Leitsatz (amtlich)

Ist der Anschaffungspreis für einen Mitunternehmeranteil niedriger als das übergehende Kapitalkonto, so muß der Erwerber den Minderbetrag in seiner Ergänzungsbilanz auf die Wirtschaftsgüter der Gesellschaft verteilen. Der Minderwert kann nicht als "negativer Geschäftswert" bilanziert werden.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 7, § 15 (Abs. 1) Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die klagende GmbH & Co. KG (Klägerin und Revisionsklägerin - Klägerin -) unterhält ein Unternehmen mit mehreren Filialen. Die Beigeladene zu 3 (Beigeladene) gehörte zu ihren Kommanditisten. Sie erwarb im Dezember 1968 von drei anderen Kommanditisten weitere Kommanditanteile in Höhe von insgesamt 29,5 v. H. des Festkapitals. Der Kaufpreis war geringer als die Summe der übertragenen Kapitalkonten. Eine unentgeltliche Zuwendung war damit nicht verbunden. Die Beigeladene passivierte den Unterschiedsbetrag in ihrer Ergänzungsbilanz als "negativen Firmenwert". Im Jahre 1974 veräußerte sie ihren Kommanditanteil mit Gewinn. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dieser Bilanzierung nicht. Im Anschluß an eine Betriebsprüfung verteilte das FA den Unterschiedsbetrag in der Ergänzungsbilanz der Beigeladenen vielmehr auf Anlagevermögen und Warenvorräte. Vom Minderwert der Warenvorräte löste es im Hinblick auf zwischenzeitliche Umsätze zum 31. Dezember 1968 10 000 DM gewinnerhöhend auf. Um diesen Betrag - abzüglich Gewerbesteuer - erhöhte sich der Gewinnanteil der Beigeladenen im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung für 1968 . Die Minderansätze für das Anlagevermögen blieben unverändert.

Mit der Klage machte die Klägerin geltend, die vom FA vorgenommene Abstockung der Buchwerte sei rechtlich nicht zulässig. Die Beigeladene habe eine Beteiligung und nicht Anteile an den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens erworben, dieses stehe der Gesellschaft, nicht den Gesellschaftern zu. Die Auflösung des Minderbetrags führe zu Gewinnen, die die Beigeladene nicht realisiert habe; das sei erst mit der Veräußerung der Beteiligung im Jahre 1974 geschehen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab; sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 318 veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt, die Einkünfte der Beigeladenen aus Gewerbebetrieb um 8 718 DM niedriger festzustellen. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Der Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung ist steuerlich als Erwerb eines Anteils am Gesellschaftsvermögen anzusehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Januar 1978 IV R 97/76, BFHE 124, 516, BStBl II 1978, 368). Die Gesellschaftsbeteiligung bildet kein selbständiges Wirtschaftsgut (BFH-Urteile vom 23. Juli 1975 I R 165/73, BFHE 117, 30, BStBl II 1976, 73, und vom 29. September 1976 I R 171/75, BFHE 120, 222, BStBl II 1977, 259). Sie besteht vielmehr in dem Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen, wie er sich im Kapitalkonto darstellt. Weicht das vom Erwerber gezahlte Entgelt vom Buchwert des Vermögensanteils ab, den das übergehende Kapitalkonto ausweist, so muß der Erwerber den Unterschiedsbetrag in einer steuerlichen Ergänzungsbilanz berücksichtigen. Dies geschieht durch Auf- oder Abstockungen zu den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft. Mit dem Abgang oder Verbrauch der Wirtschaftsgüter werden diese Wertänderungen beim Gesellschafter gewinnwirksam aufgelöst; hierdurch wird sein Anteil am Gewinn der Gesellschaft korrigiert.

2. Im Streitfall lag der Anschaffungspreis der Beteiligungen unter dem Betrag der übergehenden Kapitalkonten. Der Minderbetrag mußte daher in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers von den Buchwerten der Gesellschaft abgesetzt werden. Das ist für den Fall der Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters entschieden (BFH-Urteile vom 11. Juli 1973 I R 126/71, BFHE 110, 402, BStBl II 1974, 50; vom 30. Januar 1974 IV R 109/73, BFHE 111, 483, BStBl II 1974, 352); es gilt in gleicher Weise aber auch für die Veräußerung einer Beteiligung. Die erforderliche Abstockung der Buchwerte kann nicht dadurch vermieden werden, daß der Minderbetrag als "negativer Geschaftswert" passiviert wird. Aktivierungen und Passivierungen in der Ergänzungsbilanz beziehen sich auf aktive und passive Wirtschaftsgüter der Gesellschaft. Die Klägerin konnte aber in ihrer Steuerbilanz einen "negativen Geschäftswert" nicht bilanzieren.

