Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei einer stillen Beteiligung eines Gesellschafters an seiner GmbH

 

Leitsatz (NV)

1. Die Wirksamkeit einer Vereinbarung über die örtliche Zuständigkeit eines Finanzamts nach § 78 AO 1977 wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die beteiligten Finanzämter verschiedenen Bundesländern angehören.

2. In Fällen einer erschwerten Sachverhaltsermittlung kann eine Bindung der Beteiligten an einen einverständlich angenommenen Sachverhalt eintreten. Von einer Verständigung über schwer zu ermittelnde Tatsachen ist ein unzulässiger Vergleich über Steueransprüche zu unterscheiden.

3. Es ist einem Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich unbenommen, der Gesellschaft Mittel entweder durch Einlage gegen Anteilsrechte oder durch schuldrechtliche Kapitalüberlassung zuzuführen.

4. Bei einer Abgrenzung einer stillen Gesellschaft von einem partiarischen Darlehen spricht die Stellung des Kapitalgebers als beherrschender Gesellschafter für eine stille Beteiligung an seiner Gesellschaft.

5. Bei der Verteilung des Gewinns im Falle einer stillen Beteiligung eines Gesellschafters an seiner GmbH darf das Finanzamt keinen Vorweggewinn der GmbH für die Zurverfügungstellung ihres Geschäftsbetriebs ansetzen. Die Einlagen des stillen Gesellschafters sind mit ihrem Nominalwert zugrunde zu legen. Eine verdeckte Einlage des Gesellschafters als Inhaber von Geschäftsanteilen der GmbH kann nicht als weitere stille Einlage des Gesellschafters behandelt werden. Im übrigen gelten die Grundsätze des BFH-Urteils vom 6. 2. 1980 I R 50/76 (BFHE 130, 268 BStBl II 1980, 477).

 

Normenkette

AO 1977 § 78; KStG § 6 Abs. 1

 

Tatbestand

Die ursprüngliche Klägerin, eine GmbH (GmbH), hat im Laufe des Revisionsverfahrens durch Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 29. April 1983 ihre Firma geändert von bisher . . . GmbH in . . . GmbH. Durch Beschluß des Amtsgerichts vom 16. Juni 1983 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter (Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte - Kläger -) hat das Verfahren über die Revision der GmbH aufgenommen (§ 155 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 240 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt für Körperschaften - FA -) hat den Rechtsstreit bezüglich seiner Revision ebenfalls aufgenommen.

Die GmbH wurde am 26. Juni 1952 gegründet. Das gesamte Stammkapital von 50 000 DM übernahm G. Durch Vertrag vom 27. Juni 1952 nahm die GmbH die Tochter des G als stille Gesellschafterin auf, die sich mit einer Einlage von 50 000 DM gegen eine Gewinnbeteiligung von 40 % am Handelsgeschäft der GmbH beteiligte. Mit Vertrag vom 27. Juni 1952 beteiligte sich die GmbH als stille Gesellschafterin mit einer Einlage von 100 000 DM (Gewinnanteil 20 %) am Handelsgeschäft der G GmbH. Gegen die G GmbH, deren Gründung und Entwicklung maßgeblich mit dem Namen ihres Geschäftsführers G verknüpft ist, lief nach Feststellung des Finanzgerichts (FG) ein Verfahren nach dem Rückerstattungsgesetz, weshalb sie seit Februar 1952 ,,unter Sequestration" stand; das Rückerstattungsverfahren wurde im Juni 1958 durch Vergleich beendet.

I. . . .

II. Kapitalausstattung der GmbH durch G

Am 16. Mai 1958 erwarb G von seiner Tochter die stille Beteiligung über 50 000 DM, mit der diese am Handelsgeschäft der GmbH beteiligt war. Am 19. Mai 1958 vereinbarten G und die GmbH, daß die stille Einlage ,,im gegenseitigen Einvernehmen in ein gewinnbeteiligtes (partiarisches) Darlehen umgewandelt" werde.

