenn eine anderweitige Realisierung des Steueranspruchs nicht möglich ist). Soweit sich die Revision wegen der Anforderungen an die Begründung des Auswahlermessens auf die Ausführungen des erkennenden Senats in dem Urteil in BFH/NV 1992, 785 (787) beruft, verkennt sie, daß dort nicht alle gesetzlichen Vertreter als Haftungsschuldner, sondern nur einer der in Betracht kommenden Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden war, so daß dessen Heranziehung vor dem anderen --dort wegen seiner internen Zuständigkeit für die steuerlichen Angelegenheiten-- zwingend zu begründen war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67352

BFH/NV 1998, 1545

BFH/NV 1998, 1545-1548 (Leitsatz und Gründe)

BStBl II 1998, 761

BFHE 186, 132

BFHE 1999, 132

BB 1998, 1934

BB 1998, 1934-1937 (Leitsatz und Gründe)

DB 1998, 2047

DStR 1998, 1423

DStRE 1998, 727

DStRE 1998, 727 (Leitsatz)

HFR 1998, 885

StE 1998, 583

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