a) Geschäftswert ist der Betrag, um den der Gesamtwert eines Unternehmens - insbesondere wegen seiner günstigen Ertragslage - den Substanzwert seines Vermögens übersteigt (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember1976 I R 215/73, BFHE 121, 402, BStBl II 1977, 409). Er wird vom Einkommensteuergesetz (EStG) als selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut angesehen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) und ist im Falle eines entgeltlichen Erwerbs zu aktivieren (§ 5 Abs. 2 EStG). Als "negativer Geschäftswert" müßte dementsprechend der Betrag bezeichnet werden, um den der Gesamtwert des Unternehmens - insbesondere wegen seiner ungünstigen Ertragslage - geringer ist als sein Substanzwert. Hierin sieht das Einkommensteuergesetz jedoch kein bilanzierungsfähiges (passives) Wirtschaftsgut.

§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG bezeichnet nur den positiven Geschäftswert als Wirtschaftsgut. Ebenso geht § 5 Abs. 2 EStG davon aus, daß nur positive immaterielle Wirtschaftsgüter in die Bilanz aufgenommen werden; nur sie können entgeltlich erworben und als Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aktiviert werden. Die Passivierung eines "negativen Geschäftswerts" ist danach nicht möglich. Er gehört nicht zu den Verbindlichkeiten, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten, die den aktiven Wirtschaftsgütern gegenübertreten und ist damit nicht passivierungsfähig. Das Einkommensteuergesetz enthält deshalb auch keine Bestimmungen über die Bewertung und Auflösung eines solchen Passivpostens.

b) Die Berücksichtigung eines "negativer Geschäftswerts" wäre außerdem mit den Bilanzierungsvorschriften, des Einkommensteuergesetzes für den entgeltlichen Erwerb eines Unternehmens nicht vereinbar. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG müssen in diesem Fall die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit ihrem Teilwert, höchstens jedoch mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden. Die Anschaffungskosten werden durch den auf die einzelnen Wirtschaftsgüter entfallenden Teil des Entgelts für den Unternehmenserwerb gebildet. Sie bilden die Höchstgrenze der Bewertung. Bei der Passivierung eines "negativen Geschäftswerts" müßten die Wirtschaftsgüter demgegenüber mit einem höheren Betrag bewertet werden. Das ist nicht zulässig.

Hiergegen kann nicht eingewendet werden, daß sich bei einer Bilanzierung der Wirtschaftsgüter mit den Anschaffungskosten der vom Veräußerer wegen mangelnder Rentabilität des Unternehmens gewährte Wertabschlag mit ihrem Abgang oder Verbrauch alsbald gewinnerhöhend auflöse. Die in § 6 EStG vorgesehene Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter und ihre Bewertung mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gestatten keine andere Bilanzierung.

3. Im Streitfall hat das FA den Minderbetrag nicht nur auf das Anlagevermögen, sondern auch auf die Warenvorräte verteilt. Das ist nicht zu beanstanden. Der Anschaffungspreis für die Beteiligung kann nur im Schätzungswege auf die Wirtschaftsgüter der Gesellschaft aufgeteilt werden (BFH-Urteile vom 31. Mai 1972 I R 49/69, BFHE 106, 71, BStBl II 1972, 696; vom 28. März 1966 VI 320/64, BFHE 85, 433, BStBl III 1966, 456).

Das FA hat beim Anlagevermögen allerdings fälschlich nicht nur den auf die erworbenen Mitunternehmeranteile entfallenden Anteil an den Buchwerten, sondern das gesamte am 31. Dezember 1968 ausgewiesene Anlagevermögen der Klägerin berücksichtigt. Für das Streitjahr haben sich daraus aber keine Gewinnauswirkungen ergeben. Das FA ist bei seiner Gewinnermittlung für die Beigeladene ferner davon ausgegangen, daß der anteilige Minderwert mit 10 000 DM auf Waren entfiel, die noch bis zum Ende des Wirtschaftsjahres veräußert wurden. Diese Annahme ist vertretbar; die Klägerin hat hiergegen nichts Erhebliches vorgetragen. Daraus folgt, daß sich der Gewinn der Beigeladenen um diesen Betrag (abzüglich Gewerbesteuer) erhöht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413577

BStBl II 1981, 730

BFHE 1981, 510

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