Mit Schreiben vom 16. Juli 1958 setzte sich G mit dem damaligen Landesfinanzamt in Verbindung und brachte u. a. vor:

Es sei beabsichtigt, den Sitz der GmbH von . . . nach . . . zu verlegen; die GmbH solle von G mit einem ,,weiteren gewinnberechtigten Darlehen" von 650 000 DM ausgestattet werden, und zwar in Vorbereitung der für später geplanten Ausgestaltung der GmbH zur Konzernherrin der G-Betriebe mit späterem Abschluß eines ,,Ergebnisausschließungsvertrages". Die neu zufließenden Mittel solle die GmbH dazu verwenden, die in unmittelbarem oder mittelbarem Besitz des G befindlichen Stammanteile und stillen Beteiligungen an der W GmbH und an der G GmbH käuflich zu erwerben, und zwar zum jeweiligen Anschaffungspreis des Veräußerers. Nach der Durchführung dieser Übertragungen halte die GmbH dann das gesamte ,,offene und stille" Kapital der G GmbH und der W GmbH.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Einlage des stillen Gesellschafters dann das vierzehnfache des Kapitals der GmbH ausmache, sei beabsichtigt, die ,,aufgestockte stille Gesellschaftseinlage" mit einem Gewinnbezugsrecht von 80 % (statt bisher 40 %) des gesamten Gewinns der GmbH auszustatten. Diese Höhe der Gewinnbeteiligung von 80 % sei auch unter Zugrundelegung der Überlegungen eines Dritten angemessen.

Die GmbH erwarb von G und von dessen Tochter folgende G GmbH-Geschäftsanteile:

Am 8. August 1958 trat die Tochter des G drei G GmbH-Stammanteile im Nennwert von zusammen 156 000 DM an die GmbH ab. Der Kaufpreis betrug 110 000 DM. Am 4. November 1958 erwarb die GmbH eine weitere G GmbH-Stammeinlage zum Nennwert von 100 000 DM.

Mit dem Erwerb der G GmbH-Stammanteile im Nennwert von 256 000 DM verfügte die GmbH über das gesamte G GmbH-Stammkapital von 300 000 DM, da die G GmbH das restliche Stammkapital von 44 000 DM (Eigenanteile seit dem 12. Dezember 1952) bereits besaß.

Am 12. Dezember 1958 schlossen G (,,Darlehensgeber") und die GmbH (,,Darlehensnehmerin") einen Vertrag über die Gewährung eines ,,partiarischen Darlehens". Der Vertrag bestimmt u. a.:

,,§ 1

Der Darlehensgeber hat gegen die Darlehensnehmerin bereits eine gewinnbeteiligte Forderung in Höhe von DM 50 000, die von der Darlehensnehmerin mit einem variablen Betrag in Höhe von 40 % des für das jeweilige Jahr ermittelten steuerlichen Gewinnes zu verzinsen ist.

Der Darlehensgeber stellt der Darlehensnehmerin einen weiteren Betrag in Höhe von DM 750 000 als gewinnbeteiligtes Darlehen zur Verfügung, so daß er eine Gesamtdarlehensforderung in Höhe von DM 800 000 . . . hat. . . .

§ 2

Das Darlehen ist von der Darlehensnehmerin mit einem variablen Betrag zu verzinsen, der 80 % des für das jeweilige Jahr ermittelten steuerlichen Gewinnes der Darlehensnehmerin beträgt. . . .

§ 3

Das Darlehen kann von beiden Vertragsschließenden erstmals nach Ablauf von fünf Jahren zum 31. 12. 1963 aufgekündigt werden. . . ."

Am 28. August 1959 trafen die Vertragsparteien zwei Zusatzvereinbarungen:

In der einen Vereinbarung bestimmten sie, daß das partiarische Darlehen während des Bestehens der GmbH von beiden Seiten nicht gekündigt werden dürfe. Das Darlehen sei demgemäß erst bei der Liquidation der GmbH zurückzuzahlen. In der anderen Vereinbarung einigten sich die Vertragspartner darüber, daß G mit Wirkung vom 1. Januar 1958 nicht nur mit 80 % am Gewinn, sondern im gleichen Umfang auch am Verlust - beschränkt auf die Höhe des gewährten Darlehensbetrages - beteiligt sei.

Die GmbH und G bemühten sich in dieser Zeit um die steuerliche Anerkennung des Vertrages, der G eine Gewinn- und Verlustbeteiligung von 80 % zubilligte. Nach einem mehrere Monate dauernden Schriftwechsel zwischen der von ihnen beauftragten Beratungsgesellschaft und dem Landesfinanzamt bzw. dem beklagten FA erklärte das FA mit Schreiben vom 27. Oktober 1959:

,,In dem mit Vertrag vom 12. 12. 1958 (und Zusatzvereinbarung vom 28. 8. 1959) der GmbH gewährten Darlehen von 800 000 DM wird kein verdecktes Stammkapital angenommen.

Folgende Punkte müssen jedoch einer späteren steuerlichen Prüfung überlassen bleiben:

a) ob die mit Vertrag vom 12. 12. 1958 eingebrachten Beteiligungen dem Teilwert nach § 6 EStG entsprechen,

b) ob die Darlehensbedingungen - variable Verzinsung mit 80 % des steuerlichen Gewinns und Verlustbeteiligung - im Falle überhöhter Teilwertansätze der eingebrachten Beteiligungen oder im Falle einer Veränderung der Kapitalverhältnisse der GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung vermuten lassen."

Die GmbH verfuhr nach dem Vertrag vom 12. Dezember 1958. Den auf G entfallenden Gewinnanteil errechnete sie auf der Grundlage des steuerlichen Gewinns vor Abzug der Steuern. In den Protokollen über die Gesellschafterversammlungen vom 12. November 1962 (Bilanzfeststellung 1961), vom 12. Dezember 1963 (Bilanzfeststellung 1962) und vom 16. Dezember 1964 (Bilanzfeststellung 1963) wurde vermerkt, es sei nicht beabsichtigt, irgendwelche verdeckten Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter vorzunehmen. Die Geschäftsleitung werde derartige Vorgänge nicht genehmigen, ,,falls die Finanzverwaltung bei einer späteren Betriebsprüfung gewisse Vorgänge als verdeckte Gewinnausschüttungen behandeln will und endgültig behandelt". Die mit der Finanzverwaltung endgültig ausgehandelten Beträge seien dann als von vornherein vereinbart anzusehen. Dementsprechend seien in diesem Falle berichtigte Bilanzen aufzustellen.

III. Sachbehandlung durch das FA

Das FA setzte die Körperschaftsteuer für die Streitjahre (1958 bis 1964) vorläufig fest. In der Zeit von 1966 bis 1969 ließ es durch das FA, das u. a. für mehrere Organgesellschaften der GmbH zuständig war, eine Betriebsprüfung durchführen.

1. Kapitalzuführung des G als verdecktes Stammkapital

Im Verlaufe der Prüfung kam das beklagte FA zu der Auffassung, daß die Beteiligung des G an der GmbH weder als stille Gesellschaft noch als partiarisches Darlehen anerkannt werden könne, vielmehr verdecktes Stammkapital der GmbH anzunehmen sei. Mithin seien die Zinszahlungen der GmbH an G keine Betriebsausgaben, sondern verdeckte Gewinnausschüttungen.

2. . . .

Unter dem Datum vom 17. November 1969 erließ das FA endgültige Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre 1958 bis 1964. In diesen Bescheiden erhöhte es die erklärten Gewinne u. a. um die Beträge, die seiner Meinung nach verdeckte Gewinnausschüttungen darstellten:

Streitjahr Betrag Art der verdeckten Gewinnausschüttung

1958 2 681 394 DM 80 % Gewinnanteil G

1959 1 725 757 DM 80 % Gewinnanteil G

1960 2 189 219 DM 80 % Gewinnanteil G

1961 4 439 181 DM 80 % Gewinnanteil G

1962 3 646 428 DM 80 % Gewinnanteil G

424 000 DM Veräußerung der T GmbH-Anteile an G

1963 3 947 904 DM 80 % Gewinnanteil G

1964 5 367 155 DM 80 % Gewinnanteil G

Die GmbH wandte sich mit ihrem Einspruch vom 10. Dezember 1969 gegen diese Steuerfestsetzungen und rügte die örtliche Unzuständigkeit des FA.

Das FA wies den Einspruch zurück.

Das FG bejahte die örtliche Zuständigkeit des FA und gab der Klage in dem Streitpunkt ,,80 %-Gewinnanteil" zu einem großen Teil statt.

Die sich daraus für das Streitjahr 1958 ergebende Einkommensminderung saldierte das FG mit einer verdeckten Gewinnausschüttung, die darin zu sehen sei, daß die GmbH bei dem Erwerb der zweiten stillen G GmbH-Beteiligung zugunsten ihres Alleingesellschafters auf gegen die G GmbH gerichtete Gewinnansprüche 1952 und 1956, die mit einem Teilwert von 5 000 DM zu bewerten seien, verzichtet habe.Gegen das Urteil des FG haben die GmbH und das FA Revision eingelegt. Beide Revisionskläger rügen Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Der Kläger (Konkursverwalter) beantragt, bezüglich des vom FA zur Konkurstabelle angemeldeten Teilbetrages der umstrittenen Steuerforderungen seinen dagegen gerichteten Widerspruch für begründet zu erklären.

 

Entscheidungsgründe

Beide Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

I. Örtliche Zuständigkeit des FA

Das beklagte FA war für die Festsetzung der umstrittenen Körperschaftsteuer 1958 bis 1964 örtlich zuständig.

1.-3. . . .

4. Ohne Einfluß auf die Wirksamkeit der Zuständigkeitsvereinbarung ist der Umstand, daß die beteiligten FÄ verschiedenen Bundesländern angehören. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. November 1972 VIII R 42/67 (BFHE 108, 10, BStBl II 1973, 198) schließt das Grundgesetz (GG) Zuständigkeitsvereinbarungen nach § 78 AO zwischen Steuerbehörden verschiedener Bundesländer nicht aus (vgl. auch Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz, Art. 107 Anm. 23, 24). Die für die Wirksamkeit von Zuständigkeitsvereinbarungen zwischen Steuerbehörden mehrerer Länder geltenden Gründe treffen auch im Verhältnis zum Land . . . zu.

. . .

II. Bindung des FA an Zusage zur Gewinnverteilung

. . .

III. Bindung des FA an den sog.

. . .-Vermerk

Die Rüge des Klägers, das angefochtene Urteil des FG erwähnte mit keinem Wort seinen Sachvortrag zum sog. . . .-Vermerk vom 15. August 1968, greift nicht durch. Der Kläger hat nicht dargelegt, inwiefern das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Zwar bringt der Kläger vor, das FA sei durch die in dem Aktenvermerk enthaltene Vereinbarung nach Treu und Glauben gebunden, bis einschließlich 1964 eine Gewinnbeteiligung von 80 % anzuerkennen, weil die GmbH sich an die Vereinbarung gehalten und eine Revision wegen Kapitalertragsteuer 1964 zurückgenommen habe. Eine Vereinbarung dieses Inhalts könnte indessen keine Bindung des FA in dem von dem Kläger angenommenen Sinne bewirken.

1. Zwar sieht es die Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 11. Dezember 1984 VIII R 131/76 (BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354) als möglich an, daß in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung eine Bindung der Beteiligten an einen einverständlich angenommenen Sachverhalt eintreten kann. Dies wurde für eine Schätzungssache bejaht. Im Streitfall kann dahinstehen, ob und inwieweit die gebotene Prüfung der Angemessenheit der Gewinnanteile (vgl. BFH-Urteil vom 6. Februar 1980 I R 50/76, BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477) Raum für eine tatsächliche Verständigung über einzelne Wertansätze läßt. Denn eine solche Vereinbarung wurde nach dem Vorbringen des Klägers nicht getroffen. Vielmehr sollte der von der GmbH begehrte Gewinnanteil von 80 % vom FA für die Streitjahre anerkannt werden, während die GmbH - gewissermaßen als (nicht näher bewertete) Gegenleistung - eine Revision zurücknehmen sollte. Hierin liegt keine Verständigung über bestimmte schwer zu ermittelnde Tatsachen, sondern ein unzulässiger Vergleich über Steueransprüche (vgl. BFHE 142, 549, 555, BStBl II 1985, 354, 357 m. w. N.).

2. Mithin kann dahinstehen, ob der Verfasser des ,,. . . Vermerks" als Angehöriger der Betriebsprüfungsstelle des FA W zu einer solchen Vereinbarung befugt gewesen wäre. Offenbleiben kann auch, ob es hinsichtlich des in dem Vermerk enthaltenen ,,Vorschlags", eine Gewinnbeteiligung von 40 % ab 1965 anzuerkennen, zu einer - auch von dem Kläger nicht behaupteten - ,,Gesamteinigung" mit dem FA gekommen ist.

IV. Kapitalzuführung des G kein verIV. decktes Stammkapital

Das FG geht ohne Rechtsverstoß davon aus, daß die umstrittene Kapitalgewährung des G an die GmbH nicht als Zuführung von (verdecktem) Stammkapital zu werten ist. Die Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 10. Dezember 1975 I R 135/74, BFHE 117, 467, BStBl II 1976, 226 m. w. N.) hat in diesem Zusammenhang nicht darauf abgestellt, in welchem Verhältnis die GmbH mit Stammkapital und anderweitiger (schuldrechtlicher) Kapitalzuführung des Gesellschafters ausgestattet war. Ist es dem Gesellschafter einer GmbH danach grundsätzlich unbenommen, die Art der Mittelzuführung durch Einlage gegen Anteilsrechte oder durch schuldrechtliche Kapitalüberlassung zu bestimmen, kann es entgegen der Auffassung des FA nicht als Gestaltungsmißbrauch angesehen werden, soweit dadurch ,,Gewinne . . . in Betriebsausgaben umfunktioniert" werden, zumal die Höhe dieser Betriebsausgaben einer Angemessenheitsprüfung unterliegt (vgl. BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477).

. . .

V. Angemessenheit der Gewinnverteilung

Bezüglich der Angemessenheit der Gewinnverteilung ist sowohl die Revision des Klägers als auch die Revision des FA begründet. Denn die tatsächlichen Feststellungen des FG ermöglichen es nicht, eine Angemessenheitsprüfung nach den Grundsätzen vorzunehmen, wie sie der erkennenden Senat in dem Urteil in BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477 dargestellt hat. So fehlt eine Feststellung der für die Ermittlung des Unternehmenswerts der GmbH erforderlichen Zahlen.

1. Das FG hat die in dem Vertrag vom 12. Dezember 1958 als ,,Gewährung eines partiarischen Darlehens" bezeichnete Kapitalzuführung des G an die GmbH zu Recht als stille Einlage angesehen. Der erkennende Senat folgt der Auffassung des III. Senats des BFH, der im Urteil vom 10. Februar 1978 III R 115/76 (BFHE 124, 374, BStBl II 1978, 256) die umstrittene Kapitalgewährung als stille Beteiligung gewertet hat. Anknüpfend an diese Entscheidung führt das BFH-Urteil vom 21. Juni 1983 VIII R 237/80 (BFHE 138, 458, BStBl II 1983, 563) aus, für die Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber dem partiarischen Darlehen könne auch von Bedeutung sein, ob es sich um ein Vertragsverhältnis zwischen der Kapitalgesellschaft und dem sie beherrschenden Gesellschafter handelt. Im Hinblick auf die besonderen Einwirkungsmöglichkeiten dieses Gesellschafters auf die Kapitalgesellschaft sowie auf die Identität der Interessen des Gesellschafters und seiner Gesellschaft liege es dann nahe, eine gesellschaftsrechtliche Verbindung und nicht eine bloße Darlehensgewährung anzunehmen (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. März 1984 I R 31/80, BFHE 141, 158, BStBl II 1984, 623). G ist Alleingesellschafter der GmbH. Angesichts der zwischen G und der GmbH vereinbarten ,,Darlehensbedingungen" (80 % Gewinnbeteiligung; Kapitalüberlassung ohne Sicherheiten) kann eine Darlehensgewährung - auch vor der Vereinbarung der Verlustbeteiligung vom 28. August 1959 - nicht angenommen werden.

2. Der erkennende Senat hat in dem Urteil in BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477 Grundsätze zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei der stillen Beteiligung des Gesellschafters einer GmbH am Handelsgeschäft der GmbH dargestellt. Danach ist für den vom FG angenommenen Vorweggewinn für eine Geschäftsführungstätigkeit der GmbH (5 %) und für eine ,,weitere Vorwegpauschale von 10 % des Gesamtgewinns" dafür, ,,daß sie ihren eingerichteten Geschäftsbetrieb in den Dienst der Gesellschaft stellt", kein Raum. Auch der danach verbleibende Restgewinn kann nicht im Wege der direkten Zuordnung von Erträgen aus den von der GmbH erworbenen und gehaltenen Beteiligungen im Verhältnis der vom FG zum Zeitpunkt des jeweiligen Erwerbs angenommenen Kapitalbeiträge in der stillen Gesellschaft verteilt werden.

a) Das FG hat festgestellt, daß die GmbH für die Geschäftsführung Arbeitskräfte eingesetzt hat, die zu Lasten des Gewinns der GmbH - und damit auch zu Lasten des stillen Gesellschafters - entlohnt wurden. Die Geschäftsführungstätigkeit der GmbH ist damit abgegolten und kann nicht bei der Gewinnverteilung noch einmal berücksichtigt werden.

b) Der GmbH ist auch nicht ein Vorweggewinn dafür zuzuweisen, daß sie ihren eingerichteten Geschäftsbetrieb in den Dienst der stillen Gesellschaft stellt. Der ,,Wert des eingerichteten Geschäftsbetriebs" der GmbH wird von dem ,,Wert des Unternehmens" der GmbH i. S. des Urteils in BHE 130, 268, BStBl II 1980, 477 umfaßt, den das FG nach den Grundsätzen dieser Entscheidung noch ermitteln muß und der die Gewinnverteilung beeinflussen wird.

c) Bei dieser Gewinnverteilung sind die Einlagen des stillen Gesellschafters mit ihrem Nominalwert anzusetzen. Das FG geht bei seiner Berechnung der ,,Restgewinnverteilung" offenbar von der Vorstellung aus, dem stillen Gesellschafter G würde durch die vertraglich vereinbarte Gewinnbeteiligung von 80 % neben einer Vergütung für die (nominelle) stille Einlage eine weitere Vergütung dafür gezahlt, daß er der GmbH die sog. G GmbH-Beteiligungen (GmbH-Beteiligungen) unter deren ,,wahrem Wert" - nämlich zum Nennwert - veräußert habe, wodurch auf die GmbH ,,Millionenwerte" übertragen worden seien. Diese Betrachtungsweise würde voraussetzen, daß G als stiller Gesellschafter der GmbH diese ,,Millionenwerte" als (weitere) stille Einlage zur Verfügung gestellt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Träfe die - vom FG nicht näher begründete - Höhe der ,,Millionenwerte" zu, dann hätte G die G GmbH-Beteiligungen an die GmbH zu einem weit unter ihrem tatsächlichen Wert liegenden Preis veräußert. In Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert und dem unangemessen niedrigen Kaufpreis hätte G der GmbH einen Vermögenswert verschafft, der seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hätte und als verdeckte Einlage anzusehen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 12. Februar 1980 VIII R 114/77, BFHE 130, 378, BStBl II 1980, 494).

Die im Gesellschaftsverhältnis (G als Inhaber von Geschäftsanteilen der GmbH) begründeten verdeckten Einlagen können nicht als (weitere) stille Einlagen des G behandelt werden. Die Auffassung des FG träfe möglicherweise dann zu, wenn G die Beteiligungen zu einem Preis in Höhe des tatsächlichen Werts veräußert und die den Nennwert übersteigenden Teilbeträge der GmbH als (weitere) stille Einlage überlassen hätte. Nach den vertraglichen Vereinbarungen wurde aber nicht in dieser Weise verfahren. Ein vom FG möglicherweise in diesem Sinne verstandener ,,Rahmenvertrag" oder ,,Grundvertrag" existiert nicht. Vielmehr hat G der GmbH einen bestimmten Betrag als stille Einlage zur Verfügung gestellt und in - auch zeitlich - getrennten Verträgen die G GmbH-Beteiligungen zu einem bestimmten Kaufpreis veräußert. Die vom FG offenbar vorgenommene Umdeutung etwa vorliegender verdeckter Einlagen des GmbH-Gesellschafters G in (weitere) stille Einlagen des stillen Gesellschafters G ist nach den vorliegenden Verträgen nicht möglich.

d) Mithin wird das FG bei der Prüfung der Angemessenheit der Gewinnverteilung für die Zeit ab 12. Dezember 1958 den Nominalwert der zu diesem Zeitpunkt vereinbarten stillen Einlage von 800 000 DM zugrunde legen müssen. Die Feststellungen des FG lassen nicht erkennen, aus welchem Grund die GmbH für das gesamte Streitjahr 1958 (steuerrechtlich) eine Gewinnbeteiligung in der vom FG angenommenen Höhe geltend machen kann, obgleich die Vereinbarung über die stille Beteiligung von 800 000 DM auf den 12. Dezember 1958 datiert ist. Sollte die Gewinnverteilung auch für die Zeit vor dem 12. Dezember 1958 (Einlage 50 000 DM) im Streit sein, wird das FG hierfür die Angemessenheit getrennt zu prüfen haben. Für die Zeit ab dem 12. Dezember 1958 ist die Angemessenheit der Gewinnverteilung jedenfalls (ggf. erneut) auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse zu beurteilen. Denn die GmbH und G haben die stille Beteiligung zu diesem Zeitpunkt sowohl nach der Höhe der Einlage als auch nach der Höhe der Gewinnbeteiligung grundlegend umgestaltet.

3. Die Auffassung des FG, der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters sei aus dem Gewinn der GmbH ,,vor Steuern" zu berechnen, ist nicht zu beanstanden.

a) Das FG konnte die umstrittene Vereinbarung, wonach der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters nach dem ,,steuerlichen Gewinn" der GmbH berechnet wird, auf der Grundlage der Entscheidung des Senats vom 14. August 1974 I R 35/74 (BFHE 113, 298, BStBl II 1974, 774) ohne Rechtsverstoß dahingehend würdigen, daß damit der Gewinn vor Abzug von Körperschaftsteuer und Vermögensteuer gemeint ist. An diese Würdigung ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FA hat insoweit keine Verfahrensrügen erhoben, sondern eine eigene abweichende Würdigung vorgebracht.

b) Im übrigen beruhen die in der Entscheidung des Senats in BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477 genannten Grundsätze auf einem entsprechenden Sachverhalt. Nach dem Tatbestand dieser Entscheidung war die Verteilung eines Gewinns vereinbart, der sich ,,vor Abzug der Körperschaftsteuer und der Ergänzungsabgabe ergibt". Damit kann dahinstehen, wie im Falle einer Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn ,,nach Steuern" zu verfahren wäre (vgl. Döllerer, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht - ZGR - 1981, 551, 560).

. . .

 

Fundstellen

Haufe-Index 414650

BFH/NV 1987, 326